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Lot 468

A GROUP OF CERAMIC GIFT AND TEA WARES ETC, to include an MZ Irish Dresden 'First Dance' figure group, Royal Doulton The Enchantment Collection 'Magic Dragon' HN2977 figure, a Royal Albert Old Country Roses comport diameter 15.5cm (marked as second quality), a boxed Lilliput Lane 'Golden Years' L2048, a David Cornell 'Unicorn: The Messenger of Love' bisque figure (leg reglued) with packaging, a boxed Benaya tube lined vase height 20cm (hairlines to base), modelled flower ornaments and brooches by Coalport, Capodimonte, Royal Adderley and others (sd), a Wedgwood George V 1911 coronation beaker, a boxed pair of Royal Worcester egg coddlers, boxed Wedgwood and Royal Worcester pin dishes, a boxed Aynsley cake slice, etc (Qty) (Condition report: most pieces appear in good condition, some damage and as stated, would benefit from a clean)

Lot 1326

Two Meissen leaf dishes, a Dresden plate, two group figures and mixed ceramics, tallest 25cms high

Lot 8655

Philipp, Martin Erich (1887 Zwickau - Dresden 1978) Zwei Stillleben. Farbholzschnitte/Papier (Altersspuren, gebräunt), re. u. mit Bleistift sign. und in der Platte monog. "MEPH". Blattmaß 25x 30,5 bzw. 35,5x 30 cm.

Lot 8926

2 Arbeitsleuchten, je einflammig. 1x Scherenlampe Reif Dresden für Wandmontage, 1x Nestler Architektenlampe, wohl zur Tischbefestigung. Metallgestell. Je stärkere Alters- und Gerbauchsspuren, gedellt. Funktionen nicht geprüft. Scherentechnik sehr schwergängig. L. variabel.

Lot 8949

Einzelner und Paar Wandarme, je 2-flammig. Messing/Porzellan (mit Applikationen, besch.). 1x Potschappel, Dresden. 20. Jh. H. 27 bzw. 37 cm (inkl. Glasschirmen). (61/38)

Lot 8977

Tischleuchte, Dresden, einflammig. Porzellan. Balusterförmiger Schaft auf quadratischem Sockel mit 4 Füßen. Bunte Blumenmalerei, Goldränder und -staffage. Stempelmarke Sächsische Porzellanfabrik zu Potschappel bei Dresden, vorm. C. Thieme AG, 20. Jh. Chamoisfarbene Seidenmoiré-Pagode mit Fransen. H. 33 bzw. 56 cm.

Lot 5438

2 Skulpturen: Schlittschuhläufer und Geiger als Affe. Porzellan, weiß. Best., Hand des Geigers rest. Bing & Gröndal, Kopenhagen bzw. Potschappel, Dresden, 20. Jh. H. ca. 14 cm.

Lot 5473

Art Deco-Teeservice für 2 Personen, 9-teilig. Keramik mit verschiedenfarbiger Laufglasur. Bestehend aus: Teekanne, Gießer, Zuckerdose und je 2 Tassen mit Untertassen und Desserttellern. Teils l. best. und 1 Untertasse mit Sprung. Stempelmarke Villeroy & Boch, Dresden, 30er Jahre. Dessertteller D. 20 cm.

Lot 5580

2 Schalen, Dresden. Porzellan. Verschiedene Formen. Wandungen mit durchbrochen gearbeitetem Gitterwerk und einmal aufgelegten Vergissmeinnichtblüten. Bunte Blumenmalerei. Goldränder und -staffage. Stempelmarke Sächsische Porzellanfabrik zu Potschappel bei Dresden, vorm. C. Thieme AG, 20. Jh. D. 11x 20 cm (diese best. und 1 Griff rep.) bzw. 25x 33,5 cm.

Lot 5585

3 Tortenplatten, 2x mit Metallmontage. Runde Keramikeinlagen mit unterschiedlichen Dekoren. Starke Gebrauchsspuren und 1x mit Sprung. Stempelmarke Villeroy & Boch, Dresden, Anf. 20. Jh. D. bzw. B. 28 bis 38 cm.

Lot 5586

Vase, Dose und Tablett. Keramik. Blau bzw. schwarz glasiert mit ausgesparten Ornamentstreifen in Weiß. Vase innen gelb glasiert. Gebrauchsspuren. Stempelmarke Villeroy & Boch, Dresden, um 1900. Vasen-H. 12 cm.

Lot 5588

5 Teile Keramik: Vase, Schale, Untersetzer und Mokkatasse mit Untertasse. Verschiedene Formen und Dekore. Gebrauchsspuren. Stempelmarke Villeroy & Boch, Dresden bzw. 1x Bonn. Anf. 20. Jh. Schale D. 17 cm.

Lot 5589

Jugendstil-Gebäckplatte und -kannenuntersetzer. Keramik. Verschiedene Ausführungen und Dekore. Gebrauchsspuren und Goldstaffage der Platte teils berieben. Stempelmarke Villeroy & Boch, Dresden, um 1900. B. 31 bzw. D. 17x 17 cm.

Lot 5590

Ovales Tablett, Tortenplatte und 3 Teller. Je Keramikplatte mit stilisiertem Klatschmohndekor in vernickelter Metallmontage. Gebrauchsspuren, Tablett mit Haarriss und verfärbter Glasur. Stempelmarke Villeroy & Boch, Dresden, um 1900. Tablett D. 30x 49 cm.

Lot 5591

Dose, Dessertteller und Ascher. Keramik mit unterschiedlichen Dekoren. 2x bez. "Entw. Partz". Verschiedene Formen. Gebrauchsspuren. Stempelmarke Villeroy & Boch, Dresden, um 1900. Teller-D. 18,5 cm.

Lot 5728

Cachepot, Potschappel. Porzellan. Wandung mit bunter Blumenmalerei, plastischen Blütenapplikationen (2x unwesentlich best.) und Golddekor. Blaumarke Potschappel, Dresden. H. 17 cm. (51)

Lot 8369

Boettger, Klaus (1942 Dresden - Wiesbaden 1992) 3 Arbeiten: "Soho IV", "Paar" und "Die Tätowierte im Sessel". Radierungen, je mit Bleistift sign. und num. Blattmaße von 26x 18 bis 36x 32,5 cm. R.

Lot 8510

Müller, Richard (1874 Tschirnitz - Dresden 1954) "Mein Hund Boy", so in der Platte betitelt, monog. und dat. 1915. Radierung (l. gebräunt), re. u. mit Bleistift sign. 15,8x 13,8 cm. PP., R.

Lot 8605

Böttger, Klaus (1942 Dresden - Wiesbaden 1992) 2 Arbeiten: "Portraiskizzen". Farboffset, re. u. mit Bleistift sign. und li. u. Ex. 355/1000 Ex. 65x 51,5 cm und "Edgar Allan Poe". Radierung, re. u. sign. und li. u. Ex. 59/150. Ca. 64,5x 50 cm. L. Alters- und Lagerspuren.

Lot 8611

Böttger, Klaus (1942 Dresden - Wiesbaden 1992) 2 Arbeiten: "Füße" und "Paare VI", so jeweils betitelt. Farblithographie und -radierung (l. Lagerspuren), je re. u. mit Bleistift sign. und dat. (19)70 bzw. 80 sowie li. u. Ex. 25/50 bzw. 142/200. Blattmaße ca. 61x 43 und 64,5x 49 cm.

Lot 959

A traditional cello, unnamed (bridge stamped Dresden)

Lot 1212

A German made porcelain lidded container with 18th century couple playing music in a Dresden style.

Lot 457

Ernst Ludwig Kirchner 1880 Aschaffenburg - 1938 Davos Akte im Atelier. Um 1907. Schwarze Kreidezeichnung. Verso signiert und vordatiert '04'. Verso von fremder Hand betitelt und mit dem Nachlassstempel des Kunstmuseums Basel (Lugt 1570 b) sowie der handschriftlichen Registriernummer 'K Dre/Bg 37'. Auf leichtem Karton. 34,6 x 43,2 cm (13,6 x 17 in), blattgroß. [CH]. • Intime, erotisierte Darstellung aus dem Dresdner Atelier des Künstlers. • Das Dresdener Atelier ist in diesen Jahren nicht nur Lebens- und Arbeitsraum der 'Brücke'-Künstler, sondern auch Treffpunkt weiblicher Amateurmodelle. • Dem Motiv widmet sich Kirchner auch in Ölgemälden der darauffolgenden Jahre, bspw. in 'Akt im Atelier', Städel Museum, Frankfurt am Main, und 'Akt auf blauem Grund', Buchheim Museum, Bernried. • Mit wenigen gekonnt gesetzten Konturen beschreibt Kirchner diese Atelier-Szene. Die Arbeit ist im Ernst Ludwig Kirchner Archiv, Wichtrach/Bern, dokumentiert. PROVENIENZ: Nachlass des Künstlers (Davos 1938, Kunstmuseum Basel 1946, verso mit dem handschriftlich nummerierten Nachlassstempel). Sammlung Hermann Gerlinger, Würzburg (mit dem Sammlerstempel Lugt 6032). AUSSTELLUNG: Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum, Schloss Gottorf, Schleswig (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 1995-2001). Kunstmuseum Moritzburg, Halle an der Saale (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2001-2017). Die 'Brücke' und die Moderne 1904-1914, Bucerius Kunst Forum, Hamburg, 17.10.2004-23.1.2005, Kat.-Nr. 36 (m. Abb.). Expressiv! Die Künstler der Brücke. Die Sammlung Hermann Gerlinger, Albertina, Wien, 1.6.-26.8.2007, Kat.-Nr. 123 (m. Abb.). Kirchner im KirchnerHAUS. Originale aus Privatbesitz in seinem Geburtshaus, KirchnerHAUS Museum, Aschaffenburg, 2.10.-20.12.2015, Kat.-Nr. 9 (m. Abb). Buchheim Museum, Bernried (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2017-2022). LITERATUR: Hauswedell & Nolte, Hamburg, 9.6.1972, Los 1146. Heinz Spielmann (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Sammlung Hermann Gerlinger, Stuttgart 1995, S. 136f., SHG-Nr. 109 (m. Abb.). Hermann Gerlinger, Katja Schneider (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Bestandskatalog Sammlung Hermann Gerlinger, Halle (Saale) 2005, S. 295, SHG-Nr. 665 (m. Abb.). Meike Hoffmann, 'Natur kollektiv erleben. Goethe, Steiner, Lipps und die Badeszenen der 'Brücke'-Künstler', in: Ausst.-Kat. Im Rhythmus der Natur – Landschaftsmalerei der 'Brücke'. Meisterwerke der Sammlung Hermann Gerlinger, Ostfildern 2006, S. 37 (m. Abb., S. 39). 1905 gründet Ernst Ludwig Kirchner nach dem Abschluss seines Architekturstudiums an der Technischen Hochschule in Dresden gemeinsam mit seinen ehemaligen Kommilitonen Karl Schmidt-Rottluff, Erich Heckel und Fritz Bleyl die Künstlergruppe 'Brücke'. Statt mit architektonischen Entwürfen beschäftigen sich die autodidaktisch arbeitenden jungen Maler nun mit der modernen Kunst ihrer Zeit und arbeiten fortan an eigenen Zeichnungen, Gemälden und Druckgrafiken. In Ablehnung eines klassisch-akademischen Kunststudiums zeichnen und malen sie stattdessen nach der Natur und versuchen, dem Erlebten als inspiratorischer Kraft in ihren Arbeiten ganz unmittelbar und unverfälscht Ausdruck zu verleihen, also 'aus dem Leben die Anregung zum Schaffen zu nehmen und sich dem Erlebnis unterzuordnen', wie es E. L. Kirchner noch 1913 in der 'Brücke'-Chronik formuliert (zit. nach: Eberhard W. Kornfeld, Ernst Ludwig Kirchner. Nachzeichnung seines Lebens, Bern 1979, S. 43). Im Fokus der 'Brücke'-Künstler steht damals die Darstellung des Menschen und insbesondere der Akt, den sie noch 1913 als 'die Grundlage aller bildenden Kunst' beschreiben (zit. nach: Ausst.-Kat. Bremer Kunsthalle, 100 Jahre Brücke, Bremen 2005, S. 65). So studiert E. L. Kirchner im gemeinsamen Atelier im Arbeiterviertel Dresden-Friedrichstadt in spontanen, dynamischen Zeichnungen den weiblichen Körper, den er nicht in erstarrt-akademischer Pose, sondern in natürlichen und ungezierten Haltungen und Bewegungsabläufen zeichnet. Innerhalb seines gesamten Schaffens räumt Kirchner der Zeichnung einen besonders hohen Stellenwert ein. Das Medium erlaubt ihm, die von den 'Brücke'-Künstlern gesuchte Unmittelbarkeit, die aus dem Moment geborene, natürliche Pose oder eine flüchtige Bewegung festzuhalten. Die lockere Natürlichkeit und die allgemeine Freizügigkeit der im Atelier der Dresdener 'Brücke'-Bohème ein- und ausgehenden weiblichen Modelle ist beim Anblick der hier angebotenen frei formulierten und lebhaften Zeichnung deutlich spürbar, in der die althergebrachte, konservativ-akademische Darstellung des Aktes überwunden scheint. [CH] Aufrufzeit: 10.12.2022 - ca. 17.46 h +/- 20 Min. Dieses Objekt wird regel- oder differenzbesteuert angeboten.

Lot 433

Erich Heckel 1883 Döbeln/Sachsen - 1970 Radolfzell/Bodensee Einladung zur Ausstellung K.G. 'Brücke' in der Galerie Fritz Gurlitt, Berlin. 1912. Farbholzschnitt von zwei Stöcken. Ebner/Gabelmann 539 H b 1 (von b 2). Dube H 225 b. Bolliger 46. Im Stock monogrammiert. Auf sandfarbenem Karton. 9,7 x 7,5 cm (3,8 x 2,9 in). Papier: 14,9 x 12 cm (5,8 x 4,7 in). Titelvignette auf einer zweiteiligen Faltkarte mit dem farbigen Holzschnitt und zwei Seiten Text. [KT]. • Eines von nur sechs im Werkverzeichnis bekannten Exemplaren, darunter je eines im Brücke-Museum, Berlin, sowie im Museum of Modern Art, New York. • Zur Ausstellung in der renommierten Galerie Fritz Gurlitt, dessen Programm die Moderne wesentlich prägte. • Besonders schöner farbiger Druck von zwei Stöcken. • Bisher wurden nur zwei Exemplare auf dem internationalen Auktionsmarkt angeboten (Quelle: artprice.com). PROVENIENZ: Privatsammlung Baden-Württemberg (bis 28.5.1990: Galerie Wolfgang Ketterer). Sammlung Hermann Gerlinger, Würzburg (mit dem Sammlerstempel Lugt 6032, von Vorgenanntem erworben). AUSSTELLUNG: Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum Schloss Gottorf, Schleswig (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 1995-2001). Kunstmuseum Moritzburg, Halle an der Saale (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2001-2017). Buchheim Museum, Bernried (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2017-2022). Erich Heckel. Einfühlung und Ausdruck, Buchheim Museum, Bernried, 31.10.2020-7.3.2021, S. 168 (m. Abb.). LITERATUR: Hans Bolliger, E. W. Kornfeld, Ausstellung Künstlergruppe Brücke. Jahresmappen 1906-1912, Bern 1958, Nr. 46 (m. Abb.). Annemarie und Wolf-Dieter Dube, Erich Heckel. Das graphische Werk, Bd. I Holzschnitte, New York 1964, Nr. 225 b (m. SW-Abb.). Galerie Wolfgang Ketterer, München, 150. Auktion, 19./20. Jahrhundert, Katalog I, 28.5.1990, Los 178 (m. SW-Abb.). Heinz Spielmann (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Sammlung Hermann Gerlinger, Stuttgart 1995, S. 119, SHG-Nr. 81 (m. Abb.). Hermann Gerlinger, Katja Schneider (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Bestandskatalog Sammlung Hermann Gerlinger, Halle (Saale) 2005, S. 183, SHG-Nr. 412 (m. Abb.). Meike Hoffmann, Leben und Schaffen der Künstlergruppe 'Brücke' 1905 bis 1913, mit einem kommentierten Werkverzeichnis der Geschäfts- und Ausstellungsgrafik, Berlin 2005, S. 300f. Hermann Gerlinger, Katja Schneider (Hrsg.), Gemeinsames Ziel und eigene Wege. Die 'Brücke' und ihr Nachwirken, München 2009, Titelabbildung. Renate Ebner, Andreas Gabelmann, Erich Heckel. Werkverzeichnis der Druckgraphik, Bd. I 1903-1913, München 2021, 539 H (m. Abb., dieses Exemplar). Bis Ende 1911 sind die Dresdener 'Brücke'-Künstler nach Berlin umgesiedelt und suchen nach ähnlich etablierten Ausstellungsforen, wie sie es in Dresden mit den Galerien Richter und Arnold hatten. Durch Max Pechstein, der schon seit 1908 in Berlin lebt, gelingt es, die Galerie und Kunsthandlung Fritz Gurlitt zu interessieren. Dessen Sohn Wolfgang Gurlitt führt das bereits 1880 gegründete Unternehmen weiter und er stellt seine Räume in der Potsdamer Straße für die 'Brücke'-Ausstellung im April 1912 zur Verfügung. Erich Heckel gestaltet mit einer zweiteiligen Faltkarte mit Titelholz auf der Vorderseite die Einladungskarte. Neben dem Einladungstext mit Ausstellungsort und Adresse im Maschinensatz auf der Innenseite links findet der aufgeforderte Besucher gegenüber die Nennung der ausstellenden Künstler. Für die Titelvignette wählt Heckel das Medium Holzschnitt in drei Farben: Schwarz, Blau und Olivgrün. Der Gruppenname 'KG. Brücke' in schwarzen Lettern auf Olivgrün gedruckt dominiert das Motiv, bestehend aus zwei Dreiecksformen mit eingezeichneten, weiblichen Akten und zwei seitlich rahmenden Bögen mit ornamentbetonten Zickzacklinien. Die Art und Weise, wie Heckel die Details der Motive zusammensetzt, erinnert an Stoff- und Wandbemalungen, mit denen die 'Brücke'-Künstler Heckel und Kirchner aber auch Otto Mueller ihre Ateliers ausgestalten. [MvL] Aufrufzeit: 10.12.2022 - ca. 17.14 h +/- 20 Min. Dieses Objekt wird regel- oder differenzbesteuert angeboten, Folgerechtsvergütung fällt an.

Lot 514

Oskar Kokoschka 1886 Pöchlarn/Niederösterreich - 1980 Montreux Blumenstilleben. 1964. Aquarell. Unten mittig signiert und datiert. Auf Velin von Arches (mit dem Wasserzeichen). 50 x 65,7 cm (19,6 x 25,8 in), blattgroß. [CH]. • Äußerst seltenes blattfüllendes Aquarell des Künstlers. • Kokoschka bringt die feingliedrige Aquarellzeichnung ohne Vorzeichnung zu Papier. • Die Zeichnungen und Aquarelle des Künstlers befinden sich in weltweit renommiertesten Museen und Sammlungen, darunter das Metropolitan Museum, New York, die Tate Gallery und das Victoria & Albert Museum, London, das Centre Pompidou, Paris, und die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, München. • Die späteren Jahre seiner künstlerischen Karriere bringen große Erfolge mit sich: 1948 Teilnahme an der Biennale in Venedig, 1955, 1959 und 1964 Teilnahme an der documenta I, II und III sowie groß angelegte Retrospektiven in der Londoner Tate Gallery 1962 und im Belvedere in Wien 1971. Wir danken Herrn Dr. Alfred Weidinger, Linz, für die freundliche wissenschaftliche Beratung. Die Arbeit wird in das in Vorbereitung befindliche Werkverzeichnis aufgenommen. PROVENIENZ: Privatsammlung Hamburg (wohl in den 1960er Jahren erworben). Seitdem in Familienbesitz. Insbesondere in den späteren Jahrzehnten spielen die Darstellungen von Bäumen und Blumen in Oskar Kokoschkas Schaffen eine immer größere Rolle. Bereits ab 1925 entstehen einige Blumenstillleben in Öl, doch seine heute so berühmten Blumenaquarelle entstehen erst ab den 1940er Jahren nach seiner Flucht und Emigration nach Großbritannien. In den damals so schwierigen, herausfordernden Kriegsjahren widmet sich der Künstler den Blumenmotiven mit großer Freude. Ihre universale Bildsprache erlaubt es ihm, auch in England weiterhin als Maler tätig zu sein: 'Ich musste fortfahren, Augen und Hände zu üben, vor allem, als nach der Schneeschmelze im ersten Sonnenlicht Schneeglöckchen, Krokusse, Hyazinthen, Narzissen und Tulpen aufblühten. Öffnete man die Augen, so wurde jeder Tag zum Erlebnis.' (Oskar Kokoschka, zit. nach: Ausst.-Kat. Kokoschka als Zeichner, Staatliche Kunstsammlungen, Dresden, 2011/2012, S. 180) Zu Beginn der 1950er Jahre zieht es Kokoschka und seine Frau Olda nach Villeneuve an den Genfer See. Das Wohnhaus, die 'Villa Dolphin', verfügt über einen großen Garten, der dem Künstler reichhaltige Inspirationsquelle ist. Die Darstellung der ihn umgebenden Fauna scheint ihn auch aufgrund eines tieferen Umweltbewusstseins fasziniert und interessiert zu haben. So schreibt er in den 1970er Jahren in seinem umweltpolitischen Grußwort an den Kanton Waadt, er hege die große Hoffnung, dass es auch in der nächsten Generation noch möglich sein werde, 'einen in Blüte stehenden Kastanienbaum an Stelle eines neuen Autoparks, an Stelle eines Wolkenkratzers aus Beton zu sehen' (Ebd.) In jedem Fall sind Kokoschkas spätere Blumenaquarelle keinesfalls liebliche Darstellungen eines altbekannten, alltäglichen Motivs. Stattdessen schafft der Maler – wie auch in dem hier angebotenen blattfüllenden Aquarell von 1964 – aus zarten und kräftigen, pastelligen und satten Farbflächen eine offene, locker-leichte Komposition, in der er partiell sogar die Grenze zur Abstraktion überschreitet. [CH] Aufrufzeit: 10.12.2022 - ca. 19.02 h +/- 20 Min. Dieses Objekt wird regel- oder differenzbesteuert angeboten, Folgerechtsvergütung fällt an.ENGLISH VERSIONOskar Kokoschka 1886 Pöchlarn/Niederösterreich - 1980 Montreux Blumenstilleben. 1964. Watercolor. Signed and dated in bottom center. On Arches wove paper (with watermark). 50 x 65.7 cm (19.6 x 25.8 in), the full sheet. [CH]. • Extremely rare full-sheet watercolor. • Kokoschka renders the delicate watercolor on the paper without a preliminary drawing. • Drawings and watercolors by the artist can be found in the world's most renowned museums and collections, among them the Metropolitan Museum, New York, Tate Gallery and the Victoria & Albert Museum, London, the Centre Pompidou, Paris, and the Bavarian State Painting Collection, Munich. • His late creative period was extremely successful: in 1948 participation in the Venice Biennial, in 1955, 1959 and 1964 participation in documenta I, II and III as well as the grand retrospective exhibitions at the London Tate Gallery in 1962 and the Belvedere in Vienna in 1971. We are grateful to Dr. Alfred Weidinger, Linz, for his kind expert advice. The work will be included into the forthcoming catalogue raisonné. PROVENANCE: Private collection Northern Germany (presumably acquired in the 1960s). Ever since family-owned. Depictions of trees and flowers played an increasingly important role in Oskar Kokoschka's work, especially in later decades. As early as in 1925 he created a number of flower still lifes in oil, but his flower watercolors, which are so famous today, were not created until the 1940s after he had fled and emigrated to Great Britain. During the then difficult, challenging war years, the artist devoted himself to floral motifs with great pleasure. Their universal pictorial language allowed him to continue working as a painter in England: 'I had to keep practicing my eyes and my hands, especially when, after the snow had melted, snowdrops, crocuses, hyacinths, daffodils and tulips bloomed in the first sunlight. Opened eyes, every day became an experience.' (Oskar Kokoschka, quoted from: ex. cat. Kokoschka als Zeichner, Staatliche Kunstsammlungen, Dresden, 2011/2012, p. 180) In the early 1950s, Kokoschka and his wife Olda moved to Villeneuve on Lake Geneva. Their house, the 'Villa Dolphin', was surrounded by a large garden that would serve the artist as a rich source of inspiration. The depiction of the fauna that surrounded him seems to have fascinated and interested him also because of a deeper environmental awareness. In the 1970s, for example, he sent an ‘environmental greeting’ to the canton of Vaud, stating “he had great hopes that the next generation will still have a chestnut tree in bloom instead of a new car park, instead of a skyscraper made of concrete' (ibid.) In any case, Kokoschka's later floral watercolors are by no means lovely depictions of a well-known, everyday motif. Instead, the painter creates – as in the full-page watercolor from 1964 offered here – an open, relaxed, light composition from delicate and strong, pastel and rich color surfaces, in which he even partially crosses the border to abstraction. [CH] Called up: December 10, 2022 - ca. 19.02 h +/- 20 min. This lot can be purchased subject to differential or regular taxation, artist´s resale right compensation is due.

Lot 425

Erich Heckel 1883 Döbeln/Sachsen - 1970 Radolfzell/Bodensee Plakat für die Ausstellung der K.G. 'Brücke' bei Emil Richter. 1908. Holzschnitt in Rot. Ebner/Gabelmann 271 H A (von C). Dube H 150. Im Druckstock monogrammiert. Von den ursprünglich rund 200 gedruckten Exemplaren sind bisher nur insgesamt 4 Exemplare dieses Zustandes dem Werkverzeichnis bekannt. Auf dünnem Plakatpapier. 84,4 x 59,8 cm (33,2 x 23,5 in). Papier: 89,5 x 62,7 cm (35,2 x 24,6 in). Plakat für die Ausstellung der Künstlergruppe 'Brücke' im Kunstsalon Emil Richter in Dresden vom 9. bis 23.September 1908. Erich Heckel schneidet den großformatigen Holzstock in Dangast. Gedruckt in der Druckerei Adolf Littmann, Oldenburg. Der Druckstock befindet sich heute im Landesmuseum Oldenburg. [EH]. • Erstmals ist ein Plakat der Künstlergruppe 'Brücke' als Holzschnitt ausgeführt. • Außergewöhnlich großformatiger Holzschnitt in leuchtender Farbigkeit. PROVENIENZ: Sammlung Hermann Gerlinger, Würzburg (mit dem Sammlerstempel Lugt 6032). AUSSTELLUNG: Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum Schloß Gottorf, Schleswig (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 1995-2001). Kunstmuseum Moritzburg, Halle an der Saale (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2001-2017). Buchheim Museum, Bernried (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2017-2022). LITERATUR: Heinz Spielmann (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Sammlung Hermann Gerlinger, Stuttgart 1995, S. 107, SHG-Nr. 54. Hermann Gerlinger, Katja Schneider (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Bestandskatalog Sammlung Hermann Gerlinger, Halle (Saale) 2005, S. 157, SHG-Nr. 353. Hans Bolliger, E. W. Kornfeld, Ausstellung Künstlergruppe Brücke. Jahresmappen 1906-12, Bern 1958, Nr. 49. Das von Erich Heckel gestaltete Plakat für die 2. Ausstellung im Kunstsalon von Emil Richter in der Prager Straße in Dresden bedeutet gegenüber der Gestaltung von Kirchner ein Jahr zuvor eine innovative Radikalisierung der bis dato überkommenen, flächigen Gestaltungsweise der Plakatkunst. Mit einem das Motiv füllenden, auf den rechten Arm sich stützenden Halbakt mit provokantem Blick zitiert Heckel den erreichten Stand der künstlerischen Aussage der 'Brücke'-Kunst. Mit dem lapidaren 'KG Brücke bei Emil Richter' unterstreicht der Künstler bereits die Errungenschaft einer geschäftlichen Verbindung der 'Brücke' zu Emil Richter; der Ort der Lokalität 'Pragerstraße' verschwindet nahezu im Kleingedruckten. Wieder ist es der Holzschnitt, den die 'Brücke'-Künstler als ihr Medium nunmehr auch für das großformatige Plakat (wieder)entdecken. Und dies nicht nur, weil der emotionale Prozess der Entstehung wie hier unmittelbar sichtbar wird. Heckel versteht den Einsatz von verschiedenen Messern, um die Gegensätze zwischen Zeichnung und Schrift zu zeigen und dabei den Charakter der Oberfläche mit den stehenbleibenden Graten als künstlerische Position herauszustellen und (extra) fein im Kleingedruckten den Hinweis auf den Drucker am unteren Bildrand rechts zu vermerken: 'Littmann Oldg'. Der für Holzschnitte sonst übliche Eigendruck scheint Heckel für eine große Auflage nicht mehr gegeben. Heckel, der sich im Sommer in Dangast bei Schmidt-Rottluff aufhält, lässt dieses Plakat mit einem satten Rot auf beigem Papier bei der seit 1863 bestehenden, alteingesessenen Druckerei Littmann in Oldenburg drucken. [MvL] Aufrufzeit: 10.12.2022 - ca. 17.03 h +/- 20 Min. Dieses Objekt wird regel- oder differenzbesteuert angeboten, Folgerechtsvergütung fällt an.ENGLISH VERSIONErich Heckel 1883 Döbeln/Sachsen - 1970 Radolfzell/Bodensee Plakat für die Ausstellung der K.G. 'Brücke' bei Emil Richter. 1908. Woodcut in red. Ebner/Gabelmann 271 H A (of C). Dube H 150. Monogrammed in priniting block. The catalog raisonneé mentions only 4 of the originally 200 printed copies of this state. On thin poster paper. 84.4 x 59.8 cm (33.2 x 23.5 in). Sheet: 89,5 x 62,7 cm (35,2 x 24,6 in). Poster for the exhibition of the artist group 'Brücke' at Kunstsalon Emil Richter in Dresden from September 9 to 23, 1908. Erich Heckel cut the large wooden block in Dangast. Printed by Adolf Littmann, Oldenburg. Today the block is at the Landesmuseum Oldenburg. [EH]. • This is the first 'Brücke' poster executed in woodcut. • Unusually large woodcut in bright colors. PROVENANCE: Collection Hermann Gerlinger, Würzburg (with the collector's stamp Lugt 6032). EXHIBITION: Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum Schloß Gottorf, Schleswig (permanent loan from the Collection Hermann Gerlinger, 1995-2001). Kunstmuseum Moritzburg, Halle an der Saale (permanent loan from the Collection Hermann Gerlinger, 2001-2017). Buchheim Museum, Bernried (permanent loan from the Collection Hermann Gerlinger, 2017-2022). LITERATURE: Heinz Spielmann (ed.), Die Maler der Brücke. Sammlung Hermann Gerlinger, Stuttgart 1995, p. 107, SHG no. 54. Hermann Gerlinger, Katja Schneider (eds.), Die Maler der Brücke. Inventory catalog Collection Hermann Gerlinger, Halle (Saale) 2005, p. 157, SHG no. 353. Hans Bolliger, E. W. Kornfeld, Ausstellung Künstlergruppe Brücke. Jahresmappen 1906-12, Bern 1958, no. 49. In comparison with the design by Kirchner from a year earlier, Erich Heckel’s poster for the 2nd exhibition at art salon Emil Richter on Prager Straße in Dresden signifies an innovative radicalization of the hitherto outdated, two-dimensional design method of poster art. With a half-nude leaning on her right arm and a provocative look, Heckel underlines the artistic statement of 'Brücke' art. With the succinct 'KG Brücke bei Emil Richter' the artist emphasized the achievement of a business connection with Emil Richter; the location 'Pragerstraße' almost disappears in fine print. Again, it is the woodcut that the 'Brücke' artists (re)discovered as their medium now also for the large-format poster. And this not only because the process of creation becomes directly visible, as is the case here. Heckel understands the use of different knives to show the contrasts between drawing and writing, emphasizing the character of the surface with the ridges as an artistic position and mentions the printer in small print in bottom righ: 'Littmann Oldg'. Instead of printing the woodcut himself, as it usually was the case, it was not an option for such a large edition. Heckel, who was staying with Schmidt-Rottluff in Dangast during the summer, has this poster printed with a rich red on off-white paper at the established print-shop Littmann in Oldenburg, which was founded in 1863. [MvL] Called up: December 10, 2022 - ca. 17.03 h +/- 20 min. This lot can be purchased subject to differential or regular taxation, artist´s resale right compensation is due.

Lot 448

Cuno Amiet 1868 Solothurn - 1961 Oschwand Stillleben mit Äpfeln. 1906. Öl auf Leinwand. Müller/Radlach 1906. 28. Links unten monogrammiert und rechts unten datiert. Auf dem Keilrahmen nochmals signiert, schwer leserlich betitelt und bezeichnet 'Kreide, Ei, Leimwasser, 1 Mal'. 62 x 41 cm (24,4 x 16,1 in). • Im Entstehungsjahr 1906 wird Cuno Amiet aktives 'Brücke'-Mitglied. • Kraftvolles Stillleben von ätherischer Flüchtigkeit und geerdeter Schwere. • Aus der Sammlung Oscar Miller, einer der wichtigsten Sammler schweizerischer Kunst. • Cuno Amiet gehört zu den bedeutendsten schweizerischen Künstlern der Moderne. • Eines der wenigen erhaltenen Gemälde aus dieser Entstehungszeit – beim Brand im Münchner Glaspalast 1931 wurde ein Großteil seines Werkes zerstört. PROVENIENZ: Sammlung Oscar Miller und Else Miller-Sieber, Biberist (März 1917- September 1919). Gustav und Corry Sieber, Küsnacht (am 10.9.1919 von den Vorgenannten als Abschiedsgeschenk erhalten, verso mit der handschriftlichen Widmung, wohl in Familienbesitz bis 1981). Privatsammlung Basel (seit 1981: Galerie Kornfeld, Bern). Galerie Schloss Greifenstein, Staad bei Rorschach. Sammlung Hermann Gerlinger, Würzburg (mit dem Sammlerstempel Lugt 6032, 1988 vom Vorgenannten erworben). AUSSTELLUNG: wohl Kunst-Verein St. Gallen. Ausstellung im Vorsaal und im roten Saal des Kunst-Museums, Kunstmuseum St. Gallen, 4.4.-12.5.1907, entweder Nr. 1, 5, 6, 7 oder 8. wohl VI. Serie, Künstlerhaus Zürich, 30.6.-18.7.1907, Nr. 22 oder 24. wohl Kunstausstellung. Gemälde von Cuno Amiet, Max Buri, Hans Emmenegger, Giovanni Giacometti, Ferdinand Hodler, Sigismund Righini, Aargauischen Kunstverein, 10.-31.5.1908, Nr. 5 und 10. wohl Januar-Ausstellung, Kunsthaus Zürich, 8.1.-1.2.1914, Nr. 22 (Weisse Blumen). Cuno Amiet, Kunsthalle Bern, 13.4.-18.5.1919, Nr. 129. Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum, Schloss Gottorf, Schleswig (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 1995-2001). Kunstmuseum Moritzburg, Halle an der Saale (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2001-2017). Buchheim Museum, Bernried (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2017-2022). LITERATUR: Cuno Amiet, Katalogisierte Bilder [handschriftliches Werkverzeichnis mit Nachzeichnungen der aufgeführten Werke in Tusche und Farbstift sowie Angaben zu Ausstellungen]. Galerie Kornfeld, 175 ausgewählte Kunstwerke des 19. und 20. Jahrhunderts, Auktion 175, Bern, 26.6.1981, Los 65 (m. Abb.). Heinz Spielmann (Hrsg.), Die Maler der Brücke, Sammlung Hermann Gerlinger, Stuttgart 1995, S. 250, SHG-Nr. 357. wohl Paul Müller, Oscar Miller. Sammler und Wegbereiter der Moderne, in: Solothurn 1998, S. 13-45. George Mauner, Cuno Amiet. Die Obsternten von 1912, Zürich 2002, S. 86 (mit SW-Abb. B 33). Hermann Gerlinger, Katja Schneider (Hrsg.), Die Maler der Brücke, Bestandskatalog Sammlung Hermann Gerlinger, Halle (Saale) 2005, S. 406, SHG-Nr. 881. Karoline Beltinger, Maltechnische Untersuchungen zu den Gemälden von Cuno Amiet, 1883-1914, Zürich 2015, S. 28, 32f. „O. Miller ist einer der entschiedensten Sammler schweizerischer Kunst, und außerdem ein geistvoller Ästhetiker. […] So imponiert denn auch seine Sammlung heute durch die feurige Pracht der vielen Amiet […]. Auch so ist die Sammlung ein Vorbild für die Schweiz nicht nur, sondern in die Weite der Welt hinaus.“ zit. nach Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen 2.1920/21, S. 366. Cuno Amiet ist bereits 38 Jahre alt, als er einen Brief von einem jungen Künstler namens Erich Heckel erhält. Amiet hat es als Künstler bereits zu einem gewissen Ruhm geschafft, bespielt internationale Ausstellungen und gilt als renommierter Künstler der Avantgarde. Er ist eine halbe Generation älter als die Mitglieder der 'Brücke' und eher ein großbürgerlicher Herr, der gediegen auf dem Lande auf der Oschwand bei Bern lebt. Heckel hingegen gehört zu der Gruppe von jungen Stürmern und Drängern, die die moderne Kunst nachhaltig verändern wollen. Die jungen Maler aus Deutschland empfinden die Botschaft in Amiets Werken ihrem eigenen Schaffen verwandt. Mit anerkennenden Worten fordert Erich Heckel ihn im September des Jahres 1906 auf, sich der kurz zuvor gegründeten Künstlergruppe anzuschließen: 'Mit Bewunderung und Begeisterung haben wir Ihre Werke gesehen, und wir erlauben uns, Sie zu fragen ob Sie unserer Gruppe 'Brücke' beitreten wollen. Einstimmig haben wir in Ihnen einen der 'Unsern' erkannt und hoffen, dass Sie unsere Sache als Bestrebung nach gleichen künstlerischen Zielen unterstützen werden'. Aufmerksam sind sie auf ihn geworden durch die Ausstellung in der Galerie Richter in Dresden 1905. Spontan folgt Cuno Amiet der Einladung und tritt der jungen Künstlergruppe 'Brücke' bei, dessen Mitglied er bis zur Auflösung im Jahr 1913 bleibt. Er sucht den künstlerischen Austausch; 1892/93 hatte Amiet ein Jahr in der Künstlerkolonie Pont-Aven verbracht und in der Malerei Gauguins, van Goghs und Seurats entscheidende Impulse gefunden. Vermutlich macht ihn auch diese Erfahrung für die 'Brücke'-Gemeinschaft besonders interessant. 1906 nimmt Cuno Amiet gleich an der ersten Ausstellung im Mustersaal der Dresdener Lampenfabrik Seifert mit drei Gemälden und Holzschnitten teil. Neben seinen künstlerischen Beiträgen wird Amiet auch aktiv bei der Vermarktung der Künstlergruppe. Er wirbt zahlreiche passive Mitglieder in der Schweiz, darunter Oscar Miller, der Erstbesitzer von 'Stillleben mit Äpfeln'. Oscar Miller ist ein wichtiger Förderer der schweizerischen Kunst, setzt sich aber auch bereits 1907 in Presseberichten für die Kunst der 'Brücke' ein. Amiet versucht ebenfalls die 'Brücke' international bekannter zu machen, er kann erfolgreich eine Ausstellung der Künstlergruppe in der Schweiz organisieren, seine Bemühungen in Paris scheitern jedoch. 'Stillleben mit Äpfeln' aus dem Jahr 1906 macht die Faszination der deutschen Expressionisten für Amiet auf eindrückliche Weise verständlich: Der Schweizer führt ab 1905 ausdrucksstarke Linien ein, zu welchen ihn die Zeit in Pont-Aven inspiriert hat. Diese kräftigen Linien konzentrieren sich auf den unteren Bildbereich und bilden einen spannungsvollen Kontrast zu dem duftig leichten oberen Bildraum. Verstärkt wird dieses Gegenüber mit dem Spiel von zarten Pastellfarben und kräftig leuchtenden Farbtönen. Amiet ist einer der ersten Maler im deutsprachigen Raum, der die Farbe von den abgebildeten Gegenständen löst und sie ihre eigene Schönheit entfalten lässt. So setzt er kühn helltürkise Konturen um die zarten zitronengelben Blüten, um die Blumen in der Vase zu modellieren. Cuno Amiet gehört neben Ferdinand Hodler und Alberto Giacometti zu den wichtigsten schweizerischen Künstlern der Moderne. [SM] Aufrufzeit: 10.12.2022 - ca. 17.34 h +/- 20 Min. Dieses Objekt wird regel- oder differenzbesteuert angeboten, Folgerechtsvergütung fällt an.

Lot 377

Otto Gebler 1838 Dresden - 1917 München Gefährliche Begegnung. Um 1870-75. Öl auf Holz. Rechts unten signiert. Verso auf dem Keilrahmen mit verschiedenen Stempeln, darunter Künstlerbedarf A. Lenck, München, Galerie Wimmer, München sowie Sammlerstempel. 45,3 x 72,3 cm (17,8 x 28,4 in). PROVENIENZ: Galerie Wimmer, München (direkt vom Künstler, verso mit dem Stempel). Sammlung Bixler, San Francisco (1876 vom Vorgenannten erworben). Sammlung G. und H. König, München (verso mit dem Stempel). Privatsammlung Deutschland. LITERATUR: Archiv der Galerie Wimmer, München, BstGS München, Fotoalbum I, fol 13. Otto Gebler gehört zu der Gruppe von Malern, die sich im 19. Jahrhundert vor allem dem ländlichen Genre verschreiben. Auf diesem Feld kommt es neben der anatomisch und stofflich präzisen Wiedergabe der Tiere, ihrer natürlichen Bewegungen und ihrem Arrangement auf der Bildfläche darauf an, durch eigene Kompositionen herauszustechen. Gebler gelingt dies vor allem durch Hinzufügung komisch-anekdotischer Elemente, die fast an Spitzweg'sche Feinheiten heranreichen. Oftmals lässt er die harmlosen Tiere zu wesentlichen Akteuren im Bildgeschehen werden, die die einfachen Tierszenen in Richtung Genrebild überführen. Hier scheint sich der im aus der Zeit gefallenen, städtisch-biedermeierlichen Frack auf dem Land herumspazierende Herr von einer kleinen Schafherde bedroht zu fühlen, die er nur mit seinem Regenschirm abzuwehren weiß. Davon kaum beeindruckt, streckt eines der Schafe ihm die Zunge heraus. Gebler vereint hier geschickt stimmungsvolle Landschaftsmalerei, Tierdarstellung und Genrebild. Er hatte zunächst in seiner Heimatstadt Dresden Malerei studiert, bevor er sich dann ab 1858 in München in der renommierten Klasse Karl Theodor von Pilotys weiterbildet. Ab 1864 beschickt er die Ausstellungen in Dresden, Berlin und München sowie auch in Paris, London und Wien. Seine humoristischen Tierdarstellungen lassen ihn neben Albert Brendel und Anton Braith zu einem der renommiertesten Tiermalern Deutschlands werden. [KT] Aufrufzeit: 10.12.2022 - ca. 16.12 h +/- 20 Min. Dieses Objekt wird regel- oder differenzbesteuert angeboten.ENGLISH VERSIONOtto Gebler 1838 Dresden - 1917 München Gefährliche Begegnung. Um 1870-75. Oil on panel. Signed in lower right. With various stamps on the reverse, among them of the art supplies store A. Lenck, Munich, of Galerie Wimmer, Munich and with collection stamps. 45.3 x 72.3 cm (17.8 x 28.4 in). PROVENANCE: Galerie Wimmer, Munich (directly from the artist, with the stamp on verso). Collection Bixler, San Francisco (acquired from the above in 1876). Collection G. and H. König, Munich (with the stamp on verso). German private collection. LITERATURE: Archive of Galerie Wimmer, Munich, BstGS Munich, photo album I, fol 13. Otto Gebler was part of a group of 19th-century painters who devoted themselves predominantly to the rural genre. Apart from the precise anatomical and textural reproduction of animals, their natural movements and their placement on the canvas, the challenge in this field was to create unique compositions that stood out from other works. Gebler primarily accomplished this by adding comic, anecdotal elements of a subtlety bordering on Spitzwegian sensibilities. He often turned harmless animals into key actors in the painting’s narrative, providing his simple animal scenes with a touch of genre imagery. In this painting, the gentleman strolling through the countryside in his outdated, urban-Biedermeier tailcoat seems to feel threatened by a small flock of sheep, which he struggles to fend off with his umbrella. Unimpressed, one of the sheep sticks out its tongue at him. In this work, Gebler skillfully combines ambient landscape imagery, animal portrayal and genre painting. Having first studied painting in his hometown of Dresden, he continued his studies in Munich in 1858 where he joined the prestigious class of Karl Theodor von Piloty. From 1864 onwards, he contributed his works to exhibitions in Dresden, Berlin and Munich as well as Paris, London and Vienna. His humorous portrayals of animals rank him alongside Albert Brendel and Anton Braith as one of Germany’s most acclaimed animal painters. [KT] Called up: December 10, 2022 - ca. 16.12 h +/- 20 min. This lot can be purchased subject to differential or regular taxation.

Lot 411

Ernst Ludwig Kirchner 1880 Aschaffenburg - 1938 Davos Jahresbericht für 1910–1911 der Künstlergruppe 'Brücke'. 1911. Holzschnitt. Gercken A 61. Dube H 709. Eines von 5 bekannten Exemplaren. Auf Velin. 6,3 x 7,5 cm (2,4 x 2,9 in). Papier: 15,5 x 23,9 cm (6,1 x 9,4 in). [SM]. • Das einzige nicht im Museum befindliche Exemplar. • Die vier weiteren Abzüge befinden sich im Brücke-Museum, Berlin, im Kupferstich-Kabinett Dresden, in der Kunsthalle Hamburg und im Museum of Modern Art, New York. • Inspiriert von den Kabarettbesuchen in Dresden und Berlin. • Wichtiges historisches Dokument, das die Organisationsstruktur der Künstlergruppe aufzeigt. PROVENIENZ: Barbara Wentzel, Stuttgart (wohl 1975 durch Erbschaft von Prof. Dr. Hans Wentzel erhalten). Sammlung Hermann Gerlinger, Würzburg (1984 von der Vorgenannten erworben, mit dem Sammlerstempel Lugt 6032). AUSSTELLUNG: Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum Schloss Gottorf, Schleswig (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 1995-2001). Kunstmuseum Moritzburg, Halle an der Saale (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2001-2017). Buchheim Museum, Bernried (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2017-2022). LITERATUR: Hans Bolliger, E. W. Kornfeld, Ausstellung Künstlergruppe Brücke. Jahresmappen 1906-12, Bern 1958, S. 26, Nr. 39 (m. Abb., anderes Exemplar). Heinz Spielmann (Hrsg.), Die Maler der Brücke, Sammlung Hermann Gerlinger, Stuttgart 1995, S. 119, SHG-Nr. 80. Hermann Gerlinger, Katja Schneider (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Bestandskatalog Sammlung Hermann Gerlinger, Halle (Saale) 2005, S. 321, SHG-Nr. 722. Der Bericht über die Jahre 1910/11 zeigt sich in Form eines einfachen Faltblattes mit typografisch gestaltetem Text sowie einer von Ernst Ludwig Kirchner geschaffenen Vignette mit tanzenden Figuren und einer eingeschriebenen Initiale B. Der Text listet nach gewohntem Schema: Erwähnung der Ausstellungsaktivitäten, die Bestückung der Grafikmappe und Mitgliedskarte, die Bitte um Einzahlung des Mitgliedsbeitrages. Erwähnt werden 20 neu gewonnene passive Mitglieder und der Geschäftsführer Erich Heckel mit seiner neuen Adresse Dresden-Altstadt 7, Falkenbrücke 2a. [MvL] Aufrufzeit: 10.12.2022 - ca. 16.44 h +/- 20 Min. Dieses Objekt wird regel- oder differenzbesteuert angeboten.ENGLISH VERSIONErnst Ludwig Kirchner 1880 Aschaffenburg - 1938 Davos Jahresbericht für 1910–1911 der Künstlergruppe 'Brücke'. 1911. Woodcut. Gercken A 61. Dube H 709. From an edition of 5 known copies. On wove paper. 6.3 x 7.5 cm (2.4 x 2.9 in). Sheet: 15,5 x 23,9 cm (6,1 x 9,4 in). [SM]. • This is the only copy not in possession of a museum. • The four other copies are at the Brücke-Museum, Berlin, the Kupferstich-Kabinett Dresden, the Kunsthalle Hamburg and the Museum of Modern Art, New York. • Inspired by cabaret visits in Dresden and Berlin. • Important historic document illustrating the artist group's organizational structure. PROVENANCE: Barbara Wentzel, Stuttgart (inherited from Prof. Dr. Hans Wentzel, presumably in 1975). Collection Hermann Gerlinger, Würzburg (acquired from the above in 1984, with the collector's stamp Lugt 6032). EXHIBITION: Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum Schloss Gottorf, Schleswig (permanent loan from the Collection Hermann Gerlinger, 1995-2001). Kunstmuseum Moritzburg, Halle an der Saale (permanent loan from the Collection Hermann Gerlinger, 2001-2017). Buchheim Museum, Bernried (permanent loan from the Collection Hermann Gerlinger, 2017-2022). LITERATURE: Hans Bolliger, E. W. Kornfeld, Ausstellung Künstlergruppe Brücke. Jahresmappen 1906-12, Bern 1958, p. 26, no. 39 (with illu., different copy). Heinz Spielmann (ed.), Die Maler der Brücke, Sammlung Hermann Gerlinger, Stuttgart 1995, p. 119, SHG no. 80. Hermann Gerlinger, Katja Schneider (eds.), Die Maler der Brücke. Inventory catalog Collection Hermann Gerlinger, Halle (Saale) 2005, p. 321, SHG no. 722. The report for the years 1910/11 appears in the form of a simple leaflet with typographically designed text, as well as a vignette created by Ernst Ludwig Kirchner showing dancing figures and inscribed with the initial B. The text lists as follows: exhibition activities, the print portfolio and membership card, the request for payment of the membership fees. It also mentions 20 new passive members as well as Erich Heckel as managing director and his new address Dresden-Altstadt 7, Falkenbrücke 2a. [MvL] Called up: December 10, 2022 - ca. 16.44 h +/- 20 min. This lot can be purchased subject to differential or regular taxation.

Lot 410

Karl Schmidt-Rottluff 1884 Rottluff bei Chemnitz - 1976 Berlin Mitgliedskarte für das Jahr 1911. 1910. Holzschnitt, dreiteilig. Schapire G 13. Bolliger 35. Links unten signiert und datiert. Auf rötlich-braunem Karton. Holzschnitte je 16,7 x 12,7 cm (6,5 x 5 in). Papier: 21,5 x 44,4 cm (8,4 x 17,4 in). Ausgestellt für 'F. Hassler' (mit handschriftlicher Bezeichnung in Tusche). Gedruckt von der Brückenpresse. [KT]. • Letzte der Mitgliedskarten der 'Brücke'. • Besonders großes und repräsentatives Blatt, von Schmidt-Rottluff als Triptychon gestaltet. • Aus dem Besitz von Franz Hassler (1874–1942), Freund Rosa Schapires und auch von Wilhelm Niemeyer, der nach dem Tod Hasslers Kunstwerke aus dessen Sammlung übernimmt. • Der Chemiker, Philosoph und Sammler Franz Hassler ist besonders an den Arbeiten Schmidt-Rottluffs interessiert und steht mit diesem vor allem 1911 in Hamburg in engem Kontakt. Das Werk ist im Archiv der Karl und Emy Schmidt-Rottluff Stiftung, Berlin dokumentiert. PROVENIENZ: Franz Hassler (1874–1942), Hamburg-Volksdorf. Sammlung Hermann Gerlinger, Würzburg (mit dem Sammlerstempel Lugt 6032). AUSSTELLUNG: Karl Schmidt-Rottluff zum 100. Geburtstag, Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum, Schloss Gottorf, 3.6.-12.8.1984, Kat.-Nr. 171. Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum Schloss Gottorf, Schleswig (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 1995-2001). Kunstmuseum Moritzburg, Halle an der Saale (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2001-2017). Die Brücke und die Moderne, 1904-1914, Bucerius-Kunst-Forum, Hamburg, 17.10.2004-23.1.2005, Kat.-Nr. 53 (m. Abb.). Buchheim Museum, Bernried (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2017-2022). LITERATUR: Rosa Schapire, Karl Schmidt-Rottluffs graphisches Werk bis 1923, Berlin 1924, G 13. Ernest Rathenau (Hrsg.), Rosa Schapire, Karl Schmidt-Rottluff: graphisches Werk bis 1923, Tafelband, New York 1987, G 13 (m. Abb., anderes Exemplar). Hans Bolliger, E. W. Kornfeld (Hrsg.), Ausstellung Künstlergruppe Brücke. Jahresmappen 1906-1912, Bern 1958, S. 25, Nr. 35. (m. Abb., anderes Exemplar). Hans Bolliger, Die Publikationen und Dokumente der Künstlergruppe „Brücke“, in: Philobiblon, Jg. III, Heft 1, März 1959, S. 41-71, Nr. 32 (m. Abb., anderes Exemplar). Hans Bolliger, Die Publikationen und Dokumente der Künstlergruppe „Brücke“, in: Die Jahresmappen der „Brücke“ 1906-1912, hrsg. von Magdalena Moeller, Ausst.-Kat. Brücke-Museum Berlin, Berlin 1989, S. 12-31 (m. Abb. S. 22, anderes Exemplar). Heinz Spielmann (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Sammlung Hermann Gerlinger, Stuttgart 1995, S. 115, SHG-Nr. 71 (m. Abb.). Hermann Gerlinger, Katja Schneider (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Bestandskatalog Sammlung Hermann Gerlinger, Halle (Saale) 2005, S. 51, SHG-Nr. 76 (m. Abb.). Für die Mitgliedskarte des Jahres 1911 orientierte sich Karl Schmidt-Rottluff am Schema der Karte von Max Pechstein, erweitert jedoch das Diptychon zu einem Triptychon: Zwei für den Künstler typische Halbakte flankieren die Texttafel in der Mitte. Wie schon Kirchner und Pechstein entwickelt Schmidt-Rottluff eine kraftvolle, einzigartige Schrifttype. Die Mitgliedskarte 1911 ist die letzte. Nachdem alle Dresdner 'Brücke'-Künstler 1911 nach Berlin umgezogen sind, verliert der Gruppengedanke an Bedeutung. Und vielleicht ist dies auch der Grund, warum 1912 keine neue Mitgliedskarte entworfen wird; Otto Mueller wäre wohl an der Reihe gewesen. Der Lebensmittelchemiker Franz Hassler (1874–1942) lebt in Hamburg und wird 1910 vermutlich von Rosa Schapire als Mitglied geworben. Auch ist er mit dem Kunsthistoriker Wilhelm Niemeyer befreundet, einem weiteren passiven Mitglied und Förderer von Schmidt-Rottluff zu dessen Hamburger Zeit. [MvL] Aufrufzeit: 10.12.2022 - ca. 16.43 h +/- 20 Min. Dieses Objekt wird regel- oder differenzbesteuert angeboten, Folgerechtsvergütung fällt an.ENGLISH VERSIONKarl Schmidt-Rottluff 1884 Rottluff bei Chemnitz - 1976 Berlin Mitgliedskarte für das Jahr 1911. 1910. Woodcut, in three parts. Schapire G 13. Bolliger 35. Lower left signed and dated. On reddish brown cardboard. Each woodcut 16.7 x 12.7 cm (6.5 x 5 in). Sheet: 21,5 x 44,4 cm (8,4 x 17,4 in). Issued for 'F. Hassler' (with inscription in ink). Printed by the Brückenpresse. [KT]. • Last 'Brücke' membership card. • Particularly large and representative sheet that Schmidt-Rottluff conceived as a triptych. • From the possession of Franz Hassler (1874–1942), a friend of Rosa Schapire and Wilhelm Niemeyer, who would take over artworks from Hassler's collection after he had passed away. • The chemist, philosopher and collector Franz Hassler had a particular liking for Schmidt-Rottluff's works and was in close contact with him, especially in Hamburg in 1911. The work is documented at the Karl and Emy Schmidt-Rottluff Foundation, Berlin. PROVENANCE: Franz Hassler (1874–1942), Hamburg-Volksdorf. Collection Hermann Gerlinger, Würzburg (with the collector's stamp Lugt 6032). EXHIBITION: Karl Schmidt-Rottluff zum 100. Geburtstag, Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum, Schloss Gottorf, 3.6.-12.8.1984, Kat.-Nr. 171. Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum Schloss Gottorf, Schleswig (permanent loan from the Collection Hermann Gerlinger, 1995-2001). Kunstmuseum Moritzburg, Halle an der Saale (permanent loan from the Collection Hermann Gerlinger, 2001-2017). Die Brücke und die Moderne, 1904-1914, Bucerius-Kunst-Forum, Hamburg, October 17, 2004 - January 23, 2005, cat. no. 53 (with illu.). Buchheim Museum, Bernried (permanent loan from the Collection Hermann Gerlinger, 2017-2022). LITERATURE: Rosa Schapire, Karl Schmidt-Rottluffs graphisches Werk bis 1923, Berlin 1924, G 13. Ernest Rathenau (ed.), Rosa Schapire, Karl Schmidt-Rottluff: graphisches Werk bis 1923, Tafelband, New York 1987, G 13 (with illu. different copy). Hans Bolliger, E. W. Kornfeld (eds.), Ausstellung Künstlergruppe Brücke. Jahresmappen 1906-1912, Bern 1958, p. 25, no. 35. (with illu. different copy). Hans Bolliger, Die Publikationen und Dokumente der Künstlergruppe 'Brücke“, in: Philobiblon, year III, issue 1, March 1959, pp. 41-71, no. 32 (with illu., different copy). Hans Bolliger, Die Publikationen und Dokumente der Künstlergruppe 'Brücke“, in: Die Jahresmappen der 'Brücke“ 1906-1912, ed. by Magdalena Moeller, ex. cat. Brücke-Museum Berlin, Berlin 1989, pp. 12-31 (with illu. p. 22, different copy). Heinz Spielmann (ed.), Die Maler der Brücke. Sammlung Hermann Gerlinger, Stuttgart 1995, p. 115, SHG no. 71 (with illu.). Hermann Gerlinger, Katja Schneider (eds.), Die Maler der Brücke. Inventory catalog Collection Hermann Gerlinger, Halle (Saale) 2005, p. 51, SHG no. 76 (with illu.). For the membership card of 1911, Karl Schmidt-Rottluff modeled his card on the scheme of Max Pechstein's card, but expanded the diptych into a triptych: two half-nudes, typical of the artist, flank the text panel in the center. Like Kirchner and Pechstein, Schmidt-Rottluff developed a powerful, unique typeface. The 1911 membership card woul de the last. After the Dresden 'Brücke' artists had moved to Berlin in 1911, the idea of a group lost in importance. And perhaps this is also the reason why no new membership card was designed in 1912; it would probably have been Otto Mueller's turn. The food chemist Franz Hassler (1874-1942) lived in Hamburg and was probably recruited as member by Rosa Schapire in 1910. He was also friends with the art historian Wilhelm Niemeyer, another passive member and supporter of Schmidt-Rottluff during the his Hamburg period. [MvL] Called up: December 10, 2022 - ca. 16.43 h +/- 20 min. This lot can be purchased subject to differential or regular taxation, artist´s resale right compensation is due.

Lot 394

Otto Pippel 1878 Lódz - 1960 München Klavierquartett. Um 1930. Öl auf Leinwand. Rechts unten in der nassen Farbe signiert. Verso auf der Leinwand betitelt sowie erneut signiert. 43 x 47,5 cm (16,9 x 18,7 in). PROVENIENZ: Privatsammlung Deutschland. Otto Pippel gehört zu den bedeutendsten Impressionisten zweiter Generation im süddeutschen Raum. 1905 nimmt er sein Studium der Malerei in Karlsruhe auf und wechselt 1907 an die Dresdner Akademie zu Gotthard Kuehl, der besonders für seine Interieurszenen bekannt ist. Als Pippel 1908 zum Abschluss seiner Studien nach Paris reist, wird er durch die französischen Impressionisten bestärkt, die Licht- und Eindrucksmalerei für sich weiterzuentwickeln. Er wird Mitglied der 'Luitpold-Gruppe' und stellt 1912 erstmals im Glaspalast in München aus. Neben zahlreichen Landschaften hat Otto Pippel in seinen Gemälden auch immer wieder die bürgerliche Gesellschaft Münchens porträtiert, deren Teil er selbst ist. Mondäne Vergnügungen wie tafelnde Abendgesellschaften in prunkvollen Interieurs, Konzerte und Soiréen rücken während seiner malerischen Anfänge während der Belle époque in sein motivisches Repertoire und bleiben für ihn von dauerhaftem Interesse. Gegenüber einer impressionistischen Freilichtmalerei, die er sich spätestens nach einem Parisaufenthalt 1908 ebenfalls zu eigen macht, definiert er ein für ihn charakteristisches neues Genre des impressionistischen Interieurbilds. Beleuchtungseffekte warmer, zentraler Lichtquellen, deren Schein das Halbdunkel des Raumes erfüllt, werden koloristisch ergänzt und gesteigert durch das elegante Schwarz der Anzüge der Herren, weiße Effekte der Notenblätter runden die Farbharmonie ab. Pippel knüpft so an die Idee einer stimmungsvollen, musikalischen und in Farbharmonien wirkenden Malerei ab der Mitte des 19. Jahrhunderts an, in der Sujet, Bilderzählung und Details zugunsten eines reinen Farbeindrucks in den Hintergrund treten. [KT] Aufrufzeit: 10.12.2022 - ca. 16.35 h +/- 20 Min. Dieses Objekt wird regel- oder differenzbesteuert angeboten.ENGLISH VERSIONOtto Pippel 1878 Lódz - 1960 München Klavierquartett. Um 1930. Oil on canvas. Signed in wet paint in lower right. Verso titled and once more signed. 43 x 47.5 cm (16.9 x 18.7 in). PROVENANCE: German private collection. Otto Pippel is recognized as one of the most prominent second-generation Impressionists in the region of southern Germany. After commencing his painting studies in Karlsruhe in 1905, he transferred to the Dresden Academy in 1907 to study with Gotthard Kuehl, who was noted for his portrayals of interior scenes. Traveling to Paris in 1908 to complete his studies, Pippel was inspired by the French Impressionists as he continued to develop his skills in the art of light and Impressionist painting. He went on to join the “Luitpold Group” and had his first exhibition at Munich’s Glaspalast in 1912. Along with numerous landscapes, Otto Pippel also frequently portrayed Munich’s bourgeois society, of which he was himself a member. Scenes of glamorous social entertainment events, including dinner parties in opulent settings, concerts and soirées, became part of his repertoire of motifs during the belle époque and remained a permanent focus of his work. In contrast to Impressionist outdoor painting, which he also adopted following his visit to Paris in 1908, he mainly concentrated on interior scenes, defining his own new genre within the field of Impressionist painting. Illuminative effects emanating from a warm, central light source whose glow fills the semi-darkness of the room are complemented and enhanced by the color of the elegant black of the gentlemen’s suits, with the white effects of the sheet music rounding off the harmonious color scheme. Pippel thus echoed the mid-19th-century concept of ambient, musical imagery rendered in color harmonies, wherein subject matter, visual narrative and detail play a secondary role to pure color impression. [KT] Called up: December 10, 2022 - ca. 16.35 h +/- 20 min. This lot can be purchased subject to differential or regular taxation.

Lot 482

Hermann Max Pechstein 1881 Zwickau - 1955 Berlin Das gelbe Tuch. 1909. Tuschfeder und farbige Kreiden. Rechts unten monogrammiert. Auf chamoisfarbenem Velin. 15,1 x 19,1 cm (5,9 x 7,5 in), blattgroß. Vorbereitende Zeichnung zu Pechsteins noch im selben Jahr entstandenen, gleichnamigen, heute verschollenen Gemälde (siehe Aya Soika, Max Pechstein. Das Werkverzeichnis der Ölgemälde, Bd. 1 (1905-1918), München 2011, Kat.-Nr. 1909/47). [CH]. • Das gleichnamige, noch im selben Jahr entstandene Gemälde gilt heute als verschollen (Soika 1909/47). • In dieser vorbereitenden Zeichnung legt Pechstein bereits die Gesamtkomposition sowie Haltung und Farbigkeit der Figuren fest. • Im Entstehungsjahr gelingt Pechstein mit seiner Beteiligung an der Frühjahrsausstellung der Berliner Secession der künstlerische Durchbruch. • Farbige Zeichnungen in dieser Qualität sind auf dem internationalen Auktionsmarkt von allergrößter Seltenheit. PROVENIENZ: Sammlung Hermann Gerlinger, Würzburg (mit dem Sammlerstempel Lugt 6032, seit 1971: Tenner). AUSSTELLUNG: Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum, Schloss Gottorf, Schleswig (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 1995-2001). Kunstmuseum Moritzburg, Halle an der Saale (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2001-2017). Die Brücke in Dresden 1905-1911, Dresdner Schloss, Galerie Neue Meister, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, 20.10.2001-6.1.2002, Kat.-Nr. 185 (m. Abb., S. 175). Expressiv! Die Künstler der Brücke. Die Sammlung Hermann Gerlinger, Albertina, Wien, 1.6.-26.8.2007, Kat.-Nr. 213, S. 322f. (m. Abb.). Buchheim Museum, Bernried (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2017-2022). Brückenschlag: Gerlinger – Buchheim!, Buchheim Museum, Bernried, 28.10.2017-25.2.2018, S. 168f. (m. Abb.). LITERATUR: Antiquariat Dr. Helmut Tenner, Heidelberg, 83. Auktion, Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen, Graphik des 15. bis 20. Jahrhunderts, 20.2.1971, Los 739 (m. d. Titel 'Weibliche Akte am Strand', m. Abb.). Heinz Spielmann (Hrsg.), Sammlung Hermann Gerlinger, Stuttgart 1995, S. 241f., SHG-Nr. 344 (m. Abb.). Beate Thurow (Hrsg.), Ausst.-Kat. Max Pechstein. Das ferne Paradies (Gemälde, Zeichnungen, Druckgraphik), Städtisches Kunstmuseum Spendhaus, Reutlingen, Ostfildern-Ruit 1995, S. 15 (m. Abb.). Hermann Gerlinger, Katja Schneider (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Bestandskatalog Sammlung Hermann Gerlinger, Halle 2005, S. 386, SHG-Nr. 850 (m. Abb.). Brückenschlag: Gerlinger - Buchheim!, Museumsführer durch die 'Brücke'-Sammlungen von Hermann Gerlinger und Lothar-Günther Buchheim, Bernried 2017, S. 168f. (m. Abb., S. 169). 1908 verbringt der Künstler zunächst drei Monate in Italien, bevor er sich im Dezember für einen neunmonatigen Aufenthalt nach Paris begibt. Hier sieht er die Kunst der 'Fauves', u. a. die Arbeiten von Henri Matisse, sowie Werke von Paul Cézanne, die ihn nachhaltig beeindrucken. Kurz darauf zieht er als erster 'Brücke'-Künstler von Dresden nach Berlin, wo er seine spätere Ehefrau Charlotte 'Lotte' Kaprolat kennenlernt, die ihm in den kommenden Jahren häufig Modell stehen wird. Lotte ist auch das Modell, wie der Künstler später in seinen 'Erinnerungen' bestätigt, für das 1909 entstandene und heute verschollene Gemälde 'Das gelbe Tuch' (Soika, 1909/47). Die hier angebotene Darstellung und insbesondere die linke Figurengruppe diente ohne Zweifel als vorbereitende Zeichnung. Das Gemälde war eines der Hauptwerke der damaligen Schaffensperiode Pechsteins. In seinen 'Erinnerungen' schreibt er rückblickend: ''Das Gelbe Tuch', die 'Gelben Tulpen' und die Landschaft wurden für die Sezession angenommen. Als erster unter meinen 'Brücke'-Kameraden hatte ich dieses Ziel erreicht.' (Pechstein, in: Leopold Reidemeister (Hrsg.), Erinnerungen. Max Pechstein, München 1963, S. 33). Gleichzeitig weist unsere farbstarke Zeichnung große Ähnlichkeiten zu den Gemälden 'Nach dem Bade' (Soika 1909/46, verschollen) und 'Zwei Mädchen' (Soika 1909/48, Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg) auf, denn sie greift in gleichen Teilen sowohl die Pose des ihre Arme über dem Kopf verschränkenden weiblichen Halbakts im Nürnberger Gemälde als auch den Bildaufbau der am Wasser verweilenden, liegenden und stehenden weiblichen Akte aus 'Nach dem Bade' auf. In diesem Punkt erinnert sie in gewisser Weise auch an Cézannes 'Les Grandes Baigneuses' (1906, Philadelphia Museum of Art), doch der 'Brücke'-Künstler nähert sich seinem schon damals gesetzten künstlerischen Ziel, 'Mensch und Natur in eins zu erfassen', in mutiger, eindeutig expressionistischer Manier (ebd., S. 50). Schon die Zeichnung mit ihren leuchtenden Farben, einem kräftigen Gelb, frischen Grün und ungewöhnlichen Violett, weist ihn als selbstbewussten Künstler aus, der die althergebrachte akademische Farbenlehre bereits mit großen Schritten hinter sich gelassen hat. Anlässlich der zweiten kollektiven 'Brücke'-Ausstellung in Dresden wird 1909 wohl über das bereits erwähnte, motivisch eng verwandte Gemälde 'Nach dem Bade' berichtet: 'Pechstein ist mit einem großen Publikumsschrecken vertreten [..]. Er ist noch kräftiger, zugreifender als Kirchner, vor allem in der Farbigkeit.' (Paul Fechter, 6.9., zit. nach Soika, Bd. 1, S. 201). Über das von unserer Zeichnung vorbereitete Gemälde 'Das gelbe Tuch' schreibt der Kunsthistoriker Max Osborn einige Jahre später rückblickend: 'An das 'Gelbe Tuch' aber traute man sich noch nicht heran. Die wilde Fleischlichkeit der beiden stehenden Frauen, fabelhaft modelliert, von energischen Konturen umrissen, schien das Äußerste an sinnlicher Ungeniertheit [..] zu wagen' (1922, zit. nach: Soika, Bd. 1, S. 202). Motivisch wird sich Pechstein Zeit seines Lebens sehr intensiv mit dem weiblichen Akt in der Landschaft und der Verbindung von Mensch und Natur auseinandersetzen. Noch im Entstehungsjahr unserer Zeichnung folgt im August der erste gemeinsame Aufenthalt mit Kirchner und Heckel an den Moritzburger Teichen. Den Frühsommer verbringt Pechstein zudem erstmals in Nidden an der Ostsee, wohin er auch in den darauffolgenden Jahren immer wieder zurückkehren wird. Fernab der Großstadt findet er nicht nur einen ersehnten Rückzugsort, sondern auch die Möglichkeit des intensiven Naturerlebens, das er sowohl im Privaten als auch in seiner Kunst stets gesucht und idealisiert hatte. [CH] Aufrufzeit: 10.12.2022 - ca. 18.19 h +/- 20 Min. Dieses Objekt wird regel- oder differenzbesteuert angeboten, Folgerechtsvergütung fällt an.

Lot 462

Karl Schmidt-Rottluff 1884 Rottluff bei Chemnitz - 1976 Berlin Ziegelei in Dangast (Ziegelei in Varelerhafen). 1910. Farbige Kreide und Tuschpinsel auf Postkarte. Wietek 55. Verso handschriftlich in Tusche bezeichnet: 'Herrn u. Frau Direktor W. Hane / Blankenese-Elbe / Bismarckstein 5 / Verbindliche Grüße S-Rottluff'. Von der Hand Rosa Schapires: 'Freundliche Grüße aus dem schönen Dangast Ihre Rosa Schapire / Dangast 22.7.10', sowie Poststempel Dangast, 22.7.10. 9,4 x 14,3 cm (3,7 x 5,6 in). [KT]. • Bedeutendes Zeitzeugnis der Freundschaft Schmidt-Rottluffs und Schapires sowie dem längsten und produktivsten der Aufenthalte in Dangast. • 1910 entsteht der Großteil der Postkarten des Künstlers, viele davon mit Schapires Unterschrift, die die Funktion und ihre Wertschätzung solcher individuellen Grüße verdeutlichen. • Die 'Brücke'-Künstler erheben die Postkarte zum Kunstwerk und nutzen sie geschickt zur Kontaktpflege ihrer Freunde und Förderer. • Die intimen und mit persönlicher Widmung versehenen Karten sind eine Rarität auf dem Auktionsmarkt (Quelle: artprice.com). • Die Postkarte wird vom reinen Kommunikationsmedium zum reizvollen Kunstwerk. Das Werk ist im Archiv der Karl und Emy Schmidt-Rottluff Stiftung, Berlin, dokumentiert. PROVENIENZ: Direktor Walter und Martha Hane, Blankenese/Hamburg. Sammlung Hermann Gerlinger, Würzburg (mit dem Sammlerstempel Lugt 6032). AUSSTELLUNG: Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum, Schloss Gottorf, Schleswig (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 1995-2001). Kunstmuseum Moritzburg, Halle an der Saale (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2001-2017). Im Rhythmus der Natur: Landschaftsmalerei der 'Brücke'. Meisterwerke der Sammlung Hermann Gerlinger, Städtische Galerie, Ravensburg, 28.10.2006-28.1.2007, S. 86 (m. Abb.). Expressiv! Die Künstler der Brücke. Die Sammlung Hermann Gerlinger, Albertina Wien, 1.6.-26.8.2007, Kat.-Nr. 15 (m. Abb.). Buchheim Museum, Bernried (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2017-2022). Schmidt-Rottluff. Form, Farbe, Ausdruck!, Buchheim Museum, Bernried, 29.9.2018-3.2.2019, S. 152 (m. Abb.). LITERATUR: Gerhard Wietek, Bemalte Postkarten und Briefe deutscher Künstler. Eine Ausstellung des Altonaer Museums in Hamburg, in: Exlibriskunst und Gebrauchsgraphik, Jahrbuch / Altonaer Museum in Hamburg, 1964, S. 114. Gerhard Wietek, Maler sehen Blankenese und die Elbe, Hamburg 1971, S. 23ff. Gerhard Wietek, Karl Schmidt-Rottluff in Hamburg und Schleswig-Holstein, Neumünster 1984, S. 56, 98. Gerhard Wietek, Schmidt-Rottluff. Oldenburger Jahre 1907-1912, Mainz 1995, S. 434, Nr. 173 (m. Abb.). Heinz Spielmann (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Sammlung Hermann Gerlinger, Stuttgart 1995, S. 219, SHG-Nr. 290 (m. Abb.). Die Brücke in Dresden. 1905-1911, hrsg. von Birgit Dalbajewa und Ulrich Bischoff, Ausst.-Kat. Dresdner Schloss, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Galerie Neue Meister, Köln 2001, S. 341. Hermann Gerlinger, Katja Schneider (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Bestandskatalog Sammlung Hermann Gerlinger, Halle (Saale) 2005, S. 68, SHG-Nr. 69 (m. Abb.). Gerhard Wietek, Karl Schmidt-Rottluff: Zeichnungen auf Postkarten, Köln 2010, S. 175-177, Nr. 55 (m. Abb.). Der Gruß aus Dangast, unterzeichnet von Schmidt-Rottluff und Rosa Schapire erreicht den Hamburger Kaufmann und Direktor der Norddeutschen Versicherungsgesellschaft Walter Hane und seine Frau Martha. Ab 1907 hält sich Schmidt-Rottluff immer wieder für kürzere oder längere Zeit in Hamburg auf und pflegt dort auch seine Kontakte wie zu dem im Hamburger Kulturleben sehr engagierten Hane, bei dem er auch einige Male im vornehmen Blankenese zu Gast ist. Hane ist schließlich 1910 als passives 'Brücke'-Mitglied verzeichnet. Ab 1907 wird ebenso das Fischerdorf Dangast bei Oldenburg an der Nordsee zum Sommeraufenthalt der 'Brücke'-Künstler. Für Schmidt-Rottluff bleibt der Ort bis 1912 ein fruchtbares Zentrum seines Schaffens, wobei besonders das Jahr 1910 mit der Entstehung von mehr als 30 Gemälden eine besondere Stellung einnimmt. Während dieses langen Aufenthaltes verschickt er die größte Zahl seiner gezeichneten und gemalten Postkarten, etliche davon ebenso unterzeichnet von Rosa Schapire. Deutlich wird, wie die kleinen Kunstwerke so als Empfehlung Schapires dienen und zur Kontaktpflege von Freunden, Förderern und Sammlern eingesetzt werden. Dargestellt ist die bereits im Vorjahr von Schmidt-Rottluff als Motiv entdeckte Brumundsche Ziegelei in Varelerhafen bei Dangast. Ausdrucksstark schwingen sich die Linien des Tuschpinsels als Dächer und architektonische Strukturen über das Blatt, belebt durch den Einsatz kontrastreicher Grundfarben in hellem Gelb, intensivem Rot, dunklem Blau und Grün. Die dynamische Strichführung verbindet die Karte mit der für Schmidt-Rottluff so wichtigen Aquarelltechnik dieser Jahre, in der er sich eine solche bewegte Energie des Ausdrucks zu eigen macht. [KT] 1698 Zeichen Der Gruß aus Dangast erreicht den Hamburger Versicherungskaufmann und Direktor Walter Hane und seine Frau Martha. Hane ist ab 1910 als passives 'Brücke'-Mitglied verzeichnet. Ab 1907 wird das Fischerdorf Dangast zum Sommeraufenthalt der 'Brücke'-Künstler. Während des Aufenthalts 1910 verschickt Schmidt-Rottluff die größte Zahl seiner gezeichneten und gemalten Postkarten, etliche davon ebenso unterzeichnet von Rosa Schapire. Deutlich wird, wie die kleinen Kunstwerke zur Kontaktpflege von Freunden, Förderern und Sammlern eingesetzt werden. Dargestellt ist die Brumundsche Ziegelei in Varelerhafen bei Dangast. Ausdrucksstark schwingen sich die Linien des Tuschpinsels als architektonische Strukturen über das Blatt, belebt durch den Einsatz kontrastreicher Grundfarben. [KT] 768 Zeichen Aufrufzeit: 10.12.2022 - ca. 17.52 h +/- 20 Min. Dieses Objekt wird regel- oder differenzbesteuert angeboten, Folgerechtsvergütung fällt an.

Lot 401

Ernst Ludwig Kirchner 1880 Aschaffenburg - 1938 Davos Programm der Brücke. 1906. Schriftblatt, Maschinen-Druck. Auf Velin. 22,6 x 14,3 cm (8,8 x 5,6 in). Mit handschriftlicher Ergänzung '(Sitz-)' vor der Ortsangabe. [KT]. • Wichtiges kunsthistorisches Originaldokument. • Als Gründungsmanifest reiht sich das 'Brücke'-Programm ein in zentrale avantgardistische Strategien der Moderne. • Die erste 'Brücke'-Ausstellung findet im September/Oktober 1906 in Dresden-Löbtau statt und wird begleitet von eigens zu diesem Anlass entworfener grafischer Produktion. PROVENIENZ: Sammlung Hermann Gerlinger, Würzburg (seit 2002: Galerie Bassenge. Mit dem Sammlerstempel Lugt 6032). AUSSTELLUNG: Kunstmuseum Moritzburg, Halle an der Saale (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2001-2017). Buchheim Museum, Bernried (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2017-2022). LITERATUR: Heinz Spielmann (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Sammlung Hermann Gerlinger, Stuttgart 1995, S. 48-49 (m. Abb.-Nr. 17, anderes Exemplar). Galerie Gerda Bassenge, Berlin, Kunst des 20. Jahrhunderts, Auktion 79, 7.6.2002, Los 3121. Hermann Gerlinger, Katja Schneider (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Bestandskatalog Sammlung Hermann Gerlinger, Halle (Saale) 2005, S. 289, SHG-Nr. 654 (m. Abb.). Um die Intention ihrer künstlerischen Arbeit zu beschreiben, verfassen die Künstler diesen kurzen programmatischen Text, der wie ein Handzettel für Interessenten funktionieren soll. Der Text 'Unser Programm' beschreibt nur indirekt das zukünftige Tun der Künstler, als sie vielmehr die 'Jugend, die die Zukunft trägt' als 'neue Generation' auffordern, sich ihrer Idee von 'Arm- und Lebensfreiheit' anzuschließen. Geradezu höflich und zurückhaltend wird zur Abkehr von den 'wohlangesessenen, älteren Kräften' aufgerufen, um im nächsten Satz ihre deutlich avantgarde Haltung zu betonen: 'Jeder gehört zu uns, der unmittelbar und unverfälscht wiedergibt, was ihn zum Schaffen drängt. Wovon wir weg mußten, war uns klar - wohin wir kommen würden, stand allerdings weniger fest', erinnert sich Heckel später (Hans Kinkel, Erich Heckel 75 Jahre alt. Ein Gespräch, in: Das Kunstwerk XII, 1958/59, Heft 3). Das Programm der Künstlergruppe 'Brücke' existiert in unterschiedlichen, typografisch ausgezeichneten Versionen in Maschinensatzdruck. Dieses Exemplar in einer Art Schreibschrift mit dem handschriftlichen Zusatz 'Sitz' wird vermutlich zu einer ersten Serie gehören. Das im Brücke-Museum Berlin aufbewahrte Blatt hingegen ist neben einem verzierten Titel und einer für die Zeit gebräuchlichen Satztyp mit dem Signet-Stempel 'KGB' versehen, den Schmidt-Rottluff und Heckel in den Jahren 1906/07 häufig für die Korrespondenz der Künstlergruppe benutzt hatten. [MvL] Aufrufzeit: 10.12.2022 - ca. 16.31 h +/- 20 Min. Dieses Objekt wird regel- oder differenzbesteuert angeboten.ENGLISH VERSIONErnst Ludwig Kirchner 1880 Aschaffenburg - 1938 Davos Programm der Brücke. 1906. Sheet, machine -Print. On wove paper. 22.6 x 14.3 cm (8.8 x 5.6 in). With hand-written addition '(Sitz-)' before location. [KT]. • Important art-historical document. • As a founding manifesto, the 'Brücke' program is an integral part of modernist avant-garde strategies. • The first 'Brücke' exhibition took place in Dresden-Löbtau in September/October, 1906 and was accompanied by a number of graphic works made on this occasion. PROVENANCE: Collection Hermann Gerlinger, Würzburg (since 2002: Galerie Bassenge. With the collector's stamp Lugt 6032). EXHIBITION: Kunstmuseum Moritzburg, Halle an der Saale (permanent loan from the Collection Hermann Gerlinger, 2001-2017). Buchheim Museum, Bernried (permanent loan from the Collection Hermann Gerlinger, 2017-2022). LITERATURE: Heinz Spielmann (ed.), Die Maler der Brücke. Sammlung Hermann Gerlinger, Stuttgart 1995, pp. 48-49 (with illu.-no. 17, different copy). Galerie Gerda Bassenge, Berlin, Kunst des 20. Jahrhunderts, auction 79, June 7, 2002, lot 3121. Hermann Gerlinger, Katja Schneider (eds.), Die Maler der Brücke. Inventory catalog Collection Hermann Gerlinger, Halle (Saale) 2005, p. 289, SHG no. 654 (with illu.). The artists wrote this short programmatic text, which is supposed to be a handout for interested parties, to describe the intention of their artistic work. The text 'Unser Programm' describes the artists’ future actions only indirectly, and rather call on the 'youth who carry the future' as the 'new generation' to join their idea of 'a life in freedom'. In an almost polite and reserved manner, they called for a rejection of the 'established, older forces' in order to emphasize their clearly avant-garde attitude in the next sentence: 'Everyone with an urge for direct and unadulterated creation belongs to us. What we had to get away from was clear to us - where we would end up, however, was less certain,' Heckel recalled later (Hans Kinkel, Erich Heckel 75 Jahre alt. Ein Gespräch, in: Das Kunstwerk XII, 1958/59, issue 3). The program of the artist group 'Brücke' exists in different, typographically distinguished versions in machine typesetting. This copy in a kind of cursive script with the handwritten addition 'Sitz' probably belongs to a first series. The sheet preserved in the Brücke Museum in Berlin, on the other hand, has an ornate title and a kind of typesetting common for the time, as well as the signet stamp 'KGB,' which Schmidt-Rottluff and Heckel had frequently used for the artist group's correspondence in 1906/07. [MvL] Called up: December 10, 2022 - ca. 16.31 h +/- 20 min. This lot can be purchased subject to differential or regular taxation.

Lot 458

Emil Nolde 1867 Nolde/Nordschleswig - 1956 Seebüll/Schleswig-Holstein Peter P. 1918. Öl auf Leinwand. Urban 784. Rechts unten signiert. Verso auf dem Keilrahmen erneut signiert und betitelt sowie von fremder Hand bezeichnet 'erworben 18.7.19'. 40,7 x 33 cm (16 x 12,9 in). Verso Ölskizze 'Weibliche Figur hinter einem Wandschirm'. • Das Porträt besticht mit seiner expressiven Farbigkeit. • Emil Nolde malt nicht nur Köpfe, sondern Typen. • In der Unmittelbarkeit des Ausdrucks hält der Künstler sein Gegenüber fest, ungefiltert und intuitiv. PROVENIENZ: Franz Kochmann (1872-1956) Dresden/Utrecht (18.7.1919, verso mit dem Besitzeintrag und Ankaufsdatum, bis mindestens 1946. Im Gemeentemuseum Den Haag 1941-1946 eingelagert, Rückgabe an Kochmann am 2. Mai 1946). Galerie Theo Hill, Köln. Adolf Funke, Aachen (1956 vom Vorgenannten erworben). Privatsammlung Westdeutschland (bis 1999: Lempertz 13.11.1999). Privatsammlung Süddeutschland (bis 2014: Ketterer 5.12.2014). Privatsammlung Niedersachsen (vom Vorgenannten erworben). AUSSTELLUNG: Künstlervereinigung Dresden, Sommerausstellung, Dresden 1919, Kat.-Nr. 98. LITERATUR: Lempertz, Köln, Auktion 779, 13.11.1999, Los 1189 (m. Abb.). Ketterer Kunst, München, Auktion 419, 5.12.2014, Los 347 (m. Abb.). Im Porträt des 'Peter P' spürt Emil Nolde weniger der abbildhaften Nähe seines Gegenübers nach, vielmehr sucht er dessen Gesamterscheinung in der Wirkung auf sich selbst in seiner Malerei festzuhalten. Nolde verleiht dem Gemälde eine bemerkenswerte und einzigartige Präsenz. Neben der Ölmalerei nimmt die Aquarellmalerei einen besonderen Platz im Schaffen des Malers ein, und auch das Genre des Porträts erfährt zeitlebens eine hohe Schätzung. Der Sohn eines norddeutschen Bauern wird als Emil Hansen 1867 im deutsch-dänischen Grenzland geboren. Nach einer Lehre als Möbelzeichner und Holzschnitzer in Flenßburg 1884–1888 sowie anschließend einer Lehrstelle für gewerbliches Zeichnen in St. Gallen zieht es ihn nach Aufenthalten in Berlin wieder zurück in die ländliche Natur. Schon in der Schweiz in den 1890er Jahren beschäftigt er sich mit der Landbevölkerung und es entstehen Zeichnungen der hiesigen Bergbauern. Inzwischen an der Nordseeküste sesshaft, greift Nolde 1918 erneut die Thematik des ländlichen Lebens auf und es entsteht das markante Porträt eines jungen Mannes. Genaueres zur Person des Dargestellten bleibt unbekannt, doch handelt es sich wohl um einen Bauern aus dem Umland. Eine gewisse Scheu und Skepsis im Gesichtsausdruck des Peter P ist nicht zu übersehen, welche wohl einer gewissen Distanz geschuldet sein dürften, die der Dargestellte dem Maler entgegenbrachte. Auch wenn sie die Wurzeln teilten, haftete dem Maler Emil Nolde in den Augen der Bauern durchaus etwas Exotisches an. Sein expressiv-empathischer Malstil dürfte die Distanz zwischen ihnen und dem exzentrischen Maler weiter vergrößert haben. So ist der Porträtierte weniger als Individuum einzuordnen, sondern steht, in einem erweiterten Verständnis, für ein einfaches Leben auf dem Land, dem auch Nolde durchaus zugetan war. Mit seiner Frau Ada legt er beispielsweise in Seebüll einen Bauerngarten an und seine Heimat wird besonders im Verlauf der späten 1910er und 1920er Jahre zum wiederkehrenden und bemerkenswerten Sujet in seiner Malerei. Auch die Ablehnung einer Professur an der Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe im Entstehungsjahr 1918 unterstreicht die Wichtigkeit dieses Themenbereiches für Nolde. Als besonders bemerkenswert ist auch die ausdrucksstarke und frische Farbigkeit des Gemäldes zu nennen. Das rötliche Braun des Gesichts wird von einem fast unwirklichen Blau der Augen dominiert, das seine Entsprechung in dem amorphen Hintergrundsblau findet. Ein Dreiklang von Ausdruck, Farbe und Form wird in dem kleinen Porträt zur ereignisreichen Gesamtkonzeption, die in ihrer Wirkung ganz auf den Kanon noldescher Interpretationen zurückgreift. [AW] Aufrufzeit: 10.12.2022 - ca. 17.47 h +/- 20 Min. Dieses Objekt wird regel- oder differenzbesteuert angeboten, Folgerechtsvergütung fällt an.

Lot 487

Ernst Ludwig Kirchner 1880 Aschaffenburg - 1938 Davos Am Kaffeetisch bei Otto Mueller. Um 1911. Tuschpinsel- und Tuschfederzeichnung. Verso mit dem Nachlassstempel des Kunstmuseums Basel (Lugt 1570 b) und der handschriftlichen Registriernummer 'F Dre/Bi 24'. Auf bräunlichem Velin. 31 x 43,3 cm (12,2 x 17 in), blattgroß. Vermutlich in Otto Muellers Atelier in der Hewaldstraße in Berlin entstanden. [CH]. • Kirchner skizziert mit schneller Feder die häusliche Situation am Kaffeetisch im Atelier Otto Muellers. • Dokument der neu gewonnenen Freundschaft zu Otto Mueller. • Szenen dieser Art sind auf dem internationalen Auktionsmarkt von größter Seltenheit. • Das zu erahnende Interieur ist mithilfe zeitgenössischer Fotografien auf das Atelier Otto Muellers zurückzuführen. Dieses Werk ist im Ernst Ludwig Kirchner Archiv, Wichtrach/Bern, dokumentiert. PROVENIENZ: Nachlass des Künstlers (Davos 1938, Kunstmuseum Basel 1946). Stuttgarter Kunstkabinett Roman Norbert Ketterer, Stuttgart (1954). Galerie Wolfgang Ketterer, Stuttgart/München (1963). Sammlung Hermann Gerlinger, Würzburg (mit dem Sammlerstempel Lugt 6032). AUSSTELLUNG: Künstler der Brücke in Berlin 1908-1914. Ein Beitrag zur Geschichte der Künstlergruppe Brücke, Brücke-Museum, Berlin, 1.9.-26.11.1972, Kat.-Nr. 106. Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum, Schloss Gottorf, Schleswig (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 1995-2001). Kunstmuseum Moritzburg, Halle an der Saale (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2001-2017). Buchheim Museum, Bernried (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2017-2022). LITERATUR: Galerie Wolfgang Ketterer, Lagerkatalog Nr. 26, Stuttgart 1962/1963, Kat.-Nr. 892 (m. Abb.). Heinz Spielmann (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Sammlung Hermann Gerlinger, Stuttgart 1995, S. 156, SHG-Nr. 153 (m. Abb.). Hermann Gerlinger, Katja Schneider (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Bestandskatalog Sammlung Hermann Gerlinger, Halle (Saale) 2005, S. 320, SHG-Nr. 721 (m. Abb.). Isabelle Dervaux, Ernst Ludwig Kirchner, in: Ausst.-Kat. From Berlin to Broadway. The EBB Bequest of Modern German and Austrian Drawings, New York 2007, S. 46-51 (m. Abb.). 'Feiner Otto Müller. Lyriker aber doch Mensch, ganz schmale Lippen', berichtet Ernst Ludwig Kirchner in einem Brief an Erich Heckel aus Dresden am 22. Mai 1910 nach Dangast. Er schreibt über ihre erste Begegnung in der Berliner Ausstellung der Galerie Macht, die Werke der Zurückgewiesenen der Berliner Secession zeigt. (Ernst Ludwig Kirchner. Der gesamte Briefwechsel, hrsg. von Hans Delfs, Zürich 2010, Nr. 64) Im Oktober 1911 kehrt Otto Mueller, nachdem er mit Kirchner unter anderem im Sommer nach Prag reist, um den tschechischen Maler Bohumil Kubišta für die Künstlergruppe zu gewinnen, nach Berlin zurück und bezieht ein neues Atelier in der Varziner Straße 8 in Berlin-Friedenau. Sein altes Studio, Mommsenstraße 60 (heute Markelstraße) in Steglitz, übernimmt Heckel, der im Dezember von Dresden nach Berlin übersiedelt und entsprechend dort auch das Büro der Künstlergruppe einrichtet. Die Wände in seinem Atelier bemalt Otto Mueller mit lebensgroßen stehenden und sitzenden Aktfiguren und seine Frau Maschka, die er 1905 nach langer Lebensgemeinschaft heiratet, schmückt die Wohnung zusätzlich mit gebatikten Tüchern. Ernst Gosebruch, fortschrittlicher, sich für den Expressionismus einsetzender und engagierter Direktor der Städtischen Kunstsammlungen in Essen, besucht im Winter Anfang 1912 die Maler der 'Brücke' in Berlin und berichtet über Muellers Atelier: 'Die grenzenlose Dürftigkeit dieser Dachquartiere fiel ja dem Eintretenden nicht so ins Auge, so gaben Otto Muellers feierliche Friese seinen Stuben etwas, man muß so sagen, Fürstliches, einen großen Stil, hinter dem man den Mangel gar nicht verspürte.' (Zit. nach: Lothar Günther Buchheim, Die Künstlergemeinschaft Brücke, Feldafing 1956, S. 60) Kirchner skizziert hier mit schneller Feder die Begegnung am Kaffeetisch in einem Raum mit Dachgauben, Stoffbahnen und Bildern an den Wänden. Auf dem Tisch lässt sich Kaffeegeschirr ausmachen und eine Petroleumlampe mit Glaszylinder und -schirm. Drei Personen sitzen am Tisch, Otto Mueller, uns den Rücken zugewandt, links von ihm vermutlich Maschka, seine Frau, und rechts die Begleitung Kirchners, Erna oder Gerda Schilling? Eine ebenfalls im Atelier von Mueller gemachte Fotografie von Kirchner zeigt neben dem Ehepaar Mueller Kirchner selbst und Gerda Schilling, die Schwester von Erna. (Abb.) Kirchner lernt die Geschwister im Oktober 1911 kurz nach seinem Umzug in die Metropole Berlin kennen; von da an beleben sie als Modelle allein oder gemeinschaftlich das Werk des Künstlers in den folgenden Jahren, werden zu den Protagonistinnen der sogenannten 'Straßenbilder'. Erna bleibt Kirchners Lebensgefährtin bis zu dessen Tod 1938; Gerdas Spuren verlieren sich 1927. Die Freundschaft speziell zwischen Kirchner und Mueller entwickelt sich entspannt; ein konkurrierendes Verhalten als jüngstes Mitglied der Künstlergemeinschaft zu Heckel, Kirchner, Pechstein und Schmidt-Rottluff fehlt, es ist Muellers Wesen fern. Am 15. Oktober 1930 schildert Kirchner seinem Sammler Carl Hagemann, der auch Werke von Mueller besitzt, seine Erinnerung an den gerade am 24. September verstorben, einstigen Weggefährten: 'Mich hat sein früher Tod auch tief bewegt. Wir standen uns Jahre hindurch vor dem Kriege sehr nahe und sind dann durch die Verhältnisse getrennt worden. […] Wir trafen uns auch in der sinnlichen Verehrung der Frau und der Schätzung der Eleganz. Nur in der menschlichen Stellung zur Frau hing er mehr an den bürgerlichen Formen, während ich die freie Kameradschaft vorzog. Ich habe ihn am liebsten gehabt von allen Künstlern, die ich kannte, denn er war der einzige, der einen noblen anständigen aufrechten Charakter hatte, eine Herrennatur und kein Speichellecker und Streber. Er kämpfte mit für die freie Kunst und machte keine Compromisse. Mag sein Vorstellungskreis auch klein gewesen sein, so sind seine Werke doch immer von Qualität und wirkliche freie Kunstwerke und echt, weil sie auf dem Boden seiner Weltanschauung frei und rein erwachsen sind. Er ist unser Corot.' (Ernst Ludwig Kirchner. Der gesamte Briefwechsel, hrsg. von Hans Delfs, Zürich 2010, Nr. 2452) [MvL] Aufrufzeit: 10.12.2022 - ca. 18.26 h +/- 20 Min. Dieses Objekt wird regel- oder differenzbesteuert angeboten.

Lot 484

Hermann Max Pechstein 1881 Zwickau - 1955 Berlin Soirée. 1911. Farbstiftzeichnung über Tusche auf Postkarte. 14 x 9 cm (5,5 x 3,5 in), blattgroß. Verso handschriftlich in Tusche bezeichnet: 'Frau Minya Diez-Dührkoop / Hamburg / Jungfernstieg 34 / Sehr verehrte Frau Diez-Dk / Roter Wein im grünen Glas / Gelber Leib im roten Kleid, / es ist noch gut im alten / Backhaus Mit den herzlichsten / Grüßen Ihr M. Pechstein / Ganz Ihr ergebener E.L. Kirchner Otto Mueller' sowie Poststempel Berlin, 8.1.1911. [KT]. • Hermann Max Pechstein verwandelt seine Postkarte in ein Kunstwerk kleinsten Formats. • Namhafte Erstbesitzerin: Diéz-Dührkoop ist eine erfolgreiche Fotografin mit eigenem Atelier und gehört zum engeren Zirkel um die 'Brücke'-Künstler. • Besonders mit Max Pechstein verbindet sie eine enge Freundschaft, wie zahlreiche Fotos, Postkarten und gesammelte Gemälde und Grafiken bezeugen. • Charakteristisches Motiv Pechsteins: Variété, Tanz und Gesellschaft prägen sein Schaffen. • Entstanden zu Beginn des Jahres 1911, in dem die Mitglieder nach Berlin umsiedeln. PROVENIENZ: Minya Diéz-Dührkoop (1873–1929), Hamburg. Sammlung Ernest Rathenau, Berlin/New York/Bad Nauheim (bis 1986). Galerie Dr. Rainer Horstmann, Hamburg (1987 aus dem Nachlass des Vorgenannten erworben: Sotheby's München). Sammlung Hermann Gerlinger, Würzburg (mit dem Sammlerstempel Lugt 6032). AUSSTELLUNG: Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum, Schloss Gottorf, Schleswig (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 1995-2001). Expressiv! Die Künstler der Brücke. Die Sammlung Hermann Gerlinger, Albertina Wien, 1.6.-26.8.2007, Kat.-Nr. 221 (m. Abb.). Kunstmuseum Moritzburg, Halle an der Saale (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2001-2017). Buchheim Museum, Bernried (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2017-2022). LITERATUR: Sotheby's, München, Deutsche Kunst des 20. Jahrhunderts. Aus der Sammlung von Dr. Ernest Rathenau und aus dem Besitz anderer Sammlungen, Auktion 28.10.1987, Los 54 (m. Farbabb.). Heinz Spielmann (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Sammlung Hermann Gerlinger, Stuttgart 1995, S. 246, SHG-Nr. 352 (m. Abb.). Hermann Gerlinger, Katja Schneider (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Bestandskatalog Sammlung Hermann Gerlinger, Halle (Saale) 2005, S. 394, SHG-Nr. 863 (m. Abb.). Von den 'Brücke'-Künstlern verbindet vor allem Hermann Max Pechstein mit den Jahren eine intensivere Freundschaft mit Minya Diez-Dührkoop, eine der ersten bekannteren weiblichen Fotografinnen. In Hamburg am Jungfernstieg 34 arbeitet sie im Atelier ihres Vaters, das sie 1918 alleine übernimmt. Unterzeichnet ist die Postkarte auch von Kirchner und Mueller; Diez-Dührkoop erwirbt 1910 die passive 'Brücke'-Mitgliedschaft, in ihrer Sammlung befinden sich Werke von Pechstein, Schmidt-Rottluff und Radziwill. Aus Dresden war Pechstein als erster 'Brücke'-Maler schon 1908 nach seiner Parisreise nach Berlin gekommen, die weiteren Mitglieder folgten 1911. Ein besonderes Interesse gilt seit der Pariser Zeit der bunten und schillernden Welt der Cabarets, Varietés, dem Ballett und Theater. Pechstein nimmt sowohl Tänzer und Künstler als auch das Publikum zum Motiv – in schnellen, lockeren Strichen fängt er die aus der Loge kommenden eleganten Damen und schwarz gekleideten Herren ein. [KT] Aufrufzeit: 10.12.2022 - ca. 18.22 h +/- 20 Min. Dieses Objekt wird regel- oder differenzbesteuert angeboten, Folgerechtsvergütung fällt an.ENGLISH VERSIONHermann Max Pechstein 1881 Zwickau - 1955 Berlin Soirée. 1911. Colored pencil drawing over India ink on a postcard. 14 x 9 cm (5.5 x 3.5 in), the full sheet. Verso with a hand-written inscription in ink: 'Frau Minya Diez-Dührkoop / Hamburg / Jungfernstieg 34 / Sehr verehrte Frau Diez-Dk / Roter Wein im grünen Glas / Gelber Leib im roten Kleid, / es ist noch gut im alten / Backhaus Mit den herzlichsten / Grüßen Ihr M. Pechstein / Ganz Ihr ergebener E.L. Kirchner Otto Mueller' and a Berlin postage stamp from January 8, 1911. [KT]. • Hermann Max Pechstein turned his postcard into a miniature artwork. • Notable first ownership: Diéz-Dührkoop was an acclaimed photographer and part of the closer circle around the 'Brücke' artists. • She was a particularly close friend of Max Pechstein, as many photographs, postcards as well as paintings and prints in her possession testify to. • Characteristic Pechstein motif: scenes of cabaret shows, dance and ballet were formative for his creation. • Made in early 1911, the year the Brücke members relocated to Berlin. PROVENANCE: Minya Diéz-Dührkoop (1873–1929), Hamburg. Collection Ernest Rathenau, Berlin/New York/Bad Nauheim (until 1986). Galerie Dr. Rainer Horstmann, Hamburg (1987, presumably directly acquired from the estate of the above: Sotheby's Munich). Collection Hermann Gerlinger, Würzburg (with the collector's stamp Lugt 6032). EXHIBITION: Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum, Schloss Gottorf, Schleswig (permanent loan from the Collection Hermann Gerlinger, 1995-2001). Expressiv! Die Künstler der Brücke. Die Sammlung Hermann Gerlinger, Albertina Vienna, June 1 - August 26, 2007, cat. no. 221 (with illu.). Kunstmuseum Moritzburg, Halle an der Saale (permanent loan from the Collection Hermann Gerlinger, 2001-2017). Buchheim Museum, Bernried (permanent loan from the Collection Hermann Gerlinger, 2017-2022). LITERATURE: Sotheby's, München, Deutsche Kunst des 20. Jahrhunderts. Aus der Sammlung von Dr. Ernest Rathenau und aus dem Besitz anderer Sammlungen, auction on October 28, 1987, lot 54 (with color illu.). Heinz Spielmann (ed.), Die Maler der Brücke. Sammlung Hermann Gerlinger, Stuttgart 1995, p. 246, SHG no. 352 (with illu.). Hermann Gerlinger, Katja Schneider (eds.), Die Maler der Brücke. Inventory catalog Collection Hermann Gerlinger, Halle (Saale) 2005, p. 394, SHG no. 863 (with illu.). Among the 'Brücke' artists, Hermann Max Pechstein became a particularly close friend of Minya Diez-Dührkoop, one of the first famous female photographers. She worked at her father's studio on Jungfernstieg 34 in Hamburg, which she would take over in 1918. The postcard is also signed by Kirchner and Mueller; Diez-Dührkoop became a passive 'Brücke' member in 1910, and her collection included works by Pechstein, Schmidt-Rottluff and Radziwill. In 1908 Pechstein was the first 'Brücke' painter to leave Dresden for Berlin after he had returned from his trip to Paris; the other members followed in 1911. Since the Paris period, Pechstein had been particularly interested in the colorful and dazzling world of cabarets, ballet and theater. Pechstein used dancers and artists, but also the audience as motifs, capturing the elegant ladies and gentlemen leaving the loge in the present work in quick, loose strokes. [KT] Called up: December 10, 2022 - ca. 18.22 h +/- 20 min. This lot can be purchased subject to differential or regular taxation, artist´s resale right compensation is due.

Lot 430

Ernst Ludwig Kirchner 1880 Aschaffenburg - 1938 Davos Titel für den Prospekt des Muim-Instituts. 1911. Holzschnitt. Gercken A-66. Dube 959. Eines von 3 bekannten Exemplaren. Auf festem Velin. 9,4 x 6,1 cm (3,7 x 2,4 in). Papier: 12 x 9 cm (4,7 x 3,5 in). Gedruckt von Gärtnersche Buchdruckerei/ Heinrich Niescher, Dresden. [SM]. • Eines von nur drei bekannten Exemplaren. • Erstmals auf dem internationalen Auktionsmarkt angeboten (Quelle: artprice.com). PROVENIENZ: Sammlung Hermann Gerlinger, Würzburg (mit dem Sammlerstempel Lugt 6032). AUSSTELLUNG: Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum Schloss Gottorf, Schleswig (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 1995-2001). Kunstmuseum Moritzburg, Halle an der Saale (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2001-2017). Buchheim Museum, Bernried (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2017-2022). LITERATUR: Hans Bolliger, E. W. Kornfeld, Ausstellung Künstlergruppe Brücke. Jahresmappen 1906-12, Bern 1958, S. 33, Nr. 56 (m. Abb, anderes Exemplar). Heinz Spielmann (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Sammlung Hermann Gerlinger, Stuttgart 1995, S. 117, SHG-Nr. 77 (m. Abb.). Hermann Gerlinger, Katja Schneider (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Bestandskatalog Sammlung Hermann Gerlinger, Halle (Saale) 2005, S. 321, SHG-Nr. 724 (m. Abb.). Rückseitig ist vermerkt (Text beschnitten): 'MUIM-Institut / Leiter M. Pechstein und E. L. Kirchner / Moderner Unterricht in Malerei, Graphik, Plastik, Teppich-, Glas-, Metall-Arbeit / Malerei in Verbindung mit Architektur / Unterricht mit neuen Mitteln auf neue Art. Skizzieren nach dem Leben verbunden mit Komposition. Unterricht im Institut oder Atelier des Einzelnen. Institut tagsüber zur Verfügung. Im Sommer Freilichtakt an der See. Fördernde Korrektur aus der Eigenart des Einzelnen heraus.' [MvL] Aufrufzeit: 10.12.2022 - ca. 17.10 h +/- 20 Min. Dieses Objekt wird regel- oder differenzbesteuert angeboten.ENGLISH VERSIONErnst Ludwig Kirchner 1880 Aschaffenburg - 1938 Davos Titel für den Prospekt des Muim-Instituts. 1911. Woodcut. Gercken A-66. Dube 959. One of three known copies. On firm wove paper. 9.4 x 6.1 cm (3.7 x 2.4 in). Sheet: 12 x 9 cm (4,7 x 3,5 in). Printed by Gärtnersche Buchdruckerei/ Heinrich Niescher, Dresden. [SM]. • One of only three known copies. • For the first time offered on the international auction market (source: artprice.com). PROVENANCE: Collection Hermann Gerlinger, Würzburg (with the collector's stamp Lugt 6032). EXHIBITION: Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum Schloss Gottorf, Schleswig (permanent loan from the Collection Hermann Gerlinger, 1995-2001). Kunstmuseum Moritzburg, Halle an der Saale (permanent loan from the Collection Hermann Gerlinger, 2001-2017). Buchheim Museum, Bernried (permanent loan from the Collection Hermann Gerlinger, 2017-2022). LITERATURE: Hans Bolliger, E. W. Kornfeld, Ausstellung Künstlergruppe Brücke. Jahresmappen 1906-12, Bern 1958, p. 33, no. 56 (with illu., different copy). Heinz Spielmann (ed.), Die Maler der Brücke. Sammlung Hermann Gerlinger, Stuttgart 1995, S. 117, SHG no. 77 (with illu.). Hermann Gerlinger, Katja Schneider (eds.), Die Maler der Brücke. Inventory catalog Collection Hermann Gerlinger, Halle (Saale) 2005, p. 321, SHG no. 724 (with illu.). With a note on the reverse (text trimmed): 'MUIM-Institut / Leiter M. Pechstein und E. L. Kirchner / Moderner Unterricht in Malerei, Graphik, Plastik, Teppich-, Glas-, Metall-Arbeit / Malerei in Verbindung mit Architektur / Unterricht mit neuen Mitteln auf neue Art. Skizzieren nach dem Leben verbunden mit Komposition. Unterricht im Institut oder Atelier des Einzelnen. Institut tagsüber zur Verfügung. Im Sommer Freilichtakt an der See. Fördernde Korrektur aus der Eigenart des Einzelnen heraus.' [MvL] Called up: December 10, 2022 - ca. 17.10 h +/- 20 min. This lot can be purchased subject to differential or regular taxation.

Lot 434

Ausstellungskatalog Katalog für die Ausstellung der Künstlergruppe 'Brücke' in der Galerie Gurlitt, Berlin. April 1912. Katalog mit blauem Umschlag, dem Titel-Holzschnitt von Ernst Ludwig Kirchner, acht Textseiten, neun Original-Holzschnitten, einer in Lithografie reproduzierten Zeichnung von Otto Mueller sowie sechs Seiten mit fotografischen Reproduktionen nach Gemälden. Söhn HDO 608-1 bis 608-9. Der Umschlag aus festem, blauem Velin mit aufkaschiertem, rotem Papier. Der Text sowie die Original-Holzschnitte auf rosa getöntem Hadernpapier. Die Reproduktionen nach den Gemälden auf glattem, rosa getöntem Papier. Seiten ca. 23,5 x 18,8 cm (9,2 x 7,4 in). Umschlag: 25,2 x 19,9 cm (9,9 x 7,8 in). Titelholzschnitt von Ernst Ludwig Kirchner. Gercken A-68 I. 15,3 x 5,8 cm (6 x 2,3 in) sowie 10 Original-Holzschnitte aus dem Jahr 1912 von: Erich Heckel. 'Badende am Teich'. Ebner/Gabelmann 540 H I. 13,3 x 10,8 cm (5,2 x 4,3 in). Erich Heckel. 'Sich Waschende'. Ebner/Gabelmann 541 H. Im Druckstock monogrammiert. 13 x 10,6 cm (5,1 x 4,2 in). Ernst Ludwig Kirchner. 'Schleudertanz'. Gercken A-69 B. Im Druckstock monogrammiert. 12,8 x 10,7 cm (5 x 4,2 in). Ernst Ludwig Kirchner. 'Toilette. – Mädchen beim Hutaufsetzen'. Gercken A-70 II B. Im Druckstock monogrammiert. 12,7 x 10,6 cm (5 x 4,2 in). Otto Mueller. 'Drei sitzende Mädchen'. Karsch 4. 11 x 12,8 cm (4,3 x 5,3 in). Hermann Max Pechstein. 'Landschaft mit Turm und Reitern'. Krüger H 159. 10,7 x 12,9 cm (4,2 x 5,1 in). Hermann Max Pechstein. 'Schwermut'. Krüger H 158. Im Druckstock mit dem Künstlernamen versehen und betitelt. 13 x 10,9 cm (5,1 x 4,3 in). Karl Schmidt-Rottluff. 'Kämmende Frauen'. Schapire H 97. 13,2 x 11 cm (5,2 x 4,3 in). Karl Schmidt-Rottluff. 'Sitzendes Mädchen'. Schapire H 98. 13,3 x 10,8 cm (5,2 x 4,3 in). Gedruckt von Rich. Gärtnersche Buchdruckerei / Heinrich Niescher, Dresden. [AM]. • Seltenes Exemplar des Katalogs zu der bedeutenden Ausstellung in der Galerie Gurlitt (1912). • Aufwendig gestalteter Katalog mit bedeutendem dokumentarischem Charakter. • Von den 'Brücke'-Künstlern mit neun Original-Holzschnitten ausgestattet. PROVENIENZ: Sammlung Hermann Gerlinger, Würzburg (seit 1986: Hauswedell, mit dem Sammlerstempel Lugt 6032). AUSSTELLUNG: Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum Schloss Gottorf, Schleswig (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 1995-2001). Kunstmuseum Moritzburg, Halle an der Saale (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2001-2017). Buchheim Museum, Bernried (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2017-2022). LITERATUR: Hans Bolliger, E. W. Kornfeld, Ausstellung Künstlergruppe Brücke. Jahresmappen 1906-1912, Bern 1958, S. 29-30, 42/1-42/3, 42/5-42/6, 42/8-42/10, 43/6-43/7 (anderes Exemplar). Hauswedell & Nolte, Hamburg, Auktion 263, 8./9.6.1986, Los 140. Heinz Spielmann (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Sammlung Hermann Gerlinger, Stuttgart 1995, S. 20, SHG-Nr. 82. Hermann Gerlinger, Katja Schneider (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Bestandskatalog Sammlung Hermann Gerlinger, Halle (Saale) 2005, S. 324, SHG-Nr. 734. Buchheim Museum (Hrsg.), Brückenschlag: Gerlinger - Buchheim! Museumsführer durch die 'Brücke'-Sammlungen von Hermann Gerlinger und Lothar-Günther Buchheim, Feldafing 2017, S. 54 (m. Abb. S. 55). Anlässlich der Ausstellung in der Galerie Arnold in Dresden 1910 erstellen die 'Aktiven Mitglieder der Brücke' erstmals einen gemeinsamen Katalog: heute das Dokument der Zusammengehörigkeit, der gemeinsamen Ziele und der gegenseitigen Achtung innerhalb der Künstlergruppe. Für die Galerie Fritz Gurlitt in Berlin entsteht 1912 der vorliegende zweite von den Künstlern gestaltete Katalog, allerdings mit freier Motivwahl. Wiederum ein hervorragendes Dokument zur 'Brücke' und des frühen Expressionismus. Die Ausstellung bei Gurlitt im April wird anschließend im Juni in der Kunsthandlung mit Auktionshaus von Rudolf Bangel in Frankfurt a. M. gezeigt und in den Monaten August/September 1912 von der Hamburger Galerie Commeter übernommen. 1880 gründet Fritz Gurlitt, Sohn des Landschaftsmalers Louis Gurlitt, in Berlin die Galerie gleichen Namens und wirbt mit zeitgenössischer Kunst, damals Arnold Böcklin, Anselm Feuerbach, Wilhelm Leibl, Hans Thoma, Max Liebermann, Lesser Ury und andere. Nach seinem Tod 1893 übernimmt die Galerie sein Sohn Wolfgang Gurlitt, der sie bis 1943 weiterführen kann und dabei auch den Verlag Fritz Gurlitt expandiert. Nach 1945 unterhält Wolfgang Gurlitt in München eine eigene Galerie. Gegenüber dem Dresdener Katalog werden die ausgestellten Werke dieses Mal nur summarisch aufgelistet, darunter von Heckel und Kirchner auch jeweils sechs 'Plastiken'. Erich Heckel, Ernst Ludwig Kirchner und Karl Schmidt-Rottluff illustrieren in freier Wahl jeweils drei Exponate mit ganzseitigen Originalholzschnitten, Otto Mueller mit einer Lithografie sowie Max Pechstein mit zwei ausgesprochen seltenen Holzschnitten. Noch während der gemeinsamen Präsentation in der Galerie Gurlitt, beziehungsweise dem Aufenthalt der Kollektion in Frankfurt, entstehen Spannungen zwischen den Mitgliedern und eine dezidierte Auseinandersetzung um Pechstein. Pechstein stellt entgegen der getroffenen Absprache der Gruppe, nur gemeinsam aufzutreten, als Gast in der Berliner Secession aus und wird deshalb aus dem Kreis der 'Brücke' ausgeschlossen. Diese folgenreiche Entscheidung nimmt sogleich Einfluss auf den Ausstellungskatalog, der die Präsentation in Hamburg begleiten soll. Die beiden Holzschnitte und die Seite mit den Hinweisen auf die Anzahl seiner Werke – '8 Bilder 6 Zeichnungen' – werden entfernt und durch Arbeiten von Erich Heckel und Ernst Ludwig Kirchner (oder Karl Schmidt-Rottluff) ersetzt. An den unterschiedlichen Auflagen lässt sich somit die Umsetzung ihrer Entscheidung durch die verbleibenden vier 'Brücke'-Künstler nachvollziehen, ein erster Schritt in Richtung Auflösung, die erst mit dem 27. Mai 1913 besiegelt sein wird. Die Galerie Commeter ist die älteste Kunsthandlung der Hansestadt Hamburg und wird 1821 von Georg Ernst Harzen (1790–1862) gegründet. 1878 übernimmt Wilhelm Suhr die seitdem als Familienbetrieb geführte Galerie. Die Kunsthandlung mit Auktionshaus, 1868 von Rudolf Bangel in Frankfurt a. M. gegründet und unter verschiedenen Adressen firmierend, engagiert sich vermehrt für die Künstlergruppe 'Brücke' und übernimmt unter anderem in den Jahren 1909, 1911 und 1912 tournierende Kollektionen. (Georg Reinhardt, Brücke-Archiv, 1977/78, S. 191ff.) [MvL] Aufrufzeit: 10.12.2022 - ca. 17.15 h +/- 20 Min. Dieses Objekt wird regel- oder differenzbesteuert angeboten.

Lot 456

Ernst Ludwig Kirchner 1880 Aschaffenburg - 1938 Davos Zwei liegende Akte und eine Sitzende. Um 1910. Schwarze Kreidezeichnung. Rechts unten signiert. Auf chamoisfarbenem Velin. 32,7 x 42,8 cm (12,8 x 16,8 in), Blattgröße. [CH]. • Der weibliche Akt im Atelier zählt in diesen Jahren zu den Hauptmotiven E. L. Kirchners und der 'Brücke'-Künstler. • Das Dresdener Atelier ist in diesen Jahren nicht nur Lebens- und Arbeitsraum der 'Brücke'-Künstler, sondern auch Treffpunkt weiblicher Amateurmodelle. • Das Motiv des lasziv auf dem Bett liegenden weiblichen Aktes erkundet Kirchner in dieser Zeit u. a. auch in dem motivisch verwandten Gemälde 'Liegender Akt mit Fächer' (1909, Kunsthalle Bremen). Die Arbeit ist im Ernst Ludwig Kirchner Archiv, Wichtrach/Bern, dokumentiert. PROVENIENZ: Sammlung Dr. Walter Kaesbach (1879-1961), Berlin/Erfurt/Düsseldorf/Hemmenhofen (vor 1914 vom Künstler erworben). Galerie Remmert und Barth, Düsseldorf (1995). Galerie Vömel, Düsseldorf. Sammlung Hermann Gerlinger, Würzburg (1998 vom Vorgenannten erworben, mit dem Sammlerstempel Lugt 6032). AUSSTELLUNG: Galerie Remmert und Barth, Überblick 1995, Düsseldorf, 27.4.-29.7.1995, Kat.-Nr. 73 (m. Abb.). E. L. Kirchner. Ölbilder, Arbeiten auf Papier, Galerie Vömel, Düsseldorf, 25.4.-25.6.1998, S. 14 (m. Abb.). Expressiv! Die Künstler der Brücke. Die Sammlung Hermann Gerlinger, Albertina Wien, 1.6.-26.8.2007, Kat.-Nr. 140 (m. Abb.). Kunstmuseum Moritzburg, Halle an der Saale (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, bis 2017). Kirchner im KirchnerHAUS. Originale aus Privatbesitz in seinem Geburtshaus, KirchnerHAUS Museum, Aschaffenburg, 2.10.-20.12.2015, Kat.-Nr. 16 (m. Abb.) Buchheim Museum, Bernried (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2017-2022). LITERATUR: Hermann Gerlinger, Katja Schneider (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Bestandskatalog Sammlung Hermann Gerlinger, Halle (Saale) 2005, SHG-Nr. 707, S. 311 (m. Abb.). Das Dresdener Atelier der 1905 von Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel, Karl Schmidt-Rottluff und Fritz Bleyl in Dresden gegründeten Künstlergruppe 'Brücke' ist in den darauffolgenden Jahren nicht nur Lebens- und Arbeitsraum der jungen Maler, sondern auch Treffpunkt für viele weibliche Amateurmodelle, die insbesondere Kirchner in zahlreichen, aus dem Moment geborenen Zeichnungen skizziert. Ebenso wie sich Kirchners künstlerisches Schaffen in diesen Jahren gegen das traditionelle Kunstverständnis richtet, entspricht auch sein Privatleben nicht den konservativen Moralvorstellungen der Wilhelminischen Ära. In seinem mit Vorhängen und Paravents dekorierten Atelier gehen die weiblichen Modelle ein und aus, es herrscht eine ungezwungene und kreative Stimmung. In der hier angebotenen Aktdarstellung hält der ehemalige Architekturstudent Kirchner nicht nur eine alltägliche Atelierszene fest, sondern komponiert aus Interieur und sich auf Sitzmöbeln räkelnden Frauenakten ein fast architektonisches Figurenkonstrukt. Der die Modelle umgebende Raum öffnet die zunächst sehr dichte Darstellung und lenkt den Blick. Die bewusste Reduzierung auf wenige, selbstbewusst gezogene Linien bekräftigt den Eindruck einer durchdachten, sorgfältig erarbeiteten Komposition. [CH] Aufrufzeit: 10.12.2022 - ca. 17.44 h +/- 20 Min. Dieses Objekt wird regel- oder differenzbesteuert angeboten.ENGLISH VERSIONErnst Ludwig Kirchner 1880 Aschaffenburg - 1938 Davos Zwei liegende Akte und eine Sitzende. Um 1910. Black Chalk drawing. Lower right signed. On creme wove paper. 32.7 x 42.8 cm (12.8 x 16.8 in), size of sheet. [CH]. • During these years the female nude was one of the main motifs of E. L. Kirchner and the other 'Brücke' artists. • The Dresden studio was not only the center of the 'Brücke' artists' activities, it was also a meeting point for many female amateur models. • In those days Kirchner also examined the motif of the lasciviously reclined female nude in the similar painting 'Liegender Akt mit Fächer' (1909, Kunsthalle Bremen). The work is registered at the Ernst Ludwig Kirchner Archive, Wichtrach/Bern. PROVENANCE: Collection Dr. Walter Kaesbach (1879-1961), Berlin/Erfurt/Düsseldorf/Hemmenhofen (acquired from the artist before 1914). Galerie Remmert and Barth, Düsseldorf (1995). Galerie Vömel, Düsseldorf. Collection Hermann Gerlinger, Würzburg (acquired from the above in 1998, with the collector's stamp Lugt 6032). EXHIBITION: Galerie Remmert and Barth, Überblick 1995, Düsseldorf, April 27 - July 29, 1995, cat. no. 73 (with illu.). E. L. Kirchner. Ölbilder, Arbeiten auf Papier, Galerie Vömel, Düsseldorf, April 25 - June 25, 1998, p. 14 (with illu.). Expressiv! Die Künstler der Brücke. Die Sammlung Hermann Gerlinger, Albertina, Vienna, June 1 - August 26, 2007, cat. no. 140 (with illu.). Kunstmuseum Moritzburg, Halle an der Saale (permanent loan from the Collection Hermann Gerlinger, until 2017). Kirchner im KirchnerHAUS. Originale aus Privatbesitz in seinem Geburtshaus, KirchnerHAUS Museum, Aschaffenburg, October 2 - December 20, 2015, cat. no. 16 (with illu.) Buchheim Museum, Bernried (permanent loan from the Collection Hermann Gerlinger, 2017-2022). LITERATURE: Hermann Gerlinger, Katja Schneider (eds.), Die Maler der Brücke. Inventory catalog Collection Hermann Gerlinger, Halle (Saale) 2005, SHG no. 707, p. 311 (with illu.). The Dresden studio of the artists' group 'Brücke', founded by Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel, Karl Schmidt-Rottluff and Fritz Bleyl in Dresden in 1905, was not only the living and working space of the young painters, but also a place that attracted many female amateur models, whom E. L. Kirchner in particular sketched in numerous spontaneous drawings. Just as Kirchner's artistic ambitions of these years were directed against the traditional understanding of art, his private life did not conform with the conservative morals of the Wilhelminian Period, either. His studio, which was decorated with curtains and screens, had an an informal and creative atmosphere, and female models walked in and out. In the present nude drawing, the former architecture student E. L. Kirchner not only captured a common studio scene, but composed an almost architectural figure construct from the interior and the female nudes lolling on the seating furniture. The space surrounding the models opens up the very dense representation and directs the viewer's gaze. The deliberate reduction to a few poised drawn lines reinforces the impression of a well thought-out, carefully crafted composition. [CH] Called up: December 10, 2022 - ca. 17.44 h +/- 20 min. This lot can be purchased subject to differential or regular taxation.

Lot 485

Ernst Ludwig Kirchner 1880 Aschaffenburg - 1938 Davos Fränzi vor Wandbehang. 1911. Farbige Kreidezeichnung und Tusche über Bleistift. Auf leichtem Karton . 14 x 9 cm (5,5 x 3,5 in), blattgroß. Postkarte an Frau Maschka Müller, verso mit dem Poststempel Dresden-Altstadt vom 3.2.1911 und den Grußworten E. L. Kirchners: 'Unsere Jüngste beim Tanz, sehr interessant, würde Ihnen auch gefallen. Viele Grüße, lassen Sie bald hören. Bett bald lästig. Ihr Ernst Ludwig Kirchner'. [CH]. • Die Essenz der 'Brücke' auf einer Postkarte: Die von E. L. Kirchner ausgestaltete, an Maschka Mueller (Ehefrau v. Otto Mueller) adressierte Postkarte zeigt die tanzende Fränzi, das Lieblingsmodell der 'Brücke'-Künstler in Dresden sowie Heckels Atelier mit auffälligem Wandbehang, der auch in Heckels ikonischem Holzschnitt 'Fränzi' zu sehen ist (1910). • Aus der besten 'Brücke'-Zeit. • Das Motiv des Tanzes und der Bewegung durchzieht in diesen und den darauffolgenden Jahren Kirchners gesamtes Œuvre. • Die selbst gestalteten Postkarten der 'Brücke'-Künstler gelten heute als eigenständige Werkgruppe mit besonderer kunsthistorischer Bedeutung. • Weitere Postkarten E. L. Kirchners befinden sich u. a. im Kupferstichkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin und im Brücke-Museum in Berlin. Das vorliegende Werk ist im Ernst Ludwig Kirchner Archiv, Wichtrach/Bern, dokumentiert. PROVENIENZ: Maschka Mueller (Ehefrau Otto Muellers), Berlin. Privatsammlung Deutschland. Kunsthandel Deutschland (1971 vom Vorgenannten erworben, J. A. Stargardt Antiquariat). Sammlung Hermann Gerlinger, Würzburg (mit dem Sammlerstempel Lugt 6032). AUSSTELLUNG: Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum, Schloss Gottorf, Schleswig (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 1995-2001). Frauen in Kunst und Leben der 'Brücke', Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum Schloss Gottorf, Schleswig, 10.9.-5.11.2000, Kat.-Nr. 58 (m. Abb., S. 142). Kunstmuseum Moritzburg, Halle an der Saale (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2001-2017). Die Brücke in Dresden 1905-1911, Galerie Neue Meister, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, 20.10.2001-6.1.2002, Kat.-Nr. 244 (m. Farbabb.). Expressiv! Die Künstler der Brücke. Die Sammlung Hermann Gerlinger, Albertina Wien, 1.6.-26.8.2007, Kat.-Nr. 149 (m. Farbabb.). Der Blick auf Fränzi und Marcella. Zwei Modelle der Brücke-Künstler Heckel, Kirchner und Pechstein, Sprengelmuseum Hannover, 29.8.2010-9.1.2011; Stiftung Moritzburg, Kunstmuseum des Landes Sachsen-Anhalt, Halle (Saale), 6.2.-1.5.2011, Kat.-Nr. 88 (m. Abb., S. 21, 32 u. 55). Buchheim Museum, Bernried (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2017-2022). Brückenschlag: Gerlinger – Buchheim!, Buchheim Museum, Bernried, 28.10.2017-25.2.2018, S. 212f. (m. Abb.). LITERATUR: J. A. Stargardt Antiquariat, Marburg, Katalog Nr. 597, Autographen aus allen Gebieten, 23.-24.11.1971, Los 920 (m. Abb.). Heinz Spielmann (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Sammlung Hermann Gerlinger, Stuttgart 1995, S. 155, SHG-Nr. 151 (m. Abb.). Ulrich Pfarr, Zwischen Ekstase und Alltag. Zur Rezeption der Lebensform in der künstlerischen Praxis der 'Brücke', in: Die Lebensreform. Entwürfe zur Neugestaltung von Leben und Kunst um 1900, Bd. 1, Institut Mathildenhöhe, Darmstadt 2001, S. 251-256 (m. Abb.). Hermann Gerlinger, Katja Schneider (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Bestandskatalog Sammlung Hermann Gerlinger, Halle (Saale) 2005, S. 319, SHG-Nr. 719 (m. Abb.). Hanna Strzoda, Die Ateliers Ernst Ludwig Kirchners. Eine Studie zur Rezeption 'primitiver' europäischer und außereuropäischer Kulturen, Petersberg 2006 (m. Abb., Nr. 223). Hans Delfs (Hrsg.), Ernst Ludwig Kirchner - Der gesamte Briefwechsel. 'Die absolute Wahrheit, so wie ich sie fühle Zürich 2010 (m. Abb., S. 54). Regina Klein, Ganz nah dran. Porträts von Fränzi und Marzella, in: Magdalena M. Moeller (Hrsg.), Fränzi und Marzella - Wer sie waren und wie sie sind. Auf Spurensuche im Brücke-Museum, Heidelberg 2014, S. 90-94 (m. Abb., Nr. 1). Gerd Presler, Fränzi – Ende eines Irrtums. Drei 'Brücke'-Maler – ein Modell, Ettlingen 2015. Ernst Ludwig Kirchner skizziert diese temperamentvolle Atelierszene auf einer Postkarte und schickt sie am 3. Februar 1911 an Maschka, der Frau von Otto Mueller, mit dem Hinweis 'Unsere Jüngste beim Tanz'. Unsere Jüngste? Das ist Fränzi, und immer wieder Fränzi! 'Fränzi liegend', 'Fränzi stehend', 'Fränzi hockend', 'Fränzi badend' .. oder wie hier tanzend auf einem Teppich vor zwei Figuren in Erich Heckels Atelier. Im Hintergrund eine flächige Landschaftsszene mit den charakteristischen Pinien, eine kreative Auseinandersetzung des Künstlers mit der 'etruskischen Kunst' während der Italienreise im Jahr 1909. Heckel verwendet diesen auffallenden Hintergrund für den Farbholzschnitt 'Stehendes Kind' in Schwarz, Rot und Grün, der in der ihm gewidmeten Jahresgabe der Künstlergruppe 1911 erscheint. (Abb.) Die Popularität des noch kindlichen Mädchens bei Heckel, Kirchner und Pechstein scheint unbegrenzt. Ihr frisches, knabenhaftes Auftreten bereitet den Künstlern schwärmerische Anregung, die sich in den Werken niederschlägt, vor allem bei Heckel und Kirchner. Max Pechstein erinnert sich 1945/46 noch deutlich und sichtlich beeindruckt: 'Als wir in Berlin beisammen waren [1909] vereinbarte ich mit Heckel und Kirchner, daß wir zu dritt an den Seen um Moritzburg nahe Dresden arbeiten wollten [..] Als ich in Dresden ankam und in dem alten Laden in der Friedrichstadt abstieg, erörterten wir die Verwirklichung unseres Planes. Wir mußten zwei oder drei Menschen finden, die keine Berufsmodelle waren und uns daher Bewegungen ohne Atelierdressur verbürgten. Ich erinnerte mich an meinen alten Freund, den Hauswart in der Akademie [..] Er wies uns an die Frau eines verstorbenen Artisten und ihre beiden Töchter. Ich legte ihr unser ernstes künstlerisches Wollen dar. Sie besuchte uns in unserem Laden in der Friedrichstadt, und da sie dort ein ihr vertrautes Milieu vorfand, war sie damit einverstanden, daß ihre Töchter sich mit uns nach Moritzburg aufmachten [..] Wir lebten in absoluter Harmonie, arbeiteten und badeten. Fehlte als Gegenpol ein männliches Modell, so sprang einer von uns dreien in die Bresche. Hin und wieder erschien die Mutter, um als ängstliches Huhn sich zu überzeugen, daß ihren auf dem Teich des Lebens schwimmenden Entenküken nichts Böses widerfahren sei.' (Max Hermann Pechstein, Erinnerungen, hrsg. von Leopold Reidemeister, Wiesbaden 1960, S. 41–43.) Um die Existenz von Fränzi ranken viele Geschichten, auch Begegnungen erotischer Art mit den Künstlern, die man mit den ungezählten Skizzen, Zeichnungen, Aquarellen und schließlich Gemälden erahnen kann, die so zahlreich sind, dass man diesem Mädchen und seiner Schwester nicht nur Kapitel, sondern eine ganze Ausstellung gewidmet hat. (Der Blick auf Fränzi und Marcella, Zwei Modelle der Brücke-Künstler Heckel, Kirchner und Pechstein, hrsg. von Norbert Nobis, Sprengel Museum Hannover, 2010) Fränzi erreicht mit ihrer Gegenwart etwas doch Außergewöhnliches: Sie schafft es, dass die engsten Künstler der 'Brücke' – außer Schmidt-Rottluff, der damals in Dangast weilt – zusammen malen und sich die Blicke auf das Geschehen an den Moritzburger Teichen sowie in den Ateliers in der Berliner Straße in Dresden gleichen und in den Bildern weiterleben, und liefert damit die unverwechselbare Ikone des eigentlichen 'Brücke'-Stils um 1910. [MvL] Aufrufzeit: 10.12.2022 - ca. 18.23 h +/- 20 Min. Dieses Objekt wird regel- oder differenzbesteuert angeboten.

Lot 403

Ernst Ludwig Kirchner 1880 Aschaffenburg - 1938 Davos Programm der Künstlergruppe 'Brücke' / Topfmarkt. 1906. Holzschnitt. Gercken A-28. Dube 696 / verso: Gercken 103. Dube 39. Links oben im Holzstock monogrammiert. Mit dem Stempel von Walter Kirchner (Lugt 1570 a), dem Bruder des Künstlers, sowie Bezeichnungen von fremder Hand. Eines von 11 bekannten Exemplaren und eines von 4 bekannten Exemplaren. 15,2 x 7,5 cm (5,9 x 2,9 in). Topfmarkt: 13,5 x 13,7 cm (5,3 x 5,4 in). Papier: 25,5 x 18,6 cm (10 x 7,3 in). [SM]. • Erst einmal wurde ein weiteres Exemplar des Programms der 'Brücke' auf dem internationalen Auktionsmarkt angeboten (Quelle: artprice.com). • Vom 'Topfmarkt' sind nur vier Exemplare bekannt. • Handdruck des Künstlers. PROVENIENZ: Walter Kirchner, Berlin (1947, mit dem Stempel Lugt 1570a). Galerie Henze & Ketterer, Wichtrach/Bern (2003, auf dem Passepartout mit dem Etikett). Sammlung Hermann Gerlinger, Würzburg (2003 vom Vorgenannten erworben, mit dem Sammlerstempel Lugt 6032). AUSSTELLUNG: Expressiv! Die Künstler der Brücke. Die Sammlung Hermann Gerlinger, Albertina, Wien, 1.6.-26.8.2007, Kat.-Nr. 116, S. 402. Kunstmuseum Moritzburg, Halle an der Saale (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2001-2017). Buchheim Museum, Bernried (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2017-2022). LITERATUR: Hans Bolliger, E. W. Kornfeld, Ausstellung Künstlergruppe Brücke. Jahresmappen 1906-12, Bern 1958, S. 24, Nr. 29b (m. Abb. Text, anderes Exemplar). Simone Füredi, Ernst Ludwig Kirchner. Der frühe Holzschnitt 1904 bis 1908 (Katalog der Galerie Henze & Ketterer Wichtrach, Nr. 70), Wichtrach u.a. 2003, Nr. 19 (mit Abb.). Hermann Gerlinger, Katja Schneider (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Bestandskatalog Sammlung Hermann Gerlinger, Halle (Saale) 2005, S. 290, SHG-Nr. 655, und S. 285, SHG-Nr. 641. Die Gründung E. L. Kirchner, Fritz Bleyl, Erich Heckel und Karl Schmidt-Rottluff gründen die Künstlergruppe 'Die Brücke'. Sie arbeiten gemeinsam im Zimmer von E. L. Kirchner und in dem Wohnatelier von Heckel in der Berliner Straße in Dresden. 'Mit dem Glauben an Entwicklung an eine neue Generation der Schaffenden wie der Geniessenden rufen wir alle Jugend zusammen und als Jugend, die die Zukunft trägt, wollen wir uns Arm: und Lebensfreiheit verschaffen gegenüber den wohlangesehenen, älteren Kräften. Jeder gehört zu uns der unmittelbar und unverfälscht wiedergibt, was ihn zum Schaffen draengt.' In Zusammenhang mit der Mitgliederwerbung schneidet Ernst Ludwig Kirchner das 'Programm' 1906 auch in einen Holzstock. Die Gestaltung von Textelementen wird zu einem wichtigen Aspekt ihrer Vermittlung und Vermarktung. Hierzu gehört auch ein spezifisches, wiedererkennbares Schriftbild. Hierfür kreiert Kirchner mit diesem ersten Text-Holzschnitt auch eine erste Schrifttype mit einfacher, dekorativer Wirkung und formuliert mit einzelnen Versalien den schon bekannten Text in fortlaufendem Rhythmus, achtet dabei penibel auf die Syntax. Eine nicht minder auffallende Lösung entwickelt Kirchner mit der Eingangsinitiale 'M': Nicht nur kann der Künstler hier sein Monogramm 'verstecken', auch wiederholt er an dieser Stelle die hockende Figur aus der Titelvignette des Programmblattes (S.17). [MvL] Aufrufzeit: 10.12.2022 - ca. 16.34 h +/- 20 Min. Dieses Objekt wird regel- oder differenzbesteuert angeboten.ENGLISH VERSIONErnst Ludwig Kirchner 1880 Aschaffenburg - 1938 Davos Programm der Künstlergruppe 'Brücke' / Topfmarkt. 1906. Woodcut. Gercken A-28. Dube 696 / verso: Gercken 103. Dube 39. Monogrammed in upper left of printing block. With the stamp of Walter Kirchner (Lugt 1570 a), the artist's brother, and inscribed by a hand other than that of the artist. One of 11 known copies and one of four known copies. 15.2 x 7.5 cm (5.9 x 2.9 in). Topfmarkt: 13,5 x 13,7 cm (5,3 x 5,4 in). Sheet: 25,5 x 18,6 cm (10 x 7,3 in). [SM]. • This is only the second time that a copy of the 'Brücke' program is offered on the international auction market (source: artprice.com). • Only four copies of 'Topfmarkt' are known. • Hand-printed by the artist. PROVENANCE: Walter Kirchner, Berlin (1947, with the stamp Lugt 1570a). Galerie Henze & Ketterer, Wichtrach/Bern (2003, with the label on the mount). Collection Hermann Gerlinger, Würzburg (acquired from the above in 2003, with the collector's stamp Lugt 6032). EXHIBITION: Expressiv! Die Künstler der Brücke. Die Sammlung Hermann Gerlinger, Albertina, Vienna, June 1 - August 26, 2007, cat. no. 116, p. 402. Kunstmuseum Moritzburg, Halle an der Saale (permanent loan from the Collection Hermann Gerlinger, 2001-2017). Buchheim Museum, Bernried (permanent loan from the Collection Hermann Gerlinger, 2017-2022). LITERATURE: Hans Bolliger, E. W. Kornfeld, Ausstellung Künstlergruppe Brücke. Jahresmappen 1906-12, Bern 1958, p. 24, no. 29b (with illu. in the text, different copy). Simone Füredi, Ernst Ludwig Kirchner. Der frühe Holzschnitt 1904 bis 1908 (catalog of Galerie Henze & Ketterer Wichtrach, no. 70), Wichtrach et al, 2003, no. 19 (with illu.). Hermann Gerlinger, Katja Schneider (eds.), Die Maler der Brücke. Inventory catalog Collection Hermann Gerlinger, Halle (Saale) 2005, p. 290, SHG no. 655, and p. 285, SHG no. 641. The foundation E. L. Kirchner, Fritz Bleyl, Erich Heckel and Karl Schmidt-Rottluff founded the artists' group 'Die Brücke'. They woredk together in E. L. Kirchner's room and in Heckel's residential studio on Berliner Straße in Dresden. 'With the belief in the development of a new generation of art creators as well as art lovers, we summon all youth and as youth, who bear the future, we want to gain freedom from the established forces. Everyone expressing an urge to create, directly and unadulteratedly, is one of us.' In connection with the recruitment of members, Ernst Ludwig Kirchner also cut the 'Program' in wood in 1906. The design of text elements becomes an important aspect of communication and marketing. This includes a specific, recognizable typeface. For this purpose, with this first text woodcut, Kirchner also created a first typeface with a simple, decorative effect and formulated the already familiar text with individual capitals in a continuous rhythm, paying meticulous attention to syntax. Kirchner developed a no less striking solution with the opening initial 'M': Not only can the artist 'hide' his monogram here, but he also repeats the squatting figure from the title vignette of the program sheet here. (p.17). [MvL] Called up: December 10, 2022 - ca. 16.34 h +/- 20 min. This lot can be purchased subject to differential or regular taxation.

Lot 412

Erich Heckel 1883 Döbeln/Sachsen - 1970 Radolfzell/Bodensee und Ernst Ludwig Kirchner – Jahresbericht von 1911/12. 1912. 8 Seiten, davon 4 Seiten Text, je ein Holzschnitt auf der Titelseite und auf der letzten Innenseite des Berichts gedruckt. Holzschnitte im Stock monogrammiert. Auf Werkdruckpapier. Jahresbericht: 19,2 x 12,6 cm (7,5 x 4,9 in). Erich Heckel: Titelholzschnitt (Ebner/Gabelmann 543 H. Dube H 229. Bolliger 40 a): 10 x 7,2 cm (3,9 x 2,8 in). Ernst-Ludwig Kirchner: Akte in Landschaft (nicht bei Schiefler. Dube H 204. Bolliger 40 b): 10 x 6,9 cm (3,9 x 2,7 in). [KT]. • Letzter Jahresbericht vor der Auflösung der 'Brücke' im Mai 1913. • Mit den beiden rahmenden Holzschnitten von Heckel und Kirchner gilt dieser als der künstlerisch wichtigste der insgesamt fünf verschickten Jahresberichte. • Die Holzschnitte vereinen zwei zentrale 'Brücke'-Motive: Akt im Atelier und Akt in der Landschaft. • Weitere der wenigen bekannten Exemplare befinden sich im Brücke-Museum, Berlin, in der Staatsgalerie Stuttgart sowie im Brooklyn Museum, New York. PROVENIENZ: Sammlung Hermann Gerlinger, Würzburg (mit dem Sammlerstempel Lugt 6032). AUSSTELLUNG: Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum Schloss Gottorf, Schleswig (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 1995-2001). Kunstmuseum Moritzburg, Halle an der Saale (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2001-2017). Buchheim Museum, Bernried (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2017-2022). Erich Heckel. Einfühlung und Ausdruck, Buchheim Museum, Bernried, 31.10.2020-7.3.2021, S. 182 (m. Abb.). LITERATUR: Hans Bolliger, E. W. Kornfeld (Hrsg.), Ausstellung Künstlergruppe Brücke. Jahresmappen 1906-1912, Bern 1958, S. 26, Nr. 40a, 40b (m. Abb.). Hans Bolliger, Die Publikationen und Dokumente der Künstlergruppe „Brücke“, in: Philobiblon, Jg. III, Heft 1, März 1959, S. 41-71, Nr. 35 a, 35 b (m. Abb.). Annemarie und Wolf-Dieter Dube, Erich Heckel: Das graphische Werk, Bd. I Holzschnitte, New York 1964, Nr. 229 (m. Abb.). Annemarie und Wolf-Dieter Dube, Ernst Ludwig Kirchner: Das graphische Werk, München 1967, Nr. H 204 (m. Abb.). Hans Bolliger, Die Publikationen und Dokumente der Künstlergruppe „Brücke“, in: Die Jahresmappen der „Brücke“ 1906-1912, hrsg. von Magdalena Moeller, Ausst.-Kat. Brücke-Museum Berlin, Berlin 1989, S. 12-31 (m. Abb. S. 24). Heinz Spielmann (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Sammlung Hermann Gerlinger, Stuttgart 1995, S. 121, SHG-Nr. 84 a, 84 b (m. Abb.). Meike Hoffmann, Leben und Schaffen der Künstlergruppe „Brücke“ 1905 bis 1913, mit einem kommentierten Werkverzeichnis der Geschäfts- und Ausstellungsgrafik, Berlin 2005, S. 298. Hermann Gerlinger, Katja Schneider (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Bestandskatalog Sammlung Hermann Gerlinger, Halle (Saale) 2005, S. 184, SHG-Nr. 413a, 413b, S. 324, SHG-Nr. 733 (m. Abb.). Renate Ebner, Andreas Gabelmann, Erich Heckel. Werkverzeichnis der Druckgraphik, Bd. I 1903-1913, München 2021, S. 338, Nr. 543 H (m. Abb.). Der Jahresbericht für 1912 ist dieses Mal als ein Heft von acht Seiten angelegt. Den vier Textseiten ist ein Holzschnitt von Erich Heckel vorangestellt: Unter dem Titel '1911 Brücke 1912' betritt ein Frauenakt durch einen Vorhang einen Raum mit Stuhl. Ein Holzschnitt mit Badenden auf der Insel Fehmarn von Ernst Ludwig Kirchner beschließt den Bericht. Erstmals gestalteten zwei der Künstler den Jahresbericht. Die Motive beider Künstler nehmen wie üblich Bezug zu den zentralen 'Brücke'-Themen (Akt im Atelier und Akt in der Landschaft) und demonstrieren das aktuelle Ausdruckswollen der jeweiligen Künstler. Gleich zu Beginn des Berichts wird auf die in Vorbereitung befindliche Ausstellung bei Fritz Gurlitt in Berlin hingewiesen, die anschließend im Juni in Frankfurt a. M., in Hamburg (Galerie Commeter) und in der Schweiz gezeigt werden soll. Der Katalog (S. 94) erhält wie schon ausgeführt mit dem Katalog der Galerie Arnold in Dresden im Jahr 1910 (S. 86) Holzschnitte von aktuell ausgestellten Gemälden der Künstler. Und es wird auf die Organisation und Beteiligung der Künstler an der international bestückten Sonderbund-Ausstellung in Köln im Sommer 1912 hingewiesen. Außerdem wird das Erscheinen einer Chronik der Künstlergruppe 'Brücke' angekündigt: Die 'ganze Bewegung' soll darin geschildert und mit 'zahlreichen Abbildungen und Originaldrucken' von den Künstlern ausgestattet erscheinen. [MvL] Aufrufzeit: 10.12.2022 - ca. 16.46 h +/- 20 Min. Dieses Objekt wird regel- oder differenzbesteuert angeboten, Folgerechtsvergütung fällt an.

Lot 480

Ernst Ludwig Kirchner 1880 Aschaffenburg - 1938 Davos Heckel mit blauem Hut. Um 1909. Farbige Kreidezeichnung. Verso mit dem Nachlassstempel des Kunstmuseums Basel (Lugt 1570 b) und der handschriftlichen Registriernummer 'FS Dre/Bf 6'. Auf festem Velin. 36,3 x 41 cm (14,2 x 16,1 in), Blattgröße. Verso die Tuschfederzeichnung eines auf einem afrikanischen Hocker sitzenden weiblichen Aktes, 'Sitzender Akt auf Schemel', um 1909. [CH] . • 1969 auf der ersten Kirchner-Ausstellung in London gezeigt. • Beidseitig bemaltes Blatt: verso mit einer feinen Tuschfederzeichnung eines sitzenden weiblichen Aktes. • Im Zuge der Aufenthalte der 'Brücke'-Künstler an den Moritzburger Seen (1909–1911) entstehen besonders innovative, ausdrucksstarke und für den Expressionismus richtungsweisende Arbeiten. Die Arbeit ist im Ernst Ludwig Kirchner Archiv, Wichtrach/Bern, dokumentiert. PROVENIENZ: Nachlass des Künstlers (Davos 1938, Kunstmuseum Basel 1946). Stuttgarter Kunstkabinett Roman Norbert Ketterer, Stuttgart (1954). Galerie Nierendorf, Berlin (1969-1971). Sammlung Hermann Gerlinger, Würzburg (1971 vom Vorgenannten erworben, mit dem Sammlerstempel Lugt 6032). AUSSTELLUNG: E. L. Kirchner zum fünfundzwanzigsten Todestag, Galerie Nierendorf, Berlin, 18.6.-17.10.1963, Kat-Nr. 56 (m. d. Titel 'Exote auf gelber Decke'). Kirchner 1880-1938. Oils, Watercolors, Drawings and Graphics, Marlborough Fine Art, London, Juni-Juli 1969, Kat.-Nr. 25 (m. d. Titel 'Exote auf gelber Decke', m. Abb.). Fünfzig Jahre Galerie Nierendorf 1920-1970. Rückblick, Dokumentation (Jubiläumsausstellung), Berlin 1970, Kat.-Nr. 453 (m. Abb.). Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum, Schloss Gottorf, Schleswig (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 1995-2001). Die Brücke in Dresden 1905-1911, Galerie Neue Meister, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, 20.10.2001-6.1.2002, Kat.-Nr. 300 (m. Farbabb.). Kunstmuseum Moritzburg, Halle an der Saale (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2001-2017). Das andere Ich. Porträts 1900-1950. Aus den Sammlungen der Staatlichen Galerie Moritzburg, Halle, und der Sammlung Hermann Gerlinger, Staatliche Galerie Moritzburg, Halle (Saale), 6.4-15.6.2003, Kat.-Nr. 128. Die Brücke und die Moderne 1904-1914, Bucerius Kunst Forum, Hamburg, 17.10.2004-23.1. 2005, Kat.-Nr. 136 (m. Abb.). Expressiv! Die Künstler der Brücke. Die Sammlung Hermann Gerlinger, Albertina Wien, 1.6.-26.8.2007, Kat.-Nr. 132 (m. Abb.). Buchheim Museum, Bernried (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2017-2022). Kirchners Badende. Einheit von Mensch und Natur, KirchnerHAUS Museum, Aschaffenburg, 16.10.2021-16.1.2022, Kat.-Nr. 6 (m. Abb.). LITERATUR: Künstler der Brücke an den Moritzburger Seen 1909-1911. Erich Heckel, Ernst Ludwig Kirchner, Max Pechstein. Ein Beitrag zur Geschichte der Künstlergruppe Brücke, Brücke-Museum Berlin, 1.10.-15.12.1970, S. 20 (m. Abb., Nr. 13). Heinz Spielmann (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Sammlung Hermann Gerlinger, Stuttgart 1995, S. 144, SHG-Nr. 129 (m. Abb., S. 145). Hermann Gerlinger, Katja Schneider (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Bestandskatalog Sammlung Hermann Gerlinger, Halle (Saale) 2005, S. 303, SHG-Nr. 688 (m. Abb.). Bereits 1905 gründet E. L. Kirchner gemeinsam mit Erich Heckel, Karl Schmidt-Rottluff und Fritz Bleyl die Künstlergruppe 'Brücke'. In Ablehnung eines klassischen Kunststudiums studieren die Freunde und ehemaligen Architekturstudenten stattdessen die moderne Kunst ihrer Zeit und widmen sich als Autodidakten dem reinen Naturstudium, ohne sich von den traditionellen akademischen Lehren beeinflussen zu lassen. In dieser so bedeutenden, richtungsweisenden Zeit – der Geburtsstunde des Expressionismus – steht insbesondere die Darstellung des Menschen im Fokus der jungen Maler. So zeigt auch die Rückseite des Blattes die Skizze eines auf einem afrikanischen Hocker (Leopardenhocker aus dem Nachlass Ernst Ludwig Kirchners, Bamileke, Babanki-Tungo-Region, Kamerun, vor 1910, Bündner Kunstmuseum, Chur) sitzenden weiblichen Aktes. Doch nicht nur im Atelier in Dresden-Friedrichstadt widmet man sich in schnellen, dynamischen Zeichnungen allem voran dem Studium von Akten, sondern auch in der freien Natur. 1909 verbringt Kirchner mit seinen Künstlerkollegen die langen Sommertage erstmals an den Moritzburger Seen, unweit von Dresden. Mit dem gleichen Schaffensdrang wie im Dresdener Atelier skizziert er auch hier die sich unbekleidet am Wasser tummelnden Badenden in natürlichen, ungezwungenen Posen. In dieser Zeichnung verewigt Kirchner die unbefangene und entspannte Nacktheit seines nur mit einem Hut bekleideten Künstlerkollegen Erich Heckel. Entspannt sitzt dieser im lockeren Schneidersitz im hellgrünen Gras auf einer Decke. Treffend gibt Kirchner die Gesichtszüge des Freundes wieder, setzt ihm als Farbtupfer einen strahlend-blauen Sommerhut auf und deutet in der rechten oberen Ecke ein wenig Vegetation an. In ebendiesen und auch in den darauffolgenden Jahren wird der Akt in der freien Natur eine der wichtigen Inspirationsquellen beider 'Brücke'-Künstler und gilt heute als eines der charakteristischen Motive ihres expressionistischen Schaffens. [CH] Aufrufzeit: 10.12.2022 - ca. 18.16 h +/- 20 Min. Dieses Objekt wird regel- oder differenzbesteuert angeboten.

Lot 453

Ernst Ludwig Kirchner 1880 Aschaffenburg - 1938 Davos Sitzende Frau in Corsett. Um 1913. Bleistiftzeichnung und Aquarell. Rechts unten signiert und datiert. Verso datiert und betitelt sowie mit dem Nachlassstempel des Kunstmuseums Basel (Lugt 1570 b) und der handschriftlichen Nummerierung 'A Be/Bg 3'. Auf festem Velin. 56,4 x 36,5 cm (22,2 x 14,3 in), blattgroß. [CH]. Verso mit Bleistiftzeichnung eines knienden weiblichen Akts, nahezu blattgroß, um 1911. • Beidseitig bemaltes Blatt: verso mit der Bleistiftzeichnung eines weiblichen Akts. • Aus der besten Zeit der gesuchten Berliner Jahre. • Mit schnellen, selbstbewusst gesetzten Strichen versieht Kirchner eine intime Atelierszene mit bewusst provokant-erotischer Ausstrahlung. • Spannungsreiche Verknüpfung von Akt und Interieur, Aufsicht und Frontalperspektive sowie einem Verschwimmen von Vorder- und Hintergrund. Die Arbeit ist im Ernst Ludwig Kirchner Archiv, Wichtrach/Bern, dokumentiert. PROVENIENZ: Nachlass des Künstlers (Davos 1938, Kunstmuseum Basel 1946). Sammlung Hermann Gerlinger, Würzburg (mit dem Sammlerstempel Lugt 6032, 2002 erworben, Villa Grisebach, Berlin). AUSSTELLUNG: Kunstmuseum Moritzburg, Halle an der Saale (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, bis 2017). Expressiv! Die Künstler der Brücke. Die Sammlung Hermann Gerlinger, Albertina Wien, 1.6.-26.8.2007, Kat.-Nr. 159 (m. Abb.) Buchheim Museum, Bernried (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2017-2022). LITERATUR: Kornfeld und Klipstein, Bern, Moderne Kunst des neunzehnten und zwanzigsten Jahrhunderts, 8. und 9.6.1977, Los 392 (m. Abb.). Villa Grisebach, Berlin, Ausgewählte Werke, 29.11.2002, Los 28 (m. Abb.). Hermann Gerlinger, Katja Schneider (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Bestandskatalog Sammlung Hermann Gerlinger, Halle 2005, S. 335, SHG-Nr. 754 (jeweils m. Abb.). Katja Schneider (Hrsg.), Moderne und Gegenwart. Das Kunstmuseum in Halle, Stiftung Moritzburg, Kunstmuseum des Landes Sachsen-Anhalt, Halle (Saale) 2008 (m. Abb.). 1911 übersiedelt E. L. Kirchner in die Großstadt Berlin. Die noch junge Metropole hatte sich zu dieser Zeit bereits zu einem der aufregendsten kulturellen Zentren in Deutschland entwickelt und zieht so u. a. auch den jungen Kirchner und seine 'Brücke'-Kollegen in ihren Bann. In seinen Wohnateliers in der Durchlacher Straße in Berlin-Wilmersdorf und später in der Körnerstraße in Berlin-Friedenau verarbeitet Kirchner fortan die Eindrücke seines neuen Wohnorts. Auf Streifzügen durch die Straßen Berlins begegnet ihm das pralle Leben, eine ganz besondere Großstadt-Atmosphäre, das nächtliche Treiben der vergnügungssüchtigen Berliner auf den Boulevards, ihr mondäner Wohlstand, aber auch die dunkleren Seiten des Großstadtlebens, die Prostitution, die zunehmende Anonymität und Schnelllebigkeit der auf engem Raum lebenden großen Vielzahl von Menschen. Der Lärm und die Schnelllebigkeit der Großstadt überfordern Kirchner häufig, im Atelier kann er sich auf das konzentrieren, was ihn beglückt: seine Kunst. Mittelpunkt ist und bleibt dabei häufig der Mensch, insbesondere die weibliche Figur und der weibliche Akt. Unser Blatt zeigt gleich beides: Während sich Kirchner auf der ausgearbeiteten Vorderseite einer nur mit Korsett und Strümpfen bekleideten koketten Dame widmet, entdeckt man auf der Rückseite zudem eine spontane Bleistiftzeichnung eines knienden weiblichen Aktes. Wie schon während der Anfänge der Künstlergruppe 'Brücke' in Dresden spielt das Atelier des Künstlers auch in Berlin eine übergeordnete Rolle im Alltag des Malers: Es ist zugleich Rückzugsort und Inspirationsquelle. Das zum Teil selbst gestaltete Interieur ist in Kirchners Werken sehr häufig Teil der Darstellung. In der hier angebotenen Darstellung ist die spärlich bekleidete weibliche Figur das zentrale Motiv, um das die nur flüchtig angedeuteten Einrichtungsgegenstände als Staffage, als Farbtupfer und visuell interessante Formenvielfalt im Hintergrund angeordnet werden. Der gelbe Teppich, in zahlreichen Darstellungen und Gemälden dieser Zeit zu entdecken, wird in direkter Aufsicht gezeigt, ein zweiter Teppich und ein kleines Tischchen bilden den Hintergrund der auf dem Bett sitzenden Frauenfigur, die alle Blicke auf sich zieht. Ihre Frisur weist sie als moderne Frau der unmittelbar bevorstehenden Roaring Twenties aus, doch ihr fast zurückhaltend gesenkter Blick kollidiert mit der provokant-aufreizenden Aufmachung. So offenbart die Darstellung mit ihrem schwungvollen Strich und dem nah herangerückten Bildausschnitt nicht nur eine Gleichzeitigkeit von Intimität, Sinnlichkeit und Provokation, sondern zeigt den großartigen Zeichner E. L. Kirchner hier auf dem Höhepunkt seines künstlerischen Schaffens. [CH] Aufrufzeit: 10.12.2022 - ca. 17.40 h +/- 20 Min. Dieses Objekt wird regel- oder differenzbesteuert angeboten.

Lot 422

Hermann Max Pechstein 1881 Zwickau - 1955 Berlin Einladungskarte II: 'Holzschnitt = Ausstellung I der Künstlergruppe Brücke'. 1906. Holzschnitt. Krüger H 17. Signiert. Auf grauem, dünnem Karton. 8 x 10,2 cm (3,1 x 4 in). Papier: 9 x 11,3 cm (3,5 x 4,4 in). Einladungskarte für die erste Holzschnitt-Ausstellung der 'Brücke' in der Lampenfabrik K. M. Seifert, Dresden-Löbtau, Dezember 1906 bis Januar 1907. [EH]. • Mit dieser Ausstellung bekennen sich die 'Brücke'-Künstler zum Holzschnitt. • Erstmals auf dem internationalen Kunstmarkt angeboten (Quelle: artprice.com). PROVENIENZ: Sammlung Hermann Gerlinger, Würzburg (mit dem Sammlerstempel Lugt 6032). AUSSTELLUNG: Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum Schloss Gottorf, Schleswig (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 1995-2001). Kunstmuseum Moritzburg, Halle an der Saale (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2001-2017). Buchheim Museum, Bernried (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2017-2022). LITERATUR: Heinz Spielmann (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Sammlung Hermann Gerlinger, Stuttgart 1995, S. 100, SHG-Nr. 39b. Hermann Gerlinger, Katja Schneider (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Bestandskatalog Sammlung Hermann Gerlinger, Halle (Saale) 2005, S. 383, SHG-Nr. 845. Kurz nach der ersten Gruppenausstellung der 'Brücke' im Mustersaal der Lampenfabrik von Karl Max Seifert in der Gröbelstaße in Dresden-Löbtau erhalten die 'Brücke'-Künstler eine weitere Möglichkeit, die Wände der Schauräume zu gestalten. Dieses Mal mit Holzschnitten der 'Brücke'-Künstler und geladenen Gästen: Wassily Kandinsky, Wilhelm Laage, Hans Neumann, Gudmund H. P. Hentze, Axel Gallen-Kallela und Kristian Kogstad-Rasmussen. Max Pechstein gestaltet eine Einladungskarte mit Hinweis auf das zu erwartende ausgestellte Genre, aber ohne Nennung etwa des Ortes der Ausstellung. Man kann vermuten, es handle sich hier um eine erste Idee, die allerdings keine weitere Aufnahme erfährt. Das Motiv zeigt einen bärtigen Kopf mit Heiligenschein auf Palette und verweist damit auf die St. Lukasgilde. Der heilige Lukas, der der Legende nach als erster Maria mit dem Kind porträtiert, wird vor gut 800 Jahren zum Patron der Maler erkoren. 1809 wird in Wien und später in Rom von deutschen Künstlern der Lukasbund geschlossen, die als 'Nazarener' eine religiös-romantische Kunstrichtung im 19. Jahrhundert vertreten. Mit diesem von Pechstein gewählten Motiv lässt sich eine absichtsvolle Beziehung herstellen zu Künstler-Bünden, wie ihn die Künstlergruppe 'Brücke' mit ihrer Gemeinsamkeit verwirklichen möchte. [MvL] Aufrufzeit: 10.12.2022 - ca. 16.59 h +/- 20 Min. Dieses Objekt wird regel- oder differenzbesteuert angeboten, Folgerechtsvergütung fällt an.ENGLISH VERSIONHermann Max Pechstein 1881 Zwickau - 1955 Berlin Einladungskarte II: 'Holzschnitt = Ausstellung I der Künstlergruppe Brücke'. 1906. Woodcut. Krüger H 17. Signed. On thin gray cardboard. 8 x 10.2 cm (3.1 x 4 in). Sheet: 9 x 11,3 cm (3,5 x 4,4 in). Invitation card for the first exhibition of 'Brücke' woodcuts at the lamp factory of K. M. Seifert, Dresden-Löbtau, December 1906 and January 1907. [EH]. • With this exhibition the 'Brücke' artists professed to the woodcut. • For the first time on the international art market (source: artprice.com). PROVENANCE: Collection Hermann Gerlinger, Würzburg (with the collector's stamp Lugt 6032). EXHIBITION: Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum Schloss Gottorf, Schleswig (permanent loan from the Collection Hermann Gerlinger, 1995-2001). Kunstmuseum Moritzburg, Halle an der Saale (permanent loan from the Collection Hermann Gerlinger, 2001-2017). Buchheim Museum, Bernried (permanent loan from the Collection Hermann Gerlinger, 2017-2022). LITERATURE: Heinz Spielmann (ed.), Die Maler der Brücke. Sammlung Hermann Gerlinger, Stuttgart 1995, p. 100, SHG no. 39b. Hermann Gerlinger, Katja Schneider (eds.), Die Maler der Brücke. Inventory catalog Collection Hermann Gerlinger, Halle (Saale) 2005, p. 383, SHG no. 845. Shortly after the first group exhibition of the 'Brücke' at Karl Max Seifert's lamp factory on Gröbelstaße in Dresden-Löbtau, the 'Brücke' artists had another opportunity to design the walls of the showrooms. This time with woodcuts by the 'Brücke' artists and invited guests: Wassily Kandinsky, Wilhelm Laage, Hans Neumann, Gudmund H. P. Hentze, Axel Gallen-Kallela and Kristian Kogstad-Rasmussen. Max Pechstein designed an invitation card with reference to the expected genre on display, but without naming, for example, the place of the exhibition. One can assume that this was just an initial idea that was not pursued any further. The motif shows a bearded head with halo on palette, referring to the St. Luke's Guild. St. Luke, who according to legend was the first to portray Mary with the Child, was chosen as the patron saint of painters around 800 years ago. In 1809, in Vienna and later in Rome, the Lukasbund was formed by German artists who, as 'Nazarenes', represented a religious-romantic art movement in the 19th century. With this motif Pechstein made reference to artist alliances and reflects the idea of communality that the artists of the 'Brücke' group also stood for. [MvL] Called up: December 10, 2022 - ca. 16.59 h +/- 20 min. This lot can be purchased subject to differential or regular taxation, artist´s resale right compensation is due.

Lot 479

Ernst Ludwig Kirchner 1880 Aschaffenburg - 1938 Davos Cancan-Tänzerin. 1909. Farbige Kreide und Bleistift. Auf dünnem Velin. 13 x 9 cm (5,1 x 3,5 in), Blattgröße. [CH]. • Spontan-momenthafte, besonders dynamische Skizze aus der Dresdener 'Brücke'-Zeit. • Im Tanzcafé, Varieté, Theater und im Zirkus studiert Kirchner die schnellen Bewegungsabläufe und bannt sie in in mutigen Strichen aufs Papier. • Das gleiche Motiv findet sich im selben Jahr noch einmal auf einer bemalten Postkarte an Erich Heckel wieder, auf der Kirchner auch den Namen der französischen Tänzerin, Liane d'Eve, festhält. Wir danken Herrn Prof. Dr. Dr. Gerd Presler für die Hinweise und die Unterstützung bei der Bearbeitung dieses Werkes. PROVENIENZ: Sammlung Hermann Gerlinger, Würzburg (mit dem Sammlerstempel Lugt 6032). AUSSTELLUNG: Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum, Schloss Gottorf, Schleswig (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 1995-2001). Frauen in Kunst und Leben der 'Brücke', Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum Schloss Gottorf, Schleswig, 10.9.-5.11.2000, Kat.-Nr. 60 (m. Abb., S. 145). Kunstmuseum Moritzburg, Halle an der Saale (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2001-2017). Buchheim Museum, Bernried (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2017-2022). LITERATUR: Heinz Spielmann (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Sammlung Hermann Gerlinger, Stuttgart 1995, S. 143, SHG-Nr. 124 (m. Abb.). Hermann Gerlinger, Katja Schneider (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Bestandskatalog Sammlung Hermann Gerlinger, Halle (Saale) 2005, S. 302, SHG-Nr. 684 (m. Abb.). Zu der erwähnten Postkarte mit dem Motiv der Can-Can-Tänzerin: Roman Norbert Ketterer (Hrsg.), E. L. Kirchner, Postkarten und Briefe an Erich Heckel im Altonaer Museum in Hamburg, Köln 1984, Kat.-Nr. 17, S. 42f. u. 224. 'Kein Thema hat Kirchner – vor allem in den Skizzenbüchern – kontinuierlicher verfolgt.' Prof. Dr. Dr. Gerd Presler, Werkverzeichnisverfasser der Skizzenbücher Ernst Ludwig Kirchners über den Tanz als Motiv in Kirchners Œuvre, zit. nach: Ausst.-Kat. Kirchners Kosmos: Der Tanz, KirchnerHAUS Aschaffenburg, 21.9.-30.12.2018, S. 15. Wieder ist man gefangen von der Realistik durch das leichte, geradezu immaterielle Spiel der Linien, Schraffuren und Farbsetzungen. Kirchner sieht den Körper der Tänzerin in einem ausklingenden Höhepunkt der Bewegung, zeigt gleichsam ein Verharren zwischen Aufschwung und Ausklingen der Spannung, jener winzige Moment, in dem die Tanzbewegung eine Vollendung findet. Die Tänzerin verharrt einen kleinen, unmerklichen Augenblick und schwebt auf der Bühne, als stehe die Zeit still. Der Tanz, vor allem der erotische Tanz, fasziniert Kirchner. Körperliche Vitalität öffnet sich selbstergeben und zeigt sich unverfälscht ihrem Betrachter. In der temporeichen Bewegung des frivolen Cancans hebt sich ihr Rock und gibt den Blick frei auf die gerüschte Unterwäsche. Kirchner gibt uns das Gefühl, an seinem aufregenden Abend mit wirbelndem Tanz und aufreibender Musik teilzuhaben. Nicht nur mit dieser körnigen, spröden Farbkreidezeichnung würdigt Kirchner die Darbietung im Varieté. So entstehen Kreidezeichnungen von dieser oder jener Tänzerin im gleichen, schnellen Duktus, um nicht eine der choreografisch anspruchsvollen Posen zu verpassen. Wer ist die Tänzerin, die Kirchner wohl in den einschlägigen Etablissements Central-Theater und Victoria-Salon nahe dem Dresdner Altmarkt bewundert? [MvL] Im November 1909 tritt die Sängerin und Tänzerin Liane d'Eve aus Paris im Victoria-Salon in der Waisenhausstraße in Dresden auf. Kirchner besucht eine Vorstellung. Dabei entsteht die vorliegende Zeichnung. Auffälliges Kennzeichen: ein großkariertes Unter-Kostüm. Am 16. des Monats sendet Kirchner eine bemalte Postkarte, abgestempelt in Dresden/Altstadt am 16. 11.09 (Tuschfeder und farbige Kreiden, 14 x 8,9 cm) mit demselben Motiv an Erich Heckel, der zu diesem Zeitpunkt in Dangast/Varel/Oldenburg an der Nordsee arbeitet. Kirchner schreibt: 'Liane d' Eve etoile parisienne. Kolossal raffinierte Ausstattung. Comment cela vas-tu? chez [je] sais wie viel die Maler Pariser sind wie Matisse etc. Gruß D. Ernst'. Wie sehr Kirchner beeindruckt war von den Bewegungen der Cancan-Tänzerin zeigt auch eine Radierung, die Kirchner zu Beginn des Jahres 1910 schuf (Schiefler 113, Dube 93). [Prof. Dr. Dr. Gerd Presler] Aufrufzeit: 10.12.2022 - ca. 18.15 h +/- 20 Min. Dieses Objekt wird regel- oder differenzbesteuert angeboten.

Lot 415A

Holbeinplatz Dresden'. 1906. Lithografie. Schapire L 8. Söhn HDO 212-3. Signiert und im Druckstock monogrammiert. Auf Velin. 22,6 x 35,7 cm (8,9 x 14,1 in). Papier: 54,2 x 39 cm (21,3 x 15,4 in).MAPPENWERKEDie Blätter der folgenden Mappenwerke werden auf Wunsch zunächst einzeln unter Vorbehalt und im Anschluss als gesamtes Mappenwerk aufgerufen.1. Ist das Gebot für das Mappenwerk höher als die Summe der Einzelzuschläge (bei unverkauften gilt der Aufrupreis alsZuschlag) werden die Einzelzuschläge gelöscht und die gesamte Mappe an den Höchstbietenden verkauft.2. Gibt es kein Höchstgebot für das gesamte Mappenwerk, werden die Vorbehalte zugunsten des einzelnen Blattes aufgelöst und das Blatt dem Einzelbieter zugeschlagen.Alle folgenden Lose werden regel- oder differenzbesteuert angeboten, Folgerechtsvergütung fällt an.Die detaillierte Katalogisierung der Mappenwerke und enthaltenen Einzelblätter finden Sie unter: www.kettererkunst.de.

Lot 507

Alexej von Jawlensky 1864 Torschok - 1941 Wiesbaden Variation: Kühler Frühling. 1916. Öl auf strukturiertem Papier, fest auf Pappe aufgelegt. Jawlensky/Pieroni-Jawlensky 799. Links unten monogrammiert sowie unten mittig schwer leserlich bezeichnet und datiert „St. Prex 1915“. Verso signiert, datiert, betitelt und bezeichnet „St. Prex 1916 N. 79“. 36,1 x 27 cm (14,2 x 10,6 in). Unterlagekarton: 50,2 x 39,4 cm (19,8 x 15,5 in). [AM]. • Aus Jawlenskys wichtiger erster Werkreihe, der auf dem internationalen Markt begehrten Serie „Variation über ein landschaftliches Thema“. • Wirkmächtige, kühltonige Arbeit von lichter Expressivität. • Besonders lebendige unter den Kompositionen Jawlenskys aus seiner Zeit im schweizerischen Exil. PROVENIENZ: Nachlass des Künstlers. Galerie Beyeler, Basel (direkt vom Vorgenannten, verso mit dem Etikett). Sammlung Stanley N. Barbee (1893-1968), Los Angeles (am 31.12.1963 erworben, verso mit dem handschriftlichen Verkaufsvermerk). Nachlass Stanley N. Barbee, Los Angeles und Honululu. Galerie Wilhelm Grosshennig, Düsseldorf. Dr. Max M. Stern (1895-1982), New York. Privatsammlung New York (durch Erbschaft erhalten). AUSSTELLUNG: Alexej Jawlensky, Galerie Emil Richter, Dresden 1922. Alexej von Jawlensky 1864-1941, Galerie Beyeler, Basel, 15.1.-28.2.1957, Kat. Nr. 45. Alexej von Jawlensky, Stephen Silagy Galleries, Los Angeles, 1958, Kat. Nr. 15. Deutsche und französische Kunstwerke des 20. Jahrhunderts, Galerie Wilhelm Grosshenning, Düsseldorf, 5.11.1973-28.2.1974, Farbabb. S. 19. Deutsche und französische Kunstwerke des 20. Jahrhunderts, Galerie Wilhelm Grosshenning, Düsseldorf 1974/75, Farbabb. S. 12. Deutsche und französische Kunstwerke des 20. Jahrhunderts, Galerie Wilhelm Grosshenning, Düsseldorf 1975/76, Farbabb. S. 36. LITERATUR: Clemens Weiler, Alexej Jawlensky, Köln 1959, S. 271, Nr. 621 (o. Abb.). Hauswedell & Nolte, Hamburg, 1960, Los 94 (mit Abb.). Clemens Weiler, zit. nach: Jawlensky, Köpfe, Gesichte, Meditationen, Hanau 1970, S. 155, Nr. 1220 (hier betitelt „Frühling“). „Ich fing an, meine sogenannten ‚Variationen über ein landschaftliches Thema', die ich vom Fenster sah, zu malen [..]. In harter Arbeit und mit größter Spannung fand ich nach und nach die richtigen Farben und Formen, um auszudrücken, was mein geistiges Ich verlangte. Jeden Tag malte ich diese farbigen Variationen, immer inspiriert von der jeweiligen Naturstimmung zusammen mit meinem Geist.“ Alexej von Jawlensky, Lebenserinnerungen, in: Clemens Weiler, Alexej Jawlensky. Köpfe, Gesichte, Meditationen, Hanau 1970, S. 116. Wie kaum eine andere Künstlerpersönlichkeit seiner Zeit hat Alexej von Jawlensky in variierender Wiederholung des gleichen Motivs eine Vervollkommnung unter verschiedenen zeitlich-emotionalen Sichtweisen angestrebt. Die große Anzahl an Meditationen in seine Œuvre ist ein augenscheinlicher Beleg dafür und auch die 1914 begonnenen „Variationen über ein landschaftliches Thema“, aus deren Reihen unsere Darstellung stammt, tragen diese Handschrift. Wie die Bezeichnung auf dem Werk verrät, entsteht es wie die gesamte Reihe in dem kleinen Dorf Saint-Prex am Genfer See. Als mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges alle russischen Staatsangehörigen Deutschland verlassen müssen, mietet sich Jawlensky mit seiner Familie durch Vermittlung eines Freundes ein kleines Häuschen in dem beschaulichen Ort. Ausgehend vom Blick aus dem Fenster der beengten neuen Wohnung malt er auf einem ganz bestimmten, leinenstrukturierten Papier die Variationen dessen, was er dort sieht. In seiner eigenen Art der Auseinandersetzung mit einem malerischen Problem entwickelt der dieses Motiv über Jahre hinweg mit großem Variantenreichtum weiter. Im Laufe der Zeit löst er sich dabei vom Gesehenen und der Orientierung an realer Form und Farbe, so dass die Variationen einen zunehmend „abstrakten“ Charakter erhalten. Bezüglich seiner entbehrungsreichen Situation während dieser Zeit im Exil hat Jawlensky rückblickend festgehalten: „Ich hatte etwas Farbe aber keine Staffelei. Ich fuhr nach Lausanne, zwanzig Minuten mit der Eisenbahn, und kaufte bei einem Photographen eine kleine Staffelei für vier Franken, eine Staffelei, auf die der Photograph seine Fotos stellte. Diese Staffelei war gar nicht zum Malen geeignet, aber ich habe mehr als zwanzig Jahre meine besten Arbeiten auf dieser kleinen Staffelei gemalt.“ (zit. nach: C. Weiler, 1970, S. 116). Auf dieser Staffelei mag auch unsere Darstellung entstanden sein, die im Vergleich zu vielen weiteren Arbeiten aus der Serie durch die verwendete, überwiegend kühltonige Farbpalette ihre besondere Ausdruckskraft erhält. Durch diese wirkungsvolle Farbgestaltung wie auch durch die Positionierung und Anlage der dargestellten Formgebilde zeigt sich Jawlenskys Bestreben auf eindrückliche Weise, seine Erinnerungen, Assoziationen und Empfindungen in den Variationen zu einem kraftvollen Ausdruck zu bringen. [AM] Aufrufzeit: 10.12.2022 - ca. 18.52 h +/- 20 Min. Dieses Objekt wird differenzbesteuert, zuzüglich einer Einfuhrumsatzabgabe in Höhe von 7 % (Ersparnis von etwa 5 % im Vergleich zur Regelbesteuerung) oder regelbesteuert angeboten (N).

Lot 344

Walter Leistikow 1865 Bromberg - 1908 Berlin Hafen. Um 1895. Öl auf Leinwand. Links unten signiert. Verso auf der Leinwand mit Künstlerbedarf-Stempel Hermann Neisch & Co, Dresden. Verso auf dem Keilrahmen verschieden handschriftlich und typografisch nummeriert, diverse alte bezeichnete sowie nummerierte Etiketten, u.a. Galerie Heinemann, Nr. 5070. 73 x 121 cm (28,7 x 47,6 in). PROVENIENZ: Galerie Paul Cassirer, Berlin. Galerie Heinemann, München (verso mit dem Etikett, Nr. 5070, in Kommission von Paul Cassirer, April 1905). Galerie Paul Cassirer, Berlin. Sammlung Dr. Ulrich Thieme, Leipzig (1908 vom Vorgenannten erworben). Privatsammlung Baden-Württemberg. AUSSTELLUNG: Leipziger Kunstverein, Nr. 3866 (verso mit dem Etikett). Walter Leistikow gilt als einer der prägendsten Künstler um die Jahrhundertwende, der in Berlin den Aufbruch in die Moderne wesentlich mitbereitet. Als er 1883 mit 17 Jahren das in der westpreußischen Provinz liegende Bromberg verlässt und an die Berliner Akademie kommt, wird er bereits nach einem halben Jahr dort wieder wegen „Talentlosigkeit“ entlassen, wie Lovis Corinth – mit dem er nach anfänglicher Antipathie eng befreundet ist – in seiner zwei Jahre nach Leistikows Tod erschienenen Biografie schreibt (Das Leben Walter Leistikows. Ein Stück Berliner Kunstgeschichte, Berlin: Cassirer 1910). Dies ist sicherlich als Verleihung eines antiakademischen Gütesiegels zu verstehen, das die Aufbruchsbewegungen der Moderne um 1900 kennzeichnet. Leistikow wendet sich schließlich an das private Atelier des norwegischen Landschaftsmalers der Düsseldorfer Schule Hans Gude. Seine ersten Motive sucht er sich im Berliner Umland sowie seiner pommerschen Heimat – sie sind ganz einem unaufgeregten, aufrichtigen Realismus verpflichtet, in dem jedoch bereits die fein getönten farblichen Stimmungen der späteren symbolistischen Zeit anklingen. 1892 ist Leistikow einer der Mitbegründer der Gruppe „Vereinigung der XI“, benannt lediglich nach der Anzahl ihrer Mitglieder und ohne Zwang eines künstlerischen Programms, die grundlegende Veränderungen im Ausstellungswesen bezüglich der von den Entscheidungen einer Jury bestimmten Auswahlkriterien fordern, 1903 engagiert er sich mit Harry Graf Kessler für die Gründung des Deutschen Künstlerbunds in Weimar. Einer der engsten Freunde Leistikows, der Schriftsteller und Journalist Theodor Wolff, charakterisiert seine Landschaften als „realistische Romantik“ - Ein realistischer Natureindruck liegt ihnen zwar zugrunde, über den hinaus der Maler aber sein Einfühlungsvermögen mit einfließen lässt und diese so in psychologisierte Stimmungslandschaften verwandelt. In seinem Enthusiasmus für die nördliche, symbolistisch beeinflusste Malerei etwa seines Freundes Edvard Munch, für den er sich bereits 1893 eingesetzt hatte, wird Leistikow zum Vertreter einer „nervösen Romantik“ (Hermann Bahr), deren Werke eine kontemplative, mystifizierte Seherfahrung bereithalten. Über den dunkel daliegenden Kanal wird der Blick Richtung Meer geführt, mit den dort anliegenden Booten und Segelschiffen - ungewöhnlich geheimnisvoll verborgen wird die Aussicht auf von den ruhig und voluminös aufgereihten Bäumen über denen in der Ferne die rosigen Wolkenformationen schweben. [KT] Aufrufzeit: 10.12.2022 - ca. 15.28 h +/- 20 Min. Dieses Objekt wird regel- oder differenzbesteuert angeboten.ENGLISH VERSIONWalter Leistikow 1865 Bromberg - 1908 Berlin Hafen. Um 1895. Oil on canvas. Lower left signed. Verso of the canvas with a stamp of the art supplies store Hermann Neisch & Co, Dresden. Verso of the stretcher with several numbers by hand and in typography, various old numbered and inscribed labels, e.g. of Galerie Heinemann, no. 5070. 73 x 121 cm (28.7 x 47.6 in). PROVENANCE: Galerie Paul Cassirer, Berlin. Galerie Heinemann, Munich (verso with the label, no. 5070, on consignment from Paul Cassirer, April 1905). Galerie Paul Cassirer, Berlin. Collection Dr. Ulrich Thieme, Leipzig (acquired from the above in 1908). Private collection Baden-Württemberg. EXHIBITION: Leipziger Kunstverein, no. 3866 (verso with the label). Walter Leistikow, who played a major role in setting the stage for the advent of modernism in Berlin, is widely recognized as one of the most defining artists of the turn of the century. In 1883, at the age of 17, he left his home town of Bromberg, West Prussia, to attend the Berlin Academy. In his biography of the artist, which was published two years after Leistikow's death, Lovis Corinth, with whom Leistikow formed a close friendship after some initial animosity, wrote that his friend was dismissed from the Academy after six months due to his “lack of talent” (The Life of Walter Leistikow. A Piece of Berlin’s Cultural History, Berlin: Cassirer 1910). No doubt, this was the kind of anti-academic seal of approval that typified the advent of modernist movements around the year 1900. Leistikow finally approached the private studio of Hans Gude, a Norwegian landscape painter of the Düsseldorf School. His first motifs, which he found in the Berlin countryside and his native Pomerania, are entirely rooted in an understated, sincere realism that nevertheless exhibits hints of the delicately tinged color atmosphere of the later Symbolist period. In 1892, Leistikow was among the co-founders of the “Vereinigung der XI” (Association of the XI) group, named simply after the number of its members. Foregoing a mandatory artistic program, the group demanded fundamental changes concerning the selection criteria dictated by jury decisions at exhibitions. A decade later, in 1903, Leistikow and Harry Graf Kessler were involved in the establishment of the Deutscher Künstlerbund (German Artists’ Association) in Weimar. One of Leistikow’s closest friends, the writer and journalist Theodor Wolff, described his landscapes as “realistic Romanticism”. Although based on a realistic impression of nature, Leistikow’s paintings were infused with the artist’s deep empathy which transformed them into psychologically charged landscapes. Through his enthusiastic support of the northern, symbolist-imbued paintings by artists like his friend Edvard Munch, whom he had championed as early as 1893, Leistikow became the representative of the “nervous Romantics” (Hermann Bahr) whose works conveyed a contemplative, mystified visual experience. The eye is drawn along the dark canal towards the sea, providing glimpses of moored boats and sailing ships. Peaceful lines of expansive trees, topped by rosy cloud formations hovering in the distance, shroud the view in enigmatic mystery. [KT] Called up: December 10, 2022 - ca. 15.28 h +/- 20 min. This lot can be purchased subject to differential or regular taxation.

Lot 429

Ernst Ludwig Kirchner 1880 Aschaffenburg - 1938 Davos Plakat Muim-Institut. 1911. Farbholzschnitt. Gercken A-64 a (von b). Dube H 716. Im Stock monogrammiert. Eines von 11 bekannten Exemplaren. Auf bräunlichem Papier. 72 x 48,5 cm (28,3 x 19 in), Blattgröße. [SM]. • Sehr selten. • Ein weiteres Exemplar befindet sich u. a. in der Sammlung des Stedelijk Museum, Amsterdam. • Wichtiges Zeitdokument, dass das vielschichtige Wirken der Künstlergruppe bezeugt. PROVENIENZ: Sammlung Hermann Gerlinger, Würzburg (seit 1985: Christie, Manson & Woods London, mit dem Sammlerstempel Lugt 6032). AUSSTELLUNG: Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum, Schloss Gottorf, Schleswig (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 1995-2001). Expressiv! Die Künstler der Brücke. Die Sammlung Hermann Gerlinger, Albertina Wien, 1.6.-26.8.2007, Kat.-Nr. 148, S. 232 (m. Abb.). Kunstmuseum Moritzburg, Halle an der Saale (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2001-2017). Buchheim Museum, Bernried (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2017-2022). LITERATUR: Hans Bolliger, E. W. Kornfeld, Ausstellung Künstlergruppe Brücke. Jahresmappen 1906-12, Bern 1958, S. 33, Nr. 55. Christie, Manson & Woods, Important old master and modern prints. The properties of the Baltimore Museum of Art, the late Villiers David, Esq. (..), London, 6.12.1985, Los 559 (m. Farbabb.). Heinz Spielmann (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Sammlung Hermann Gerlinger, Stuttgart 1995, S. 118, SHG-Nr. 79. Hermann Gerlinger, Katja Schneider (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Bestandskatalog Sammlung Hermann Gerlinger, Halle (Saale) 2005, S. 322, SHG-Nr. 726. Im Oktober 1911 löst Kirchner sein Atelier in Dresden auf und siedelt nach Berlin über. Im Stadtteil Wilmersdorf, in der Durlacher Straße 14, findet Kirchner zwei Wohnungen. Im dritten Stock richtet er sein Atelier ein, im zweiten Stock erhält das gemeinsam mit Max Pechstein gegründete MUIM-Institut seine Unterkunft. Das Institut, eine Art private Kunstschule, wird noch im Dezember eröffnet. In dem gleichzeitig mit dem Plakat gedruckten Prospekt (S. 52) erläutert Kirchner: 'MUIM-Institut/Leiter M. Pechstein und E. L. Kirchner/Moderner Unterricht in Malerei, Graphik, Plastik, Teppich-, Glas-, Metall-Arbeit/Malerei in Verbindung mit Architektur/Unterricht mit neuen Mitteln auf neue Art. Skizzieren nach dem Leben verbunden mit Komposition. Unterricht im Institut oder Atelier des Einzelnen. Institut tagsüber zur Verfügung. Im Sommer Freilichtakt an der See. Fördernde Korrektur aus der Eigenart des Einzelnen heraus.' Trotz des Prospekts, des Plakats und einer von Kirchner ebenfalls in Holz geschnittenen Anzeige, die von Dezember 1911 bis September 1912 regelmäßig in der von Walden herausgegebenen Zeitschrift 'Der Sturm' erscheint, bleibt der Erfolg aus. Wohl gegen Ende 1912 wird das Institut mangels Erfolges aufgegeben, nicht zuletzt dürfte die Trennung der Künstlergruppe von Pechstein dazu beigetragen haben. Von den wenigen Schülern des Instituts sind heute nur noch der in Karlsruhe geborene Werner Gothein und der Hannoveraner Hans Gewecke bekannt. Zu beiden unterhält Kirchner persönlichen Kontakt (Abb.); in seinen Werken von 1912 und 1913 tauchen sie mehrfach auf. Das Motiv des vorliegenden Plakats zeigt deutlich den Einfluss der buddhistischen Wandbilder der Höhlentempel von Ajanta in Indien aus dem 6. Jahrhundert, etwa die prall gerundeten Körperformen und die ausgeprägte, lange, weich geschwungene Nasen- und Augenpartie. Kirchner entdeckt diese Malereien noch im Frühjahr 1911 in Fachbüchern der Zentralen Kunstbibliothek der Dresdner Museen, wo er systematisch die Werke außereuropäischer Kunst studiert, Details in großem Zeichnungsformat kopierend adaptiert. Noch im Tagebuch der Schweizer Jahre ist er von ihrer Eleganz und Fremdheit des Ausdrucks gefesselt. 'Diese Werke machten mich fast hilflos vor Entzücken. Diese unerhörte Einmaligkeit der Darstellung bei monumentaler Ruhe der Form glaubte ich nie erreichen zu können, alle meine Versuche kamen mir hohl und unruhig vor. Ich zeichnete vieles an den Bildern ab, um nur einen eigenen Stil zu gewinnen..' (E. L. Kirchner, zit. nach: Eberhard Kornfeld, Die Arbeit E. L. Kirchners, 1979, S. 333). Mit dem Gemälde 'Fünf Badende am See' setzt Kirchner wohl erstmals seine Studien um und kreiert hier eine neue Auffassung der weiblichen Figur. (Abb.) Der Akt des MUIM-Plakats mit den runden Formen eines fülligen Halbaktes zeigt eine unmittelbare stilistische Nähe zu dem Gemälde. Mit einem ersten Stock druckt Kirchner mit Ocker kammartige Bögen auf das Papier, die das eigentliche Motiv, die harten, schwarz gehaltenen Konturen wie ein weicher Schatten umspielen und dem Plakat trotz der großen Textlastigkeit eine exotische Leichtigkeit verleihen. Nicht zuletzt ist es eine Blüte, die das imaginäre Modell, genüsslich daran riechend, zwischen Daumen und Zeigefinger zu halten scheint, wie auch die kleine Vignette seitlich als Haarbrosche mit einem sich bewegenden Akt, die diesen lockenden Eindruck des Plakats unterstützen. [MvL] Aufrufzeit: 10.12.2022 - ca. 17.08 h +/- 20 Min. Dieses Objekt wird regel- oder differenzbesteuert angeboten.

Lot 432

Ausstellungskatalog Katalog zur Ausstellung der K.G. 'Brücke' in der Galerie Arnold, Dresden, Schloßstraße. September 1910. Broschierter Ausstellungskatalog mit gelbbraunem Orig.-Umschlag. Titel-Holzschnitt von Erich Heckel, 18 Textseiten, 14 Original-Holzschnitte von Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel, Max Pechstein und Karl Schmidt-Rottluff sowie das von Ernst Ludwig Kirchner in Holz geschnittene Verzeichnis der Passivmitglieder der 'Brücke'. Söhn HDO 607-1 bis 607-20. Der Titel-Holzschnitt und die 14 Original-Holzschnitte jeweils im Stock monogrammiert oder mit dem vollen Namenszug sowie zum Teil im Stock bezeichnet. Zwei Drucke des Mitgliederverzeichnisses im Stock monogrammiert. Der Titel-Holzschnitt auf gelbbraunem, festem Papier. Die übrigen Drucke und Textseiten auf glattem Velin. Katalog: 23,4 x 18,5 cm (9,2 x 7,2 in). Titel-Holzschnitt: 16,8 x 11 cm (6,6 x 4,3 in). Größe der Holzschnitte je 17 x 11 cm bzw. 11 x 17 cm (6,6 x 4,3 in / 4,3 x 6,6 in) mit Ausnahme von zwei Drucken von Ernst Ludwig Kirchner: Rudernde Samoanerin, 5,7 x 10,8 (2,2 x 4,2 in) - Titelvignette Mitgliederverzeichnis, 5 x 7,6 cm (1,9 x 2,9 in). Die Holzschnitte zeigen Wiedergaben ausgestellter Gemälde, die von den Künstlern selbst oder gegenseitig reproduziert wurden, um die hohen Kosten für professionelle Reproduktionen einzusparen. Die von Ernst Ludwig Kirchner in Holz geschnittene Liste der Passivmitglieder umfasst 68 Namen, darunter Rosa Schapire und Gustav Schiefler. Enthalten sind: Erich Heckel, Sitzendes Kind (Titelholzschnitt), Ebner/Gabelmann 436 H I. - Ernst Ludwig Kirchner, Rudernde Samoanerin, Gercken A-51 I. - Ernst Ludwig Kirchner, Mann und Frau, Gercken A-52. - Ernst Ludwig Kirchner, Badehaus, Gercken A-53. - Max Pechstein, Sitzender Mann, Krüger H 92. - Erich Heckel, Sitzender Akt (Fränzi), Ebner/Gabelmann 438 H I. - Ernst Ludwig Kirchner, Sitzender Akt, Gercken A-54. - Karl Schmidt-Rottluff, Haus im Park, Schapire H 49. - Karl Schmidt-Rottluff, Schnitter, Schapire H 50. - Ernst Ludwig Kirchner, Sandgräber am Tiber, Gercken A-55. - Max Pechstein, Artistin, Krüger H 93. - Max Pechstein, Badende, Krüger H 94. - Ernst Ludwig Kirchner, Tanz, Gercken A-56. - Erich Heckel, Müßige Weiber, Ebner/Gabelmann 439 H I. - Erich Heckel, Schlafender, Ebner/Gabelmann 437 H I. Ernst Ludwig Kirchner, Titelvignette Mitgliederverzeichnis, Gercken A-36. - Ernst Ludwig Kirchner, Passivmitgliederverzeichnis I-IV, Gercken A-38-41. Gedruckt von C. Rich. Gärtnersche Buchdruckerei, Heinrich Niescher, Dresden 1910. [AR]. Aufrufzeit: 10.12.2022 - ca. 17.12 h +/- 20 Min. Dieses Objekt wird regel- oder differenzbesteuert angeboten.

Lot 349

Artur Volkmann 1851 Leipzig - 1941 Geislingen an der Steige Bacchantenzug. 1901. Marmor-Relief, farbig gefasst. Links unten signiert, datiert und ortsbezeichnet 'Rom'. Verso mit alten, teilw. fragmentierten Etiketten sowie handschriftlichen Nummerierungen. 64 x 52 x 5 cm (25,1 x 20,4 x 1,9 in). Gewicht: ca. 40 kg. • Volkmann ist Meisterschüler Hans von Marées und überführt dessen Formenideal in die Bildhauerei. • Als einer der ersten Bildhauer in Deutschland setzt er sich für die polychrome und farbig gefasste Skulptur ein. • Meisterhaft vereint Volkmann in dem Relief neoklassizistische Formensprache mit bewegtem Ausdruck. • Verweis auf philosophisches Gedankengut Friedrich Nietzsches (1844-1900) zwischen Apollinisch und Dionysisch. Wir danken Frau Dr. Anette Niethammer, Mötzingen, für die freundliche wissenschaftliche Beratung. PROVENIENZ: Privatsammlung Norddeutschland. AUSSTELLUNG: Leipziger Kunstverein, Nr. 617 (verso mit dem Etikett). Artur Volkmann studiert ab 1873 Bildhauerei in Dresden und Berlin. Ab 1876 ermöglicht ihm ein zweijähriges Stipendium einen Aufenthalt in Rom, wo er für die anschließenden Jahrzehnte seine Wahlheimat findet. Dort macht er die Bekanntschaft mit dem Maler Hans von Marées, der ihn künstlerisch wesentlich beeinflusst und für dessen Grab auf dem römischen cimiterio accatolico er später das Relief gestaltet. Lediglich aus finanziellen Gründen kehrt Volkmann immer wieder für einige Zeit nach Deutschland zurück, um sich neue Aufträge zu sichern. In Zwiesprache mit der Antike, ihrer „edlen Einfalt und stillen Größe“ entstehen Bildwerke und Plastiken antiker Figuren wie Bacchus, Psyche, Aphrodite, die sich einem neuen Klassizismus in der Vereinfachung der Form und Betonung der Linie verschreiben, dennoch allerdings eine gewisse Natürlichkeit ohne Idealisierung auszudrücken versuchen. Bereits im Jahr 1882 beginnt Volkmann als einer der ersten Bildhauer im 19. Jahrhundert, seine Marmorwerke zu färben, und nimmt aktiv an der in Deutschland zu dieser Zeit einsetzenden Diskussion um die farbig gefasste Plastik und Skulptur teil. Der breiten Öffentlichkeit wird diese Thematik der Polychromisierung vor allem durch den klassischen Archäologen und Direktor der Dresdner Skulpturensammlung Georg Treu bekannt. Die aus der klassizistischen Kunst gewohnte Idealität des Dargestellten in reinem weißen Marmor wird nun zugunsten einer größeren Lebendigkeit durch farbige Fassungen eingetauscht. Volkmann ist überzeugt von der historisch authentischen Praxis der Einfärbung seiner Skulpturen, selbst dann, wenn unverständige Auftraggeber eine Abwaschung der Fassung fordern und drohen, sonst nicht zu zahlen. Von Marée'scher Bild- und Skulpturauffassung geprägt ist auch die dargestellte bacchantische Szene, in der sich die Figuren nebeneinander aufreihen. Der schlanke, die Weinschale gefasst und elegant haltende Jüngling in idealem Kontrapost bildet auf der linken Seite noch den Gegensatz zu den wilden, berauschten Bewegungen der den Thyrsos-Stab schwenkenden Mänade und dem Panther neben dem Satyr-Paar. Volkmann zeigt die Beherrschung der antiken Ikonologie dionysischer Kulte – sicherlich auch seinem Interesse am Nietzscheanischen Dualismus des Apollinischen und Dionysischen geschuldet, der Veranlagung des Menschen zwischen Ratio und Rausch. Die feine, mehr linear als plastisch ausgeführte Gestaltung der mehrfigurigen Komposition mit der zarten Färbung des Hintergrunds machen das Relief zu einem besonderen Werk im Schaffen Volkmanns. [KT] Aufrufzeit: 10.12.2022 - ca. 15.35 h +/- 20 Min. Dieses Objekt wird regel- oder differenzbesteuert angeboten.ENGLISH VERSIONArtur Volkmann 1851 Leipzig - 1941 Geislingen an der Steige Bacchantenzug. 1901. Marble Relief, with colors. Lower left signed, dated and inscribed 'Rom'. Verso with old, partly fragmentarily preserved labels and numbers. 64 x 52 x 5 cm (25.1 x 20.4 x 1.9 in). Weight: ca. 40 kg/ 90 pds. • Volkmann was master student of Hans von Marées and expressed his ideals in sculpting • He was one of the first German sculptors to make polychrome works • Volkmann unites in neo-classicist style with moved expression in this relief with great mastery • Reference to the philosophy of Friedrich Nietzsche (1844-1900) between Apollinian and Dionysian. We are grateful to Dr. Anette Niethammer, Mötzingen, for her kind expert advice. PROVENANCE: Private collection Northern Germany. EXHIBITION: Leipziger Kunstverein, Nr. 617 (verso with the label). Called up: December 10, 2022 - ca. 15.35 h +/- 20 min. This lot can be purchased subject to differential or regular taxation.

Lot 459

Karl Schmidt-Rottluff 1884 Rottluff bei Chemnitz - 1976 Berlin Kurhäuser im Seenebel. 1909. Aquarell. Rechts unten signiert und datiert. Auf Velin (mit Wasserzeichen 'S [Mühle] S'). 50 x 65,6 cm (19,6 x 25,8 in). [KT]. • Fulminante Darstellung der Dangaster Küste. • Beispielhaft für die Bedeutungssteigerung des Aquarells für Schmidt-Rottluff im Jahr 1909. • Ursprünglich Teil der Sammlung Dr. Victor und Hedda Peters, bedeutende Sammler, Förderer und Freunde Schmidt-Rottluffs. • Arbeiten aus dieser wichtigen Dangaster Schaffensphase werden nur äußerst selten auf dem internationalen Auktionsmarkt angeboten (Quelle: artprice.com). Das Werk ist im Archiv der Karl und Emy Schmidt-Rottluff Stiftung, Berlin, dokumentiert. PROVENIENZ: Sammlung Dr. Victor und Hedda Peters, Leipzig. Privatsammlung (seit 1962: Lempertz). Sammlung Hermann Gerlinger, Würzburg (mit dem Sammlerstempel Lugt 6032). AUSSTELLUNG: Dangaster Künstler (Erich Heckel, Franz Radziwill, Karl Schmidt-Rottluff), Vereinigung für junge Kunst, Kunsthandlung Oncken im Lappan, Oldenburg, Mai/Juni 1922. Maler der Brücke in Dangast von 1907 bis 1912. Karl Schmidt-Rottluff, Erich Heckel, Max Pechstein, Emma Ritter, Oldenburger Kunstverein, 2.6.-30.6.1957, Nr. 102. Karl Schmidt-Rottluff zum 100. Geburtstag, Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum Schloss Gottorf, Schleswig, 3.6.-12.8.1984, Kat.-Nr. 82 (m. Abb.). Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum, Schloss Gottorf, Schleswig (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 1995-2001). Expressionisten in Dangast, Karl Schmidt-Rottluff, Erich Heckel, Max Pechstein, Emma Ritter, Franz Radziwill, Franz-Radziwill-Haus, Dangast, 12.7.-25.10.1998, S. 103 (m. Abb.). Kunstmuseum Moritzburg, Halle an der Saale (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2001-2017). Die Brücke in Dresden. 1905-1911, Dresdner Schloss, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Galerie Neue Meister, 20.10.2001-6.1.2002, Kat.-Nr. 333 (m. Abb.). Im Rhythmus der Natur: Landschaftsmalerei der 'Brücke'. Meisterwerke der Sammlung Hermann Gerlinger, Städtische Galerie, Ravensburg, 28.10.2006-28.1.2007, S. 78 (m. Abb.). Expressiv! Die Künstler der Brücke. Die Sammlung Hermann Gerlinger, Albertina Wien, 1.6.-26.8.2007, Kat.-Nr. 9 (m. Abb.). Buchheim Museum, Bernried (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2017-2022). Schmidt-Rottluff. Form, Farbe, Ausdruck!, Buchheim Museum, Bernried, 29.9.2018-3.2.2019, S. 138 (m. Abb.). LITERATUR: Kunsthaus Lempertz, Köln, 469. Auktion, 20.6.1962, Los 642 (m. SW-Abb.). Gerhard Wietek, Schmidt-Rottluff. Oldenburger Jahre 1907-1912, Mainz 1995, S. 304, Nr. 46 (m. Abb.). Heinz Spielmann (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Sammlung Hermann Gerlinger, Stuttgart 1995, S. 215, SHG-Nr. 280 (m. Abb.). Hermann Gerlinger, Katja Schneider (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Bestandskatalog Sammlung Hermann Gerlinger, Halle (Saale) 2005, S. 42, SHG-Nr. 58 (m. Abb.). Hermann Gerlinger, Katja Schneider (Hrsg.), Gemeinsames Ziel und eigene Wege. Die 'Brücke' und ihr Nachwirken, München 2009, S. 55, Abb. 5. Gloria Köpnick, Avantgarde in der Provinz. Die Vereinigung für junge Kunst Oldenburg (1922-1933), Dissertation, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg 2020, S. 66. Von 1907 bis 1912 besucht Schmidt-Rottluff, anfangs noch zusammen mit Heckel oder Pechstein, das kleine Nordseebad Dangast. Die dort zu findende einfache Landschaft mit den wenigen markanten Häusern, dem Posthaus, der Villa mit Turm, der Windmühle am Ortseingang sowie den Kurhäusern, bieten den Malern wenig mehr als einen Anlass, die als ungemein intensiv empfundene Farbigkeit auf Leinwand oder Papier zu bannen. Schmidt-Rottluff findet gerade im Aquarell zu einer neuen Intensität, die selbst das Motiv der nebelig verschwimmenden Häuser zu einem Experiment der Farbe werden lässt. Bis in den Oktober arbeitet er in diesem Jahr 1909 in Dangast, wo neben Gemälden vor allem großformatige Aquarelle entstehen, in deren wässrig-fließender Materialästhetik eine neue, bewegte und dynamische Expressivität zum Vorschein kommt. [KT] Aufrufzeit: 10.12.2022 - ca. 17.48 h +/- 20 Min. Dieses Objekt wird regel- oder differenzbesteuert angeboten, Folgerechtsvergütung fällt an.

Lot 474

Erich Heckel 1883 Döbeln/Sachsen - 1970 Radolfzell/Bodensee Badende am Stein. 1911. Aquarell und Bleistift. Rechts unten signiert, datiert und betitelt. Auf glattem Velin. 32 x 30 cm (12,5 x 11,8 in), blattgroß. • Badende Akte gelten als Schlüsselmotiv der 'Brücke'-Künstler. • Sie sind Ausdruck ihrer Suche nach der Einheit von Mensch und Natur. • Entstanden in Prerow an der Ostsee, wo sich der Künstler im Sommer 1911 mit Siddi Riha aufhält. Das Werk ist im Nachlass Erich Heckel, Hemmenhofen am Bodensee, verzeichnet. Wir danken Frau Renate Ebner und Herrn Hans Geissler für die freundliche Unterstützung. PROVENIENZ: Nachlass des Künstlers. Roman Norbert Ketterer, Campione d'Italia (1973 vom Vorgenannten erworben). Sammlung Hermann Gerlinger, Würzburg (mit dem Sammlerstempel Lugt 6032). AUSSTELLUNG: Erich Heckel. Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen, Galerie Wolfgang Ketterer, München 26.2.-17.4.1966, Kat.-Nr. 16 (m. Abb. S. 34). Roman Norbert Ketterer (Hrsg.), Erich Heckel zum 90. Geburtstag. Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen, Graphik, Campione d'Italia 1973, S. 42, Kat.-Nr. 20 (m. Farbabb.). Erich Heckel 1883-1979. Aquarelle. Zeichnungen. Ausstellung zum 100. Geburtstag des Malers, Städtische Galerie, Würzburg, 1983, Kat.-Nr. 19 (m. Farbabb.). Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum Schloss Gottorf, Schleswig (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 1995-2001). Frauen in Kunst und Leben der 'Brücke', Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum, Schloss Gottorf, Schleswig, 10.9.-5.11.2000, Kat.-Nr. 92 (m. Farbabb. S. 164). Kunstmuseum Moritzburg, Halle an der Saale (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2001-2017). Im Rhythmus der Natur: Landschaftsmalerei der 'Brücke'. Meisterwerke der Sammlung Hermann Gerlinger, Städtische Galerie, Ravensburg, 28.10.2006-28.1.2007 (m. Farbabb., S. 98). Expressiv! Die Künstler der Brücke. Die Sammlung Hermann Gerlinger, Albertina Wien, 1.6.-26.8.2007, Kat.-Nr. 97 (m. Farbabb. S. 165). Erich Heckel, Einfühlung und Ausdruck, Buchheim Museum, Bernried, 31.10.2020-7.3.2021, verlängert bis 20.6.2021 (m. Farbabb. S. 181). Buchheim Museum, Bernried (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2017-2022). LITERATUR: Galleria Henze (Hrsg.), Erich Heckel. Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen, Druckgraphik, Katalog 20, Campione d’Italia 1979, S. 16, Kat.-Nr. 16 (m. Farbabb.). Heinz Spielmann (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Sammlung Hermann Gerlinger, Stuttgart 1995, S. 199, SHG-Nr. 247 (m. Farbabb.). Hermann Gerlinger, Katja Schneider (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Bestandskatalog Sammlung Hermann Gerlinger, Halle (Saale) 2005, S. 193, SHG-Nr. 433 (m. Farbabb.). Seit den gemeinsamen Aufenthalten der 'Brücke'-Künstler an den Moritzburger Seen zählen Aktdarstellungen von Badenden in unberührter Natur zu den zentralen Bildthemen der Künstlergemeinschaft. In diesen Arbeiten findet die Suche der Maler nach der Einheit von Mensch und Natur ebenso Ausdruck wie ihre Ablehnung des konventionellen Lebens und bürgerlicher Moralvorstellungen. Auch Erich Heckel greift die Thematik mit großem Variantenreichtum bis in die 1930er Jahre hinein in seinen Aquarellen immer wieder von Neuem auf. Seine Motive und Vorlagen findet er nach den Aufenthalten an den Moritzburger Seen fortan überwiegend an der Ostsee. Reisen nach Prerow, Hiddensee, Fehmarn und Osterholz an der Flensburger Förde inspirieren ihn zu immer neuen Darstellungen von Badenden vor wechselnden Küstenlandschaften. Im Sommer des Jahres 1911, dem Entstehungsjahr der vorliegenden Arbeit, hält er sich mit Siddi Riha in Prerow am Darss auf. Im Jahr zuvor hatte er die Tänzerin, die den bürgerlichen Namen Milda Frieda Georgi trägt, in Dresden kennengelernt. Sie wird seine lebenslange Partnerin und dient ihm für zahlreiche seiner Arbeiten als Modell, darunter auch verschiedene Badeszenen. Anders als in Porträts oder Bildnissen steht bei diesem Themenkomplex allerdings nicht die Person selbst im Vordergrund, sondern das Zusammenspiel von Natur und Mensch, das ungezwungene Dasein in unberührten Landschaften ist Thema dieser Arbeiten. Auf Details oder anatomisch korrekte Körper wird zugunsten der Wiedergabe des sinnlichen Gesamteindrucks oftmals verzichtet, wie auch das Aquarell von 1911 anschaulich darstellt. Mit schnellem Strich fängt Erich Heckel in einheitlichen Farbtönen die Szenerie an der Ostsee ein, die ihre Ausdruckskraft ganz und gar aus dem Moment zieht und Natur und Mensch miteinander eins werden lässt. [AR] Aufrufzeit: 10.12.2022 - ca. 18.08 h +/- 20 Min. Dieses Objekt wird regel- oder differenzbesteuert angeboten, Folgerechtsvergütung fällt an.

Lot 415

Mappenwerk / Portfolio 2. Jahresmappe der Künstlergruppe 'Brücke'. 1907. Mappe mit einer Lithografie von Karl Schmidt-Rottluff, einer Radierung von Emil Nolde und einem Farbholzschnitt von Cuno Amiet. Papier: bis 54,2 x 39 cm (21,3 x 15,3 in). Enthalten sind: Karl Schmidt-Rottluff. 'Holbeinplatz Dresden'. 1906. Lithografie. Schapire L 8. Söhn HDO 212-3. Signiert und im Druckstock monogrammiert. Auf Velin. 22,6 x 35,7 cm (8,9 x 14,1 in). Papier: 54,2 x 39 cm (21,3 x 15,4 in). Emil Nolde. 'Akt'. 1906. Radierung. Schiefler/Mosel/Urban 34 II (von II). Söhn HDO 212-4. Signiert, datiert sowie mit der Signatur des Druckers versehen. Auf Bütten von van Gelder Zonen (mit Wasserzeichen). 19,3 x 14,8 cm (7,6 x 5,8 in). Papier: 54,1 x 38 cm (21,3 x 15 in). Cuno Amiet. 'Giovanni Giacometti beim Lesen'. 1907. Farbholzschnitt. Mandach 25. Söhn HDO 212-1. Signiert und im Druckstock monogrammiert. Auf Japan. 26,9 x 23,7 cm (10,6 x 9,3 in). Papier: 53,7 x 38,7 cm (21,1 15,2 in). Vollständiger Inhalt der 2. Jahresmappe. Die Sammelmappe von 1906, die auch für die Aufbewahrung der folgenden Jahrgänge gedacht war, wird gemeinsam mit dem Inhaltsverzeichnis für die Mappen von 1906 und 1907 als separates Los angeboten. Die jeweiligen Blätter werden auf Wunsch zunächst einzeln und im Anschluss als gesamtes Mappenwerk aufgerufen. • Besonders vielfältige Zusammenstellung unter den Jahresgaben der Künstlergruppe 'Brücke'. • Mit diesen drei Arbeiten beweisen Nolde, Schmidt-Rottluff und Amiet auf eindrucksvolle Art das vielgestaltige Ausdruckspotenzial innerhalb der Künstlergruppe. • Die Jahrgänge 1906 und 1907 werden von den 'Brücke'-Künstlern mit einem aufwendig gestalteten Inhaltsverzeichnis versehen (separates Los). PROVENIENZ: Wolfgang Wittrock Kunsthandel, Düsseldorf. Sammlung Hermann Gerlinger, Würzburg (1993 vom Vorgenannten erworben, mit dem Sammlerstempel Lugt 6032). AUSSTELLUNG: Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum Schloss Gottorf, Schleswig (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 1995-2001). Kunstmuseum Moritzburg, Halle an der Saale (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2001-2017). Buchheim Museum, Bernried (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2017-2022). LITERATUR: Hans Bolliger, E. W. Kornfeld, Ausstellung Künstlergruppe Brücke. Jahresmappen 1906-1912, Bern 1958, S. 14, Nr. 6, 8-9 (anderes Exemplar). Heinz Spielmann (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Sammlung Hermann Gerlinger, Stuttgart 1995, S. 103-104, SHG-Nr. 46-48. Hermann Gerlinger, Katja Schneider (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Bestandskatalog Sammlung Hermann Gerlinger, Halle (Saale) 2005, S. 34, SHG-Nr. 38; S. 376-377, SHG-Nr. 834; S. 40, SHG-Nr. 883. Mit der zweiten Jahresmappe zeigen die Künstler auch die Vielfalt grafischer Techniken. Während Amiets Holzschnitt noch im Stil einer feinen Zeichnung in Hellbraun verhaftet bleibt, zeigt Nolde mit seiner einen Akt wiedergebenden Radierung die Möglichkeit ausgefeilter Ätztechnik im Druck. Und Schmidt-Rottluff schließlich beteiligt sich an der Jahresmappe mit einem dichten Steindruck einer nächtlichen Ansicht des Holbeinplatzes in Dresden. Nicht Bestandteil der Jahresmappe von 1907 – vielmehr für 1908 eingeplant, aber dann erst 1909 beigefügt – ist der Holzschnitt von Axel Gallen-Kallela. Die zweite Jahresmappe von 1907 zeigt die Öffnung der Gruppe hin zur internationalen Bewegung: 'jeder gehört zu uns, der unmittelbar und unverfälscht wiedergibt' - dieser Passus des Programms wird nun offensichtlich. Cuno Amiet aus dem schweizerischen Oschwand, Emil Nolde aus dem dänischen Alsen und Axel Gallen-Kallela aus dem finnischen Helsingfors sowie der Bildhauer Lambertus Zijl aus dem niederländischen Busum werden von Kirchner im ersten Verzeichnis der aktiven Mitglieder aufgeführt (Abb.) Die Verhandlungen mit Lambertus Zijl führten zu keinem Ziel, dennoch schnitt Kirchner den Bildhauer vorschnell in die Liste. (Abb.) [MvL] Aufrufzeit: 10.12.2022 - ca. 16.50 h +/- 20 Min. Dieses Objekt wird regel- oder differenzbesteuert angeboten, Folgerechtsvergütung fällt an.ENGLISH VERSIONMappenwerk / Portfolio 2. Jahresmappe der Künstlergruppe 'Brücke'. 1907. Portfolio with a lithograph by Karl Schmidt-Rottluff, an etching by Emil Nolde and a color woodcut by Cuno Amiet. Sheet: up to 54.2 x 39 cm (21.3 x 15.3 in). Contains: Karl Schmidt-Rottluff. 'Holbeinplatz Dresden'. 1906. Lithograph. Schapire L 8. Söhn HDO 212-3. Signed and monogrammed in printing block. On wove paper. 22.6 x 35.7 cm (8.9 x 14.,1 in). Sheet: 54.2 x 39 cm (21.3 x 15.4 in). Emil Nolde. 'Akt'. 1906. Etching. Schiefler/Mosel/Urban 34 II (of II). Söhn HDO 212-4. Signed, dated and with the printer's signature. On van Gelder Zonen laid paper (with watermark). 19.3 x 14.8 cm (7.6 x 5.8 in). Sheet: 54.1 x 38 cm (21.3 x 15 in). Cuno Amiet. 'Giovanni Giacometti beim Lesen'. 1907. Color woodcut. Mandach 25. Söhn HDO 212-1. Signed and monogrammed in printing block. On Japon. 26.9 x 23.7 cm (10.6 x 9.3 in). Sheet: 53.7 x 38.7 cm (21.1 x 15.2 in). Complete content of 2nd annual portfolio. The 1906 portfolio, also intended to hold the following years, is offered as a separate lot along with the table of contents for the 1906 and 1907 portfolios. Initially, each sheet will be called up individually and in the following as the complete portfolio. • Particularly versatile compilation among the annual 'Brücke' portfolios. • With these three works, Nolde, Schmidt-Rottluff and Amiet impressively testify to the vast expressive potential of the artist group. • The years 1906 and 1907 feature a lavishly made table of contents (separate lot). PROVENANCE: Wolfgang Wittrock Kunsthandel, Düsseldorf. Collection Hermann Gerlinger, Würzburg (acquired from the above in 1993, with the collector's stamp Lugt 6032). EXHIBITION: Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum Schloss Gottorf, Schleswig (permanent loan from the Collection Hermann Gerlinger, 1995-2001). Kunstmuseum Moritzburg, Halle an der Saale (permanent loan from the Collection Hermann Gerlinger, 2001-2017). Buchheim Museum, Bernried (permanent loan from the Collection Hermann Gerlinger, 2017-2022). LITERATURE: Hans Bolliger, E. W. Kornfeld, Ausstellung Künstlergruppe Brücke. Jahresmappen 1906-1912, Bern 1958, p. 14, no. 6, 8-9 (different copy). Heinz Spielmann (ed.), Die Maler der Brücke. Sammlung Hermann Gerlinger, Stuttgart 1995, pp. 103-104, SHG no. 46-48. Hermann Gerlinger, Katja Schneider (eds.), Die Maler der Brücke. Inventory catalog Collection Hermann Gerlinger, Halle (Saale) 2005, p. 34, SHG no. 38; pp. 376-377, SHG no. 834; p. 40, SHG no. 883. With the second annual portfolio, the artists also showed the diversity of graphic techniques. While Amiet's woodcut still remains in the style of a fine drawing in light brown, Nolde's etching of a nude shows the possibility of sophisticated etching techniques in print. And finally, Schmidt-Rottluff contributes a dense lithograph of a nocturnal view of Holbeinplatz in Dresden to the annual portfolio. The woodcut by Axel Gallen-Kallela is not part of the 1907 annual portfolio - it was planned for 1908, but not included until 1909. The second annual portfolio of 1907 shows how the group became more international: 'everyone with an urge to make direct and unadulterated creations belongs to us' - this passage of the program now becomes obvious. Cuno Amiet from Oschwand in Switzerland, Emil Nolde from Alsen in Denmark, and Axel Gallen-Kallela from Helsingfors in Finland, as well as the sculptor Lambertus Zijl from Busum in the Netherlands, are listed in the first directory of active members (fig.) Negotiations with Lambertus Zijl led nowhere, but Kirchner nevertheless hastily cut the sculptor into the list. (Fig.) [MvL] Called up: December 10, 2022 - ca. 16.50 h +/- 20 min. This lot can be purchased subject to differential or regular taxation, artist´s resale right compensation is due.

Lot 452

Ernst Ludwig Kirchner 1880 Aschaffenburg - 1938 Davos In Hemdhose (Frau in Hose, Berlin). Um 1913. Aquarell und Bleistiftzeichnung. Rechts unten signiert. Verso datiert und betitelt sowie mit dem Nachlassstempel des Kunstmuseums Basel (Lugt 1570 b) und der handschriftlichen Registriernummer 'A Be/Bi 2'. Auf glattem Velin. 52,3 x 37,6 cm (20,5 x 14,8 in), blattgroß. [CH]. • Großformatige Darstellung aus der persönlichen Lebenswelt des Künstlers. • Aus der gesuchtesten Berliner Schaffenszeit. • Durch den stark beschnittenen Bildraum und die Direktheit der Frontalperspektive setzt Kirchner die weibliche Figur in den Fokus der gewagt-provokanten Darstellung. Die Arbeit ist im Ernst Ludwig Kirchner Archiv, Wichtrach/Bern, dokumentiert. PROVENIENZ: Nachlass des Künstlers (Davos 1938, Kunstmuseum Basel 1946, verso mit dem handschriftlich nummerierten Nachlassstempel). Stuttgarter Kunstkabinett Roman Norbert Ketterer, Stuttgart (1954). Galerie Nierendorf, Berlin (1969). Sammlung Hermann Gerlinger, Würzburg (mit dem Sammlerstempel Lugt 6032). AUSSTELLUNG: E. L. Kirchner zum fünfundzwanzigsten Todestag, Galerie Nierendorf, Berlin, 18.6.-17.10.1963, Kat-Nr. 38 (m. Abb.). Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum, Schloss Gottorf, Schleswig (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 1995-2001). Frauen in Kunst und Leben der Brücke. 'Brücke'-Almanach 2000, Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen, Schloss Gottorf, Schleswig, 10.9.-5.11.2000, Kat.-Nr. 119 (m. Abb., S. 197). Kunstmuseum Moritzburg, Halle an der Saale (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2001-2017). Expressiv! Die Künstler der Brücke. Die Sammlung Hermann Gerlinger, Albertina Wien, 1.6.-26.8.2007, Kat.-Nr. 158 (m. Abb.). Buchheim Museum, Bernried (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2017-2022). Brückenschlag: Gerlinger – Buchheim!, Buchheim Museum, Bernried, 28.10.2017-25.2.2018, S. 162f. (m. Abb.). LITERATUR: Heinz Spielmann (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Sammlung Hermann Gerlinger, Stuttgart 1995, S. 260, SHG-Nr. 373 (m. Abb.). Hermann Gerlinger, Katja Schneider (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Bestandskatalog Sammlung Hermann Gerlinger, Halle (Saale) 2005, S. 334, SHG-Nr. 753 (m. Abb.). Nach den so richtungsweisenden, prägenden 'Brücke'-Jahren in Dresden folgt E. L. Kirchner seinen Künstlerkollegen Hermann Max Pechstein und Otto Mueller 1911 in die Großstadt Berlin. Um 1900 ist die Stadt nicht nur zu einem der aufregendsten kulturellen Zentren aufgestiegen, sondern ist auch die am schnellsten wachsende Metropole Europas. Nach der Jahrhundertwende tobt hier das Leben, Kaufhäuser, Bars, Varietés und Tanzlokale sprießen aus dem Boden, halten die vergnügungssüchtigen Großstädter bei Laune und finden als vielseitige Motive Eingang in Kirchners Œuvre dieser Jahre. Die Gleichzeitigkeit von Glanz und Elend, von Armut, Arbeitslosigkeit und Prostitution, von Modernität, Umbruch und mondänem Wohlstand sowie die Schnelllebigkeit, die Hektik und die Vielzahl der auf engstem Raum lebenden Menschen überfordern den Künstler zum einen, inspirieren ihn zum anderen jedoch zur Ausbildung seines reiferen 'Berliner Stils' und veranlassen ihn zu den innerhalb seines künstlerischen Schaffens womöglich bedeutendsten Arbeiten. 1912 lernt der Künstler in einem der neuen Tanzlokale die Schwestern Erna und Gerda Schilling kennen. Sie stammen aus einfachen Verhältnissen, treten damals beide als Nachtklubtänzerinnen auf und gehen vermutlich eine Zeit lang auch der Prostitution nach. In den darauffolgenden Jahren sind sie die bevorzugten Modelle des Künstlers und Erna, die Jüngere der beiden Schwestern, wird zu Kirchners lebenslanger Vertrauten und Lebensgefährtin. Vermutlich steht sie Kirchner auch für die hier angebotene aquarellierte Zeichnung Modell, die sie, nur mit Unterwäsche bekleidet und in selbstbewusster Pose, von der oberen bis zur unteren Blattkante ausfüllt. Kirchner schafft mit der pikanten Figurendarstellung aus seinem Berliner Atelier ein Bild zwischen emanzipierter Freizügigkeit und Intimität, zwischen Bohème und Bodenständigkeit, in dem das wilhelminische Zeitalter bereits überwunden und der Zeitgeist einer neuen Epoche zu herrschen scheint. [CH] Aufrufzeit: 10.12.2022 - ca. 17.39 h +/- 20 Min. Dieses Objekt wird regel- oder differenzbesteuert angeboten.

Lot 417E

'Berliner Straße in Dresden'. 1909. Lithografie. Schapire L 57. Söhn HDO 214-3. Auf Velin. 39,8 x 33,7 cm (15,7 x 13,3 in). Papier: 55,2 x 41,2 cm (21,7 x 16,2 in). MAPPENWERKEDie Blätter der folgenden Mappenwerke werden auf Wunsch zunächst einzeln unter Vorbehalt und im Anschluss als gesamtes Mappenwerk aufgerufen.1. Ist das Gebot für das Mappenwerk höher als die Summe der Einzelzuschläge (bei unverkauften gilt der Aufrupreis alsZuschlag) werden die Einzelzuschläge gelöscht und die gesamte Mappe an den Höchstbietenden verkauft.2. Gibt es kein Höchstgebot für das gesamte Mappenwerk, werden die Vorbehalte zugunsten des einzelnen Blattes aufgelöst und das Blatt dem Einzelbieter zugeschlagen.Alle folgenden Lose werden regel- oder differenzbesteuert angeboten, Folgerechtsvergütung fällt an.Die detaillierte Katalogisierung der Mappenwerke und enthaltenen Einzelblätter finden Sie unter: www.kettererkunst.de.

Lot 424

Ernst Ludwig Kirchner 1880 Aschaffenburg - 1938 Davos Plakat Emil Richter - Künstlergruppe 'Brücke'. 1907. Lithografie in Grün. Gerken A 35 III (von III). Dube 456. Im Stein mit der Signatur. Links unten von fremder Hand bezeichnet. Auf dünnem, gelblichem Plakatpapier. 84 x 59,5 cm (33 x 23,4 in). Papier: 94,5 x 64,4 cm37,2 x 25,3 in). Leinwand kaschiert. • Sehr selten. • Es sind nur vier Exemplare verschiedener Druckzustände dieses Plakates bekannt. • Davon befinden sich drei in Museen: Kupferstichkabinett Dresden, Chicago Art Institute und Brücke-Museum Berlin. • Exemplar ohne die typografische Bezeichnung 'Kunstanstalt Wilhelm Hoffmann A.-G. Dresden' links unten. Wir danken Herrn Prof. Dr. Günther Gercken für die freundliche Auskunft. PROVENIENZ: Sammlung Hermann Gerlinger, Würzburg (mit dem Sammlerstempel Lugt 6032). AUSSTELLUNG: Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum Schloss Gottorf, Schleswig (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 1995-2001). Expressiv! Die Künstler der Brücke. Die Sammlung Hermann Gerlinger, Albertina, Wien, 1.6.-26.8.2007, Kat.-Nr. 125, S. 204 (m. Abb.). Kunstmuseum Moritzburg, Halle an der Saale (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2001-2017). Buchheim Museum, Bernried (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2017-2022). LITERATUR: Hans Bollinger, E. W.Kornfeld, Ausstellung Künstlergruppe Brücke. Jahresmappen 1906-12, Bern 1958, S. 31, Nr. 48. Heinz Spielmann (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Sammlung Hermann Gerlinger, Stuttgart 1995, SHG-Nr. 49, S. 105. Hermann Gerlinger, Katja Schneider (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Bestandskatalog Sammlung Hermann Gerlinger, Halle (Saale) 2005, SHG-Nr. 674, S. 298. Zu den größeren Dresdner 'Brücke'-Ausstellungen 1907, 1908 und 1909 im Kunstsalon Emil Richter auf der Prager Straße werden vermutlich keine Einladungskarten gestaltet, dafür aber Ausstellungsplakate, die damals aufgrund ihrer ungewöhnlichen Gestaltung Aufsehen erregen mussten. Das Plakat als Werbeträger gewinnt ab der Mitte des 19. Jahrhunderts mit der Erfindung der Lithografie als Massenprintmedium große Beliebtheit. Besonders Künstler wie Henri de Toulouse-Lautrec, Pierre Bonnard oder Alphonse Mucha gestalten farbprächtige Hinweise auf Ereignisse im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts. Das Plakat wird zum Kunstwerk erhoben und auch neu produzierbare Papiergrößen scheinen dem Medium keine Grenzen zu setzen. Die jungen 'Brücke'-Künstler sind vertraut mit der Wirkung von Plakaten, nicht zuletzt belegen sie Kurse an der Königlich Technischen Hochschule in Dresden bei Jean-Louis Sponsel, allerdings ohne dessen jugendstillastige, unpersönliche Gestaltung in Gänze zu übernehmen. Vor allem Heckel und Kirchner sehen in diesem Verbreitungsmedium die Chance, mit persönlichen Motiven Aufmerksamkeit zu erreichen. Das von Kirchner gestaltete Plakat für die erste Ausstellung im Kunstsalon Richter erfüllt diese Maxime: Ein tanzendes, sich drehendes Mädchen steht für die unmittelbar und spontan gezeichnete Energie, die sich im aufbauschenden Rock, in den kreisenden Schwingungen des Hintergrundes fühlen lässt. Kirchner nutzt zwar, der einfacheren Reproduzierbarkeit geschuldet, die lithografische Technik. Die Art und Weise der Zeichnung aber, der Wechsel von gedruckter schwarzer Dichte und unbedruckten Flächen entspricht mehr dem klassischen Holzschnitt, dem eigentlichen Medium des Künstlers. [MvL] Aufrufzeit: 10.12.2022 - ca. 17.02 h +/- 20 Min. Dieses Objekt wird regel- oder differenzbesteuert angeboten.ENGLISH VERSIONErnst Ludwig Kirchner 1880 Aschaffenburg - 1938 Davos Plakat Emil Richter - Künstlergruppe 'Brücke'. 1907. Lithograph in green. Gerken A 35 III (of III). Dube 456. Stone with signature. Lower left inscribed by a hand other than that of the artist. On thin yellowish poster paper. 84 x 59.5 cm (33 x 23.4 in). Sheet: 94,5 x 64,4 cm37,2 x 25,3 in). Laminated on canvas. • Very rare. • Only four copies of this poster from different states are known. • Three of them are museum-owned: Kupferstichkabinett Dresden, Chicago Art Institute and Brücke-Museum Berlin. • Copy without typographic inscription 'Kunstanstalt Wilhelm Hoffmann A.-G. Dresden' in lower left. We are grateful to Prof. Dr. Günther Gercken for his kind expert advice. PROVENANCE: Collection Hermann Gerlinger, Würzburg (with the collector's stamp Lugt 6032). EXHIBITION: Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum Schloss Gottorf, Schleswig (permanent loan from the Collection Hermann Gerlinger, 1995-2001). Expressiv! Die Künstler der Brücke. Die Sammlung Hermann Gerlinger, Albertina, Vienna, June 1 - August 26, 2007, cat. no. 125, p. 204 (with illu.). Kunstmuseum Moritzburg, Halle an der Saale (permanent loan from the Collection Hermann Gerlinger, 2001-2017). Buchheim Museum, Bernried (permanent loan from the Collection Hermann Gerlinger, 2017-2022). LITERATURE: Hans Bollinger, E. W.Kornfeld, Ausstellung Künstlergruppe Brücke. Jahresmappen 1906-12, Bern 1958, p. 31, no. 48. Heinz Spielmann (ed.), Die Maler der Brücke. Sammlung Hermann Gerlinger, Stuttgart 1995, SHG no. 49, p. 105. Hermann Gerlinger, Katja Schneider (eds.), Die Maler der Brücke. Inventory catalog Collection Hermann Gerlinger, Halle (Saale) 2005, SHG no. 674, p. 298. It seems likely that no invitation cards were made for the larger Dresden 'Brücke' exhibitions in 1907, 1908 and 1909 at the Kunstsalon Emil Richter on Prager Straße, but exhibition posters were made, which must have caused a sensation at the time due to their unusual design. With the invention of lithography as a mass printing medium, the poster as an advertising medium gained great popularity from the middle of the 19th century. Artists such as Henri de Toulouse-Lautrec, Pierre Bonnard and Alphonse Mucha in particular designed colorful references to events in the last third of the 19th century. The poster was elevated to the status of a work of art, and even newly producible paper sizes seemed to set no limits to the medium. The young 'Brücke' artists were familiar with the effect of posters, not least taking courses at the Royal Technical College in Dresden with Jean-Louis Sponsel, though without adopting his liking for Art Nouveau in its entirety. Heckel and Kirchner, in particular, saw this medium as an opportunity to attract attention with the use of personal motifs. The poster Kirchner made for the first exhibition at Kunstsalon Richter fulfills this aspiration: a dancing, spinning girl stands for the immediate and spontaneously rendered energy that can be felt in the billowing skirt and the circling vibrations of the background. It is true that Kirchner used the technique for its simpler reproducibility. The manner of drawing, however, the alternation of printed black density and unprinted areas, corresponds to the classical woodcut, the artist's preferred medium. [MvL] Called up: December 10, 2022 - ca. 17.02 h +/- 20 min. This lot can be purchased subject to differential or regular taxation.

Lot 417

Mappenwerk / Portfolio 4. Jahresmappe der Künstlergruppe 'Brücke'. 1909. Mappe mit einem Holzschnitt von Axel Gallen-Kallela, einer Radierung und zwei Lithografien von Karl Schmidt-Rottluff sowie dem Umschlag mit einem Farbholzschnitt von Ernst Ludwig Kirchner. Papier: bis 55,6 x 41,4 cm (21,8 x 16,2 in). Enthalten sind: Ernst Ludwig Kirchner. Umschlag mit 'Portrait Karl Schmidt-Rottluff'. 1909. Gercken A-44. Söhn HDO 214-1. Im Druckstock monogrammiert sowie von fremder Hand in Bleistift bezeichnet. 39,8 x 29,8 cm (15,7 x 11,7 in). Papier: 55,6 x 41,4 cm (21,8 x 16,3 in). Axel Gallen-Kallela. 'Mädchen und Tod im Wald'. 1895. Holzschnitt. Söhn HDO 212-2. Im Stock monogrammiert sowie ein weiteres Mal im Druckstock monogrammiert und datiert. Im Unterrand von fremder Hand bezeichnet 'A. Gallén'. Auf Japan. 16,4 x 10,8 cm (6,5 x 4,3 in). Papier: 54,9 x 40,1 cm (21,6 x 15,8 in). Karl Schmidt-Rottluff. 'Altdresdener Häuser'. 1908. Radierung. Schapire R 9. Söhn HDO 214-4. Signiert sowie ein weiteres Mal im Druckstock signiert. Auf Velin. 13,6 x 18,7 cm (5,4 x 7,4 in). Papier: 54,8 x 39,8 cm (21,6 x 15,7 in). Karl Schmidt-Rottluff. 'Bildnis H (Erich Heckel)'. 1909. Schapire L 56. Söhn HDO 214-2. Lithografie. Auf Velin. 39,8 x 32,1 cm (15,7 x 12,6 in). Papier: 55,3 x 41,3 cm (21,8 x 16,7 in). Karl Schmidt-Rottluff. 'Berliner Straße in Dresden'. 1909. Lithografie. Schapire L 57. Söhn HDO 214-3. Auf Velin. 39,8 x 33,7 cm (15,7 x 13,3 in). Papier: 55,2 x 41,2 cm (21,7 x 16,2 in). Vollständige 4. Jahresmappe. [AM] Die jeweiligen Blätter werden auf Wunsch zunächst einzeln und im Anschluss als gesamtes Mappenwerk aufgerufen. • Eindrucksvoller Titelholzschnitt von Ernst Ludwig Kirchner mit einem Porträt Karl Schmidt-Rottluffs. • Durch seinen technisch versierten Umgang mit verschiedenen druckgrafischen Medien erzeugt Schmidt-Rottluff in diesen drei Arbeiten eine herausragende Ausdruckskraft. • Zusätzlich zu den Blättern Schmidt-Rottluffs steuert der finnische Maler Axel Gallen-Kallela um die Jahreswende 1908/09 eine druckgrafische Arbeit bei. PROVENIENZ: Wolfgang Wittrock Kunsthandel, Düsseldorf (1993, nur Gallen-Kallela). Sammlung Hermann Gerlinger, Würzburg (mit dem Sammlerstempel Lugt 6032). AUSSTELLUNG: Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum Schloss Gottorf, Schleswig (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 1995-2001). Kunstmuseum Moritzburg, Halle an der Saale (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2001-2017). Buchheim Museum, Bernried (Dauerleihgabe aus der Sammlung Hermann Gerlinger, 2017-2022). LITERATUR: Hans Bolliger, E. W. Kornfeld, Ausstellung Künstlergruppe Brücke. Jahresmappen 1906-1912, Bern 1958, S. 14, Nr. 7; S. 16-17, Nr. 13-16 (anderes Exemplar). Heinz Spielmann (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Sammlung Hermann Gerlinger, Stuttgart 1995, S. 108-109, SHG-Nr. 56-60. Hermann Gerlinger, Katja Schneider (Hrsg.), Die Maler der Brücke. Bestandskatalog Sammlung Hermann Gerlinger, Halle (Saale) 2005, S. 40-41, SHG-Nr. 55-57; S. 306, SHG-Nr. 693; S. 408, SHG-Nr. 884. Im Vorfeld der Jahresgabe für das Jahr 1909 fällt die Entscheidung, die Mappen jeweils einem einzelnen Künstler der Gruppe zu überlassen. Die weiterhin auf drei grafische Arbeiten konzipierte Sendung erhält einen Umschlag, der von einem anderen Künstler der Gruppe hergestellt wird. Dabei verfolgen die Künstler ein Rotationsprinzip: Derjenige, der in einem Jahr den Umschlag für einen Kollegen entwirft, bestückt im Folgejahr die nächste Mappe. Die Neueinrichtung des Umschlagblattes, jeweils von einem zweiten Künstler der Gruppe gestaltet, gibt der Form der Mappen neben der offensichtlichen Wertigkeit eine weitere, werbende Qualität: Wie ein werbendes Plakat steht die Umschlag-Grafik vor den folgenden drei Blättern. Gemeinsam ist allen Umschlägen der markante Schriftzug 'Brücke', die Nennung des Jahres der Herausgabe sowie der Name des Künstlers, der für den Inhalt steht. Mit dem Jahr 1909 ist die klassische Form der 'Brücke'-Jahresmappen erreicht. 1909 gestaltet Kirchner die Mappe für die Arbeiten Schmidt-Rottluffs. Wie eine persönliche Hommage erscheint der wuchtige, markante Porträtkopf Schmidt-Rottluffs und leuchtet, statt im düsteren Schwarz im Weißschnitt, nun aus dem weit aktiveren Zinnoberrot. Die drei reproduzierten Bilder nach Schmidt-Rottluff am linken Bildrand zeigen seine wichtigen Themen: Landschaft, Porträt und Akt. Die drei grafischen Blätter, zwei Lithografien mit einem Porträt Heckels und einer Ansicht der 'Berliner Straße' in Dresden sowie eine Kaltnadel-Radierung 'Altdresdner Häuser', zeigen Schmidt-Rottluffs Kenntnis der grafischen Ausdrucksmittel: wie er spontan auf den Lithostein zeichnet, so das Porträt mit anschwellendem oder sich zuspitzendem Pinselstrich, oder die furiose, verdichtete Straßenperspektive, oder wie er Linie um Linie der alten Dresdner Gemäuer in die Kupfertafel gräbt. Die eigentlich Schmidt-Rottluff gewidmete Jahresgabe erweitert die Gruppe mit dem Blatt 'Mädchen und Tod im Wald' von Axel Gallen-Kallela, ein Sonderfall im Rahmen der Jahresgaben. Nachdem die anderen 'Brücke'-Künstler den finnischen Maler für die Mappe des Jahres 1908 bereits mehrfach um einen Beitrag gebeten hatten, stellt er um die Jahreswende 1908/09 den zu diesem Holzschnitt gehörigen Druckstock bereit, den der Künstler jedoch bereits 1895 vollendet hatte. Als Erich Heckel daraufhin die entsprechenden Abzüge herstellt, weigert sich Gallen-Kallela, diese durch seine von den 'Brücke'-Künstlern als unerlässlich angesehene Signatur zu vervollständigen. Zusammen mit dem Umstand, dass der finnische Maler einen nicht explizit für die Jahresgabe geschaffenen Druck beisteuert, der zudem aus stilistischer Sicht zu diesem Zeitpunkt bereits veraltet ist, birgt dies ein künstlerisches Missverständnis. [MvL] Aufrufzeit: 10.12.2022 - ca. 16.52 h +/- 20 Min. Dieses Objekt wird regel- oder differenzbesteuert angeboten, Folgerechtsvergütung fällt an.

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