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Jacobs, Monty: Brief 1933 "die Juden sind schuld" Jacobs, Monty, Berliner Schriftsteller,
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Berlin-Grunewald
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Jacobs, Monty: Brief 1933
"die Juden sind schuld"
Jacobs, Monty, Berliner Schriftsteller, Theaterkritiker beim „Berliner Tageblatt" und bei der „Vossischen Zeitung", emigrierte 1938 nach England (1875-1945). Brief m. U. "Dr. Monty Jacobs". 2 S. Mit Briefkopf "Vossische Zeitung Berlin". Gr. 4to. Berlin 22.II.1933.
An den als Dramatiker wenig erfolgreichen Schriftsteller Gustav Renner (1866-1945), der Jacobs offenbar konjunkturgerecht übel antisemitisch beschimpft und für seine Mißerfolge verantwortlich gemacht hatte. Jacobs antwortet höflich, klug und sachlich und geht insbesondere auf den im Februar 1933 gleichsam "hoffähig" gewordenen Antisemitismus ein: "... höflicher als Sie, bewahre ich im Brief die Formen, die unter anständigen Leuten üblich sind. Ich weiss nicht, ob Sie eine Antwort auf ein Schreiben erwartet haben, in dem ununterbrochen von Gemeinheit, Verlogenheit, Niedertracht, Roheit und Verbrechen die Rede ist. Alle diese Worte schleudern Sie einem Mann entgegen, der vor mehr als einem Vierteljahrhundert eine Kritik über Sie geschrieben hat ... Sie schreiben, dass auch anderen Kritikern Ihr Werk nicht gefallen hat, und Sie haben eine wunderbare Formel dafür gefunden: die Juden sind schuld. Ich beneide Sie um diese Fähigkeit, sich selbst reinzuwaschen und auch darum, dass Ihnen offenbar jede Spur von Selbstkritik fehlt. Deshalb lassen Sie sich sagen, dass Sie an Märchen glauben, und dass es ebenso wenig eine schwarze Liste gibt, wie dass ich mit der Familie Mosse verwandt bin, oder dass ich gar Ihretwegen das 'Berliner Tageblatt' verlassen habe ... Dass die Juden Ihnen Böses ansinnen, dass überhaupt ein Theaterstück deshalb 'abgewürgt' wird, weil der Autor ein Christ oder ein nationaler Mann ist - das sind Märchen, die zu glauben ein Erwachsener sich schämen müsste. Aber zum Glück führen Sie ja unter Ihren Feinden auch einen Mann an, der so jüdisch ist, mit Vornamen Christian zu heissen, und so ruchlos wie der arme, uns anderen allen verehrungswürdige Morgenstern. Sie haben ein verunglücktes Stück aufführen lassen - das war Ihr Recht. Ich habe meine ehrliche Meinung darüber veröffentlicht - das war meine Pflicht ...". - Charakteristisches Beispiel für die Verhältnisse in der deutschen Kultur und speziell der Presse um 1933.
"die Juden sind schuld"
Jacobs, Monty, Berliner Schriftsteller, Theaterkritiker beim „Berliner Tageblatt" und bei der „Vossischen Zeitung", emigrierte 1938 nach England (1875-1945). Brief m. U. "Dr. Monty Jacobs". 2 S. Mit Briefkopf "Vossische Zeitung Berlin". Gr. 4to. Berlin 22.II.1933.
An den als Dramatiker wenig erfolgreichen Schriftsteller Gustav Renner (1866-1945), der Jacobs offenbar konjunkturgerecht übel antisemitisch beschimpft und für seine Mißerfolge verantwortlich gemacht hatte. Jacobs antwortet höflich, klug und sachlich und geht insbesondere auf den im Februar 1933 gleichsam "hoffähig" gewordenen Antisemitismus ein: "... höflicher als Sie, bewahre ich im Brief die Formen, die unter anständigen Leuten üblich sind. Ich weiss nicht, ob Sie eine Antwort auf ein Schreiben erwartet haben, in dem ununterbrochen von Gemeinheit, Verlogenheit, Niedertracht, Roheit und Verbrechen die Rede ist. Alle diese Worte schleudern Sie einem Mann entgegen, der vor mehr als einem Vierteljahrhundert eine Kritik über Sie geschrieben hat ... Sie schreiben, dass auch anderen Kritikern Ihr Werk nicht gefallen hat, und Sie haben eine wunderbare Formel dafür gefunden: die Juden sind schuld. Ich beneide Sie um diese Fähigkeit, sich selbst reinzuwaschen und auch darum, dass Ihnen offenbar jede Spur von Selbstkritik fehlt. Deshalb lassen Sie sich sagen, dass Sie an Märchen glauben, und dass es ebenso wenig eine schwarze Liste gibt, wie dass ich mit der Familie Mosse verwandt bin, oder dass ich gar Ihretwegen das 'Berliner Tageblatt' verlassen habe ... Dass die Juden Ihnen Böses ansinnen, dass überhaupt ein Theaterstück deshalb 'abgewürgt' wird, weil der Autor ein Christ oder ein nationaler Mann ist - das sind Märchen, die zu glauben ein Erwachsener sich schämen müsste. Aber zum Glück führen Sie ja unter Ihren Feinden auch einen Mann an, der so jüdisch ist, mit Vornamen Christian zu heissen, und so ruchlos wie der arme, uns anderen allen verehrungswürdige Morgenstern. Sie haben ein verunglücktes Stück aufführen lassen - das war Ihr Recht. Ich habe meine ehrliche Meinung darüber veröffentlicht - das war meine Pflicht ...". - Charakteristisches Beispiel für die Verhältnisse in der deutschen Kultur und speziell der Presse um 1933.
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Jacobs, Monty: Brief 1933
"die Juden sind schuld"
Jacobs, Monty, Berliner Schriftsteller, Theaterkritiker beim „Berliner Tageblatt" und bei der „Vossischen Zeitung", emigrierte 1938 nach England (1875-1945). Brief m. U. "Dr. Monty Jacobs". 2 S. Mit Briefkopf "Vossische Zeitung Berlin". Gr. 4to. Berlin 22.II.1933.
An den als Dramatiker wenig erfolgreichen Schriftsteller Gustav Renner (1866-1945), der Jacobs offenbar konjunkturgerecht übel antisemitisch beschimpft und für seine Mißerfolge verantwortlich gemacht hatte. Jacobs antwortet höflich, klug und sachlich und geht insbesondere auf den im Februar 1933 gleichsam "hoffähig" gewordenen Antisemitismus ein: "... höflicher als Sie, bewahre ich im Brief die Formen, die unter anständigen Leuten üblich sind. Ich weiss nicht, ob Sie eine Antwort auf ein Schreiben erwartet haben, in dem ununterbrochen von Gemeinheit, Verlogenheit, Niedertracht, Roheit und Verbrechen die Rede ist. Alle diese Worte schleudern Sie einem Mann entgegen, der vor mehr als einem Vierteljahrhundert eine Kritik über Sie geschrieben hat ... Sie schreiben, dass auch anderen Kritikern Ihr Werk nicht gefallen hat, und Sie haben eine wunderbare Formel dafür gefunden: die Juden sind schuld. Ich beneide Sie um diese Fähigkeit, sich selbst reinzuwaschen und auch darum, dass Ihnen offenbar jede Spur von Selbstkritik fehlt. Deshalb lassen Sie sich sagen, dass Sie an Märchen glauben, und dass es ebenso wenig eine schwarze Liste gibt, wie dass ich mit der Familie Mosse verwandt bin, oder dass ich gar Ihretwegen das 'Berliner Tageblatt' verlassen habe ... Dass die Juden Ihnen Böses ansinnen, dass überhaupt ein Theaterstück deshalb 'abgewürgt' wird, weil der Autor ein Christ oder ein nationaler Mann ist - das sind Märchen, die zu glauben ein Erwachsener sich schämen müsste. Aber zum Glück führen Sie ja unter Ihren Feinden auch einen Mann an, der so jüdisch ist, mit Vornamen Christian zu heissen, und so ruchlos wie der arme, uns anderen allen verehrungswürdige Morgenstern. Sie haben ein verunglücktes Stück aufführen lassen - das war Ihr Recht. Ich habe meine ehrliche Meinung darüber veröffentlicht - das war meine Pflicht ...". - Charakteristisches Beispiel für die Verhältnisse in der deutschen Kultur und speziell der Presse um 1933.
"die Juden sind schuld"
Jacobs, Monty, Berliner Schriftsteller, Theaterkritiker beim „Berliner Tageblatt" und bei der „Vossischen Zeitung", emigrierte 1938 nach England (1875-1945). Brief m. U. "Dr. Monty Jacobs". 2 S. Mit Briefkopf "Vossische Zeitung Berlin". Gr. 4to. Berlin 22.II.1933.
An den als Dramatiker wenig erfolgreichen Schriftsteller Gustav Renner (1866-1945), der Jacobs offenbar konjunkturgerecht übel antisemitisch beschimpft und für seine Mißerfolge verantwortlich gemacht hatte. Jacobs antwortet höflich, klug und sachlich und geht insbesondere auf den im Februar 1933 gleichsam "hoffähig" gewordenen Antisemitismus ein: "... höflicher als Sie, bewahre ich im Brief die Formen, die unter anständigen Leuten üblich sind. Ich weiss nicht, ob Sie eine Antwort auf ein Schreiben erwartet haben, in dem ununterbrochen von Gemeinheit, Verlogenheit, Niedertracht, Roheit und Verbrechen die Rede ist. Alle diese Worte schleudern Sie einem Mann entgegen, der vor mehr als einem Vierteljahrhundert eine Kritik über Sie geschrieben hat ... Sie schreiben, dass auch anderen Kritikern Ihr Werk nicht gefallen hat, und Sie haben eine wunderbare Formel dafür gefunden: die Juden sind schuld. Ich beneide Sie um diese Fähigkeit, sich selbst reinzuwaschen und auch darum, dass Ihnen offenbar jede Spur von Selbstkritik fehlt. Deshalb lassen Sie sich sagen, dass Sie an Märchen glauben, und dass es ebenso wenig eine schwarze Liste gibt, wie dass ich mit der Familie Mosse verwandt bin, oder dass ich gar Ihretwegen das 'Berliner Tageblatt' verlassen habe ... Dass die Juden Ihnen Böses ansinnen, dass überhaupt ein Theaterstück deshalb 'abgewürgt' wird, weil der Autor ein Christ oder ein nationaler Mann ist - das sind Märchen, die zu glauben ein Erwachsener sich schämen müsste. Aber zum Glück führen Sie ja unter Ihren Feinden auch einen Mann an, der so jüdisch ist, mit Vornamen Christian zu heissen, und so ruchlos wie der arme, uns anderen allen verehrungswürdige Morgenstern. Sie haben ein verunglücktes Stück aufführen lassen - das war Ihr Recht. Ich habe meine ehrliche Meinung darüber veröffentlicht - das war meine Pflicht ...". - Charakteristisches Beispiel für die Verhältnisse in der deutschen Kultur und speziell der Presse um 1933.
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